Kirche und Medien

Frohe Botschaft für das Volk

 (DR)

Als am 24.Juni 1930 die 400 Jahrfeier des Deutschen Evangelischen Kirchenbundes der Augsburger Konfession übertragen wurde, hatten die Protestanten schon reichlich Erfahrung mit dem deutschen Rundfunk sammeln können: die erste kirchliche Ansprache aus dem Voxhaus am Potsdamer Platz in Berlin wurde im November 1923 ausgestrahlt, bereits einen Monat später, nachdem der deutsche Rundfunk seine Sendungen begonnen hatte. Die Katholiken zeigten sich lange zögerlich und starteten erst ab August 1927 mit ersten öffentlich übertragenen Morgenandachten.
Heute sind die Kirchen in allen Massenmedien präsent, mit Beiträgen in privaten und öffentlich rechtlichen Rundfunk- und Fernsehprogrammen aber auch im Printbereich. Und nicht nur das: Sie engagieren sich mit eigenen Gemeindeblättern und Wochenzeitungen, Agenturdiensten und - so wie die katholische Kirche - mit eigenen Radioprogrammen.
Doch die Frohe Botschaft, die die Kirchen dem Volk verkünden wollen, wird von diesem oft nicht verstanden. Etwa 70 Prozent der Deutschen fühlen sich der evangelischen oder katholischen Kirche zugehörig. Aber nur noch ein Bruchteil der Gläubigen besucht regelmäßig Gottesdienste oder verfolgt aufmerksam das innerkirchliche Geschehen. Mit dem sinkenden Interesse schrumpfen auch die Auflagenzahlen von Bistumsblättern und Gemeindebriefen.
Häufig scheitert es auch schon an der Sprache, die von vielen als abgehoben und weltfremd empfunden
wird.
Michaela Pilters betreut beim ZDF die Redaktion Kirche und Leben Katholisch:
Ein großes Problem, wie kirchliche Inhalte heute 'rübergebracht werden können, ist ja nun genau die Sprache: welche Worte benutzt so ein Hirtenbrief, in welcher Diktion spricht ein Bischof. Und wir Journalisten haben ja nun die Aufgabe, genau diese Sachverhalte so 'rüberzubringen, dass sie ein Mensch von der Straße, unser Normalzuschauer, auch versteht, und dass Bischöfe oder andere kirchliche Würdenträger eben erkennen, dass das nicht böser Wille ist, auch wenn es dann etwas ver-kürzt dargestellt ist und nicht in allen theologischen Verästellungen. Aber wenn ich eben nur eine Minute habe, um einen Sachverhalt zu erklären, dann muss ich das holzschnittartiger tun, und dass es aber auch wichtig sein kann, weil man mehr Leute damit erreichen kann.
Die Sonderstellung, die die Kirchen bei den elektronischen Medien haben, wurde ihnen schon nach dem 2.Weltkrieg bei der Neuordnung des Rundfunks in Westdeutschland eingeräumt. Seither sind sie nicht nur in den Aufsichtsgremien der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten vertreten, sie verfügen zudem über eigene Sendezeiten und können - als einzige gesellschaftlich relevante Gruppe - durch senderexterne Beauftragte Programm gestalten lassen. Diese Programme beschränken sich allerdings auf Verkündigungssendungen - so Charlotte Magin, evangelische Sendebeauftragte beim ZDF, die im Wechsel mit ihrem katholischen Kollegen die Gottesdienste gestaltet:
Wir haben schon so eine Ahnung, was wir übers Jahr machen wollen, die journalistische Vorentscheidung, die wir auch mit der Redaktion besprechen, was könnte das Reihenthema sein, ist schon eine Entscheidung am Grünen Tisch. Wir überlegen, was ist so dran, also wir sind auch Zeitungsleser und gucken Fernsehen und denken, dass die Gottesdienstübertragung mit einem Sonntagmorgen "Gott hat uns lieb" ein bisschen wenig aktuell ist, von daher gibt es eine Vorentscheidung, in diesem Kontext - wir haben jetzt in diesem Jahr die Reihe "Frieden ist mehr" - unterschiedliche Perspektiven (zu) zeigen, was Frieden bedeuten kann, von inhaltlichem Frieden bis christlich wirtschaften über Ängste überwinden im Umgang mit Behinderten. In diesem Zusammenhang recherchieren wir dann Gemeinden und gucken, wo gibt es interessante, glaubwürdige Gemeinden, die einen Aspekt in dieser Reihe gut mit Inhalt füllen können.
Die Sendebeauftragte muss darüber hinaus berücksichtigen, dass die Verkündigung in dem Fall nicht nur via Kanzel passiert.
Natürlich kommen auch so Kategorien dazu wie, die Kirche muß einfach mediengerecht sein, der Pfarrer muß sprechen können, die Musik muss gut sein, semiprofessionell, und wichtig ist natürlich auch seitens des Rates der EKD, dass wir plural die Kirche zeigen. Wir haben ja ein föderales Prinzip, dass heißt, 10 Mal aus der Pfalz zum Beispiel, da wo ich herkomme, das geht natürlich nicht.
Die Zusammenarbeitet mit den Kollegen der Katholischen Kirche ist harmonisch, meint Charlotte Magin, wenngleich es im einen oder anderen Fall auch zu Konflikten kommen kann, zum Beispiel bei ökumenischen Gottesdiensten. Die evangelische Kirche bietet auf ihrem Sendeplatz Wortgottesdienste an, da diese auf größere Resonanz bei den Zuschauern stoßen. Die katholischen Beauftragten übertragen eine Messe.
Das Problem ergibt sich immer an dieser Stelle, wenn es, entweder seitens des Senders oder wenn es einfach einen Event gibt wie den ökumenischen Kirchentag, wenn die Anfrage auf uns zukommt, feiern wir auf diesem Sendeplatz einen ökumenischen Gottesdienst. Es wurde in dem Fall beim Kirchentag sehr gut gelöst, da hat es stattgefunden, und es gibt ja eine Möglichkeit, dass der Bischof dafür oder dagegen sein kann, in dem Fall war das in Berlin o.K. Aber es gibt immer wieder Fälle, wo uns die Zuschauer fragen, warum macht ihr das nicht, bei uns in den Gemeinden funktioniert es, und da gibt es einfach natürlich auch die Angst der katholischen Beauftragten eventuell auch die Angst der katholischen Kirche, auf diesem Sendeplatz, was zu zeigen, was dann zu einer Regelmäßigkeit werden könnte. "Wort zum Sonntag"
Sichtlich betroffen spricht Pfarrer Fliege nach dem Anschlag von Madrid das "Wort zum Sonntag".
Es ist die älteste Verkündigungssendung und nach der "Tagesschau" die Zweitälteste Sendung in der ARD.
Die katholische und evangelischen Kirche gestalten die Sendung im Wechsel.
In seiner langjährigen Geschichte hat das "Wort zum Sonntag" viele Wandlungen durchgemacht. Die oft etwas weltfremde, pathetische Art, die in der Frühzeit der Sendung typisch und Markenzeichen war, reizte immer wieder zu Spott und Satire. Glaubwürdig und starke Momente hatte das "Wort zum Sonntag" immer dann, wenn seine Sprecher eindeutig Stellung zum aktuellen Geschehen nahmen.
Am 8. Mai feiert das "Wort zum Sonntag" seinen 50sten Geburtstag, der mit einem großen Festakt beim NDR begangen wird. Dr. David Hober, Leiter des Referats Hörfunk/Fernsehen im Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz und Geschäftsführer der Publizistischen Kommission:
Ich glaube, mit dem "Wort zum Sonntag" ist es so, es ist ja eine Sendung, die selten gelobt wird, aber sie wird öfters gesehen als zugegeben. Und das ist das besondere an solchen Sendungen, also man beschäftigt sich damit. Ich mach' mal ein Beispiel, also wir haben überlegt, wie kann man zu diesem Geburtstag ein Jubiläumsbuch auf den Markt bringen. Und dann sind wir auf die Idee verfallen und haben gesagt, o.k. wir lassen jetzt mal nicht professionelle Verkünder zu Wort kommen, sondern wir schreiben Prominente und Persönlichkeiten des Zeitgeschehens in Deutschland an und bitten die um ihr persönliches "Wort zum Sonntag". Und Sie werden nicht glauben, wer da alles drauf reagiert hat.
Die Verkündigungssendungen werden zwar in Zusammenarbeit mit den Redaktionen erstellt, inhaltlich aber von den Kirchen selbst gestaltet. Im Gegensatz dazu arbeiten die Kirchenredaktionen bei ihren Sendungen autonom.
Beim ZDF leiten die Redaktion Kirche und Leben Dr. Reinold Hartmann auf evangelischer und Michaela Pilters auf katholischer Seite.
Über 200 Sendungen im Jahr betreuen die beiden mit ihrem Team.
Dazu gehören Gottesdienstübertragungen, kirchliche Nachrichtenprogramme, Hochglanzdokumentationen zu kirchlichen Themen wie beispielsweise das Leben des "Augustinus", "Sonntags TV fürs Leben" aber auch Sendungen, von denen keiner erwarten würde, dass sie etwas mit Kirche zu tun haben, wie etwa 37° oder historische Dokumentationen.
Kurz nach Ostern haben wir ein Großprojekt, und wir sind froh, dass wir nacheinander drei Sendeplätze bekommen haben am 13. 14. und 15. April, das heißt "Ärzte unterm Hakenkreuz - Herrscher über Leben und Tod". Es ist die groß angelegte Geschichte über einen Mann, der der Hauptverantwortliche für Kriegsverbrechen, Medizinverbrechen im 3. Reich war. Er wurde im so genannten Ärzteprozess 1946 vor Gericht gestellt und 1947 zum Tode verurteilt. Uns ist gelungen, die Tagebücher, die er in der Zelle geschrieben hat, zu bekommen. Und wir haben sie ausgewertet, sehr subjektive und persönliche Eindrücke, die wir natürlich kontrastieren mussten mit den Fakten und mit den zeitgeschichtlichen Umständen. Diese Hauptperson Karl Brandt ein Mann, der Albert Schweizer folgen wollte und dann bei Hitler geendet ist, wie er fähig war, verantwortlich für das Euthanasie - Programm gewesen zu sein.
Der Kirchenredakteur Reinold Hartmann ist froh, auch solche, auf den ersten Blick nicht offensichtlichen Kirchenthemen, aufgreifen zu können.
So sieht er sich auch keinesfalls als verlängerten Arm der Kirche sondern pocht auf die Eigenständigkeit der Redaktion.
Ich bin Journalist, Journalist, Journalist, dann bin ich Fachjournalist. Noch mal etwas zum Journalisten: Der Journalist ist neugierig, offen und unabhängig. Und deswegen kann er natürlich keine PR, keine
Öffentlichkeitsarbeit für die Kirche machen. Das ist ein Widerspruch in sich.
Die Unabhängigkeit von der Amtskirche war nicht immer einfach.
Michaela Pilters ist seit 1985 dabei. Auch wenn sie Wunschkandidatin der katholischen Kirche war, verlief
die Zusammenarbeit zunächst nicht ganz reibungslos:
Es gab, als ich in die Redaktion kam, eine Regelung, wonach der kirchliche Sendebeauftragte auch bei der Rohschnittabnahme von Filmen zugegen war, also praktisch die Möglichkeit hatte, vorher, vor der Ausstrahlung noch seine Meinung dazu zu sagen. Das war eine ziemlich konfliktreiche Konstellation. Manchmal hat es gut geklappt. Es hat aber auch immer mal Probleme gegeben und die Frage: Wer entscheidet nun? Wer ist verantwortlich? hat also zu Irritationen geführt, deswegen habe ich es dann durchgesetzt, dass also Anfang der 90er Jahre diese klare Regelung zwischen Verkündigungssendung, wo es die inhaltliche Mitverantwortung des kirchlichen Beauftragten gibt und redaktionellen Sendungen, wo er eben nichts zu tun hat. Wir sind in dem Moment, wo wir über Kirche berichten, eine ganz normale Fachredaktion sowie auch unsere Sportredaktion über den DFB berichtet und deshalb nicht dem DFB verantwortlich ist. Genauso ist das.
Dass sie PR für die Kirchen machen soll, lässt sich von einer Sendung nicht sagen: 37°. Von Kritikern immer wieder hoch gelobt, geht es hier um allgemeine Themen, die mit Menschen zu tun haben. 37° ist die Temperatur des menschlichen Körpers an der Grenze zum Fieber. Diese Grenzsituationen will auch die Sendung aufgreifen, beispielsweise mit Themen wie "Schlagende Frauen".
Bei der Finanzierung dieser Programme bleiben die Kirchen außen vor. Während es für die Gottesdienste Hilfen gibt durch die Kooperation mit kirchlichen Mitarbeitern, speist sich der Redaktionsetat aus Rundfunkgebühren.
Seit 1996 läuft die RTL - "Bibelclip" - Sendereihe Sonntag abends in dem Privatsender. Im Werbeblock, zwischen Autospots und Programmvorschau, werden aktuelle Bilder der Woche mit Bibelversen kommentiert.
Bei den Privaten, da stehen wir mit dem Rücken zur Wand, das muss man ganz offen so sagen. Als vor 20 Jahren die Privaten sich in Deutschland konstituiert haben, waren die Kirchen ein beliebter Partner für die Privaten, weil es über das Ticket der Kirchen auch die Lizenzen natürlich gab, die notwendig waren. Es wurden uns Sendezeiten eingeräumt, beispielsweise bei RTL soll das in der Woche 45 Minuten sein. Aber die Wirklichkeit sieht natürlich etwas anders aus. Es sind nicht 45 Minuten, weil dann die Frage ist, wer soll das eigentlich bezahlen, das ist sehr teure Sendezeit. Und wir sind im Moment bei den Privaten, bei RTL, bei SAT 1 mit kleineren Formaten zu Gange. Bei RTL ist... das bekannteste der so genannte Bibelclip, 20 Sekunden, am Sonntag Abend, wo ein aktuelles Wochenthema bebildert wird und mit einem biblischen Text konfrontiert wird, mit einem biblischen Vers beispielsweise, Psalm oder irgendwas in der Art.
Neben ihrem Engagement im Bereich der elektronischen Medien sind kirchliche Organisationen und den Kirchen nahe stehende Verlage auch im Printbereich tätig: das beginnt bei den Gemeindebriefen, geht über Mediendienste bis hin zur Wochenzeitung.
In Medienfachkreisen und unter Journalisten hoch geschätzt sind zwei Publikationen, die sich mit der nationalen und internationalen Medienlandschaft auseinandersetzen: der evangelische Dienst "Kirche und Rundfunk" und die katholische "Funkkorrespondenz". Hoch geschätzt werden auch die kirchlichen Nachrichtenagenturen epd, der Evangelische Presse Dienst, und kna, die katholische Nachrichtenagentur. Das Ansehen der kna ist unbestritten, aber die Agentur durchlebt eine finanzielle Krise.
David Hober: Die Katholische Nachrichtenagentur ist relativ weit aufgefächert... mit Spezialdiensten, mit Hintergrundberichten, mit Erklärstücken aber auch mit ganz normalen kirchlichen Nachrichten. Das ist im Moment, und das wissen Sie auch, dass natürlich die Nachrichtenagenturen, auch dpa, in schweres Fahrwasser geraten sind. Wir sind im Moment dabei innerhalb der publizistischen Kommission zu überlegen, nicht nur bezogen auf die kna sondern insgesamt auf unsere Medien, wo müssen wir die Prioritäten setzen, also, ich dreh' es mal um die Frage, welche Funktion muss Kirche heute eigentlich in den Medien von ihrem Selbstverständnis her vorhalten. Auch wir müssen sparen, wir müssen enorm sparen, auch im Medienbereich natürlich. Und dann überlegt man natürlich, wo setzen wir Akzente, wo kann man was zurückfahren. Man muss dabei natürlich immer wieder im Kopf haben, dass man bestimmte Marken, ob es die kna ist, ob es der Rheinische Merkur ist oder was auch immer, dass das Marken sind, die eingeführt sind auf dem Markt, also die einfach vom Markt wegzuziehen, ist glaube ich, keine gute Lösung, weil das kommt nie wieder.
Innerhalb der EKD gibt es allein 21 Verlage und Presseverbände, die christliche Bücher, CD's, Zeitungen und Zeitschriften produzieren. Die Monatsblätter "Zeitzeichen", "Chrismon" und "Chrismon plus" ergänzen die Aktivitäten. Koordiniert werden sie von der Konferenz der Evangelischen Medien- und Presseverbände, dessen Vorsitzender ist Wolfgang Riewe:
Die evangelische Presse ist ja im wesentlichen in Presseverbänden organisiert, die vor 100 Jahren schon entstanden sind, außerhalb der Verfassten Kirche, bewusst in Vereinen organisiert, später als GmbH, um journalistische Professionalität und redaktionelle Unabhängigkeit der evangelischen Presse zu gewährleisten. Diese Eigenständigkeit, vor allem der Wochenpresse, hat aber den Preis, dass unsere Verlage kämpfen müssen um Abonnenten und Anzeigen, allerdings wie andere Zeitungsverlage auch, die gegenwärtig auch sehr stark kämpfen müssen. Die Landeskirchen geben in den meisten Fällen Zuschüsse, ansonsten müssen sich die 15 evangelischen Wochenzeitungen aber aus Abonnements und Anzeigenerlösen finanzieren.
Das Problem ist immer das gleiche: Da überwiegend ältere Leser die Blätter abonniert haben, reduziert sich die Auflage schon durch so genannte "Altersabgänge". Zwar lassen sich durch Werbung neue Abonnenten finden, wie das Beispiel Westfalen zeigt, wo 9.000 Abbestellungen 10.000 neuen Leser gegenüberstehen, aber nicht alle Gemeinden unterstützen solche Aktionen. Vielen ist der Gemeindebrief wichtiger als die evangelische Wochenzeitung.
Wir gehen sehr stark auf die Bedürfnisse der Leserinnen und Leser ein. Wir sind sehr stark Adressaten -orientiert. Das trägt uns natürlich auch manchmal Kritik der Kirchenleitungen ein. Wir wehren uns aber dagegen, dass die Kirchenzeitungen in Öffentlichkeitsarbeit und PR-Instrumente umfunktioniert werden. Das hängt eben mit der Eigenständigkeit der evangelischen Publizistik zusammen, die für eine demokratische Meinungsbildung sehr wichtig ist.
Für die demokratische Meinungsbildung von hohem Wert war ohne Zweifel das "Deutsche Allgemeine Sonntagsblatt". Gegründet wurde es 1948, um nach der Erfahrung des Dritten Reiches, kirchliche Ethik öffentlich zu machen. In den 50er Jahren sollte das protestantische Bewusstsein in einem demokratischen Rechtsstaat gefördert werden. Ende der 60er wandelte das Blatt seine Position und unterstützte massiv die Ostverträge und den damaligen Kanzler Willi Brandt.
Die stürmischen Zeiten, als das Sonntagsblatt Gegenstand eines großen Richtungsstreits innerhalb der Kirchen war, sind vorbei. Neben den politischen Veränderungen ist auch der Zeitungsmarkt in Bewegung geraten. Davon betroffen war auch das Sonntagsblatt, das sich zuletzt nicht mehr selbst finanzieren konnte. Auch die EKD sah sich nicht mehr in der Lage, Millionen in die Wochenzeitung zu investieren.
Arnd Brummer, Chefredakteur des Blattes, entwickelte eine neue Idee: ein Magazin, das monatlich der überregionalen Presse beigelegt werden konnte. Darüber hinaus haben interessierte Leser die Möglichkeit eines Abonnements. Daraus entstanden sind "Chrismon" und "Chrismon plus". Wolfgang Riewe:
"Chrismon" ist ja eine Zeitungsbeilage und finanziert sich mit Verlustvorträgen des früheren Deutschen Allgemeinen Sonntagsblattes und hohen EKD-Zuschüssen. Es muss sich nicht, wie die Wochenpresse, am Markt behaupten. Dieses Modell wird aus finanziellen Gründen auch ab 2005 voraussichtlich so nicht weitergeführt werden können, was im Abonnement verkauft wird, das ist "Chrismon plus", und das ist mit cirka 12.000 Auflage monatlich bundesweit nicht sehr erfolgreich. Deshalb sind die Badener und die Rheinländer auf den Gedanken gekommen, "Chrismon plus" mit einem weiteren allgemeinen Thementeil zu verbinden, dessen Autoren aus der jeweiligen Region kommen. Das "Chrismon plus Rheinland" ist im Januar erschienen, ist zweifellos sehr gut gemacht, nur all die regionalen und lokalen Informationen, die die Wochenpresse bietet, sucht man vergebens. Und es ist jetzt schon abzusehen, dass dies nicht die Akzeptanz der an Kirche und Glaubensthemen interessierten Leserschaft findet. v56
Pfingsten 2000, eigentlich ein wunderschöner Sendetermin, sind wir hier "On Air" gegangen. Damals kam Kardinal Meisner, wie sich das für so einen katholischen Sender gehört, natürlich mit Weihrauch zur feierlichen Einweihung. Und wir haben an alles gedacht, wir haben selbst gesagt, Weihwasser weglassen, weil wir eine empfindliche Technik hatten. Und er hat dann den Weihrauch hier ordentlich eingesetzt. Und das hat, da haben wir nicht daran gedacht, zur Einschaltung der Alarmanlage, der Rauchmelder geführt. Und dementsprechend hatten wir einen furiosen Sendestart.
Das Domradio in Köln ist der erste Bistumssender in Deutschland und wird mit 1,5 Millionen Euro vom
Bistum unterstützt. Eine Kernmanschaft von 15-20 Mitarbeitern erstellt das Vollprogramm. "Gott und die
Welt" - so Ingo Brüggenjürgen, sind das Thema. So berichtet das Domradio vom Kirchentag so
selbstverständlich wie über Genfood. Das Programm besteht aus 40 Prozent Wortanteil, der Rest ist
Popmusik.
Natürlich lassen sich mit den knappen Mitteln keine Auslandskorrespondenten finanzieren. Aber die
Radiomacher haben eine Lösung gefunden:
Ingo Brüggenjürgen: Ich mach das mal an einem Beispiel fest: wenn irgendwo die Erde wackelt oder es gibt irgendwo ein großes Unglück, dann müssen andere sehr oft erst ein entsprechendes Expertenteam ins
Flugzeug setzen oder sehen, dass sie möglichst schnell vor Ort hinkommen. Wir haben dank der globalen Struktur der Kirche wirklich eine gute Infrastruktur. Im Krisengebiet erreichen wir in der Regel niemanden mehr, weil da die Leitungen auch kaputt sind, aber unmittelbar in der Nachbarschaft gibt es Ordensstationen, gibt es Missionsstationen, gibt es deutschsprachige Ordensleute, die uns sehr viel weiter helfen, und die kennen die Situation vor Ort, die wissen eigentlich genau, was vor Ort zu tun ist, und wo die Not am Mann ist, und wie man entsprechend helfen kann.
Fraglich bleibt, wie unabhängig ein Bistumssender berichten kann, der sich aus den Mitteln der Erzdiözese finanziert.
Ich hab' am Anfang sehr viel Sorge gehabt, weil ich gesagt hab\ oh, der erste Bistumssender, und dann wirst du Chefredakteur, das ist doch ein Schleudersitz, noch dazu in Köln. Ich kann aber sagen, hier in Köln, wenn der Kardinal davon überzeugt ist, dass er die richtigen Leute am Platz hat, dann lässt er sie mit einer großen Freiheit wirken. Ich kann von daher mit Recht sagen, er hat in den ganzen drei Jahren nicht einmal hier in das Programm eingegriffen. Er ist auch nicht, anders als bei der Kirchenzeitung der Herausgeber. Er ist der Kardinal. Er gibt die Richtung des Bistums vor. Keine Frage. Aber unsere Trägerstruktur, damit will ich sagen, diejenigen, die den Sender verantworten, ist eine plurale, innerkirchliche Trägerstruktur. Das heißt, wir sind ein Sender des Bildungswerks der Erzdiözese Köln, und da gehören eben viele Gruppierungen zu.
Inzwischen ist das Domradio in Rheinland-Pfalz auch über DAß zu empfangen. Die Äußerungen des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Lehmann, dass ein bundesweites christliches Radio denkbar wäre, wurde in Köln mit großer Freude aufgenommen. Einen Dom gibt es schließlich in vielen bundesdeutschen Städten.