Berliner Erzbischof sieht in KI keine Konkurrenz für den "lieben Gott"

"Erreicht keinesfalls das Herz"

Gott oder die KI, wer ist allwissender? Für den Berliner Erzbischof Heiner Koch ist es ganz klar Gott. Trotzdem biete die Technik Chancen. Im Interview hat er sich außerdem über seinen Nachbarn Elon Musk und die Rentenreform geäußert.

Symbolbild Mensch und Künstliche Intelligenz / © Summit Art Creations (shutterstock)
Symbolbild Mensch und Künstliche Intelligenz / © Summit Art Creations ( shutterstock )

Auch eine allwissende Künstliche Intelligenz (KI) kann nach Überzeugung des Berliner Erzbischofs Heiner Koch Religion nicht ersetzen. "KI wird von Menschen gefüttert, sie weiß also bestenfalls das, was alle Menschen zusammen wissen", sagte Koch im "Handelsblatt"-Interview. "Machen Sie sich da keine Sorgen. Gott ist mehr als allwissend, er ist Beziehung, liebender Vater, für ihn ist die Künstliche Intelligenz keine Konkurrenz."

Erzbischof Heiner Koch / © Julia Steinbrecht (KNA)
Erzbischof Heiner Koch / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Für die Nutzung von KI im Arbeitsalltag sieht der Erzbischof derzeit "mehr Chancen als Risiken". Sie zu verteufeln, helfe deshalb nicht. "Sie muss aber - wie jede technische Entwicklung - eine dienende Funktion haben. Es gilt schon aufzupassen, dass der Mensch die KI beherrscht und nicht umgekehrt". In Pflegeberufen könne KI Aufgaben übernehmen, um dadurch Kapazitäten freizumachen. Die menschliche Zuwendung, die es dort brauche, könne die Technik nicht ersetzen.

Koch: "Erkenne eine KI-Predigt"

Auch er selbst habe bereits mit KI gearbeitet - sie jedoch keine Predigt für ihn schreiben lassen, so Koch. Das funktioniert aus seiner Sicht nicht. "Denn KI kann - im besten Fall - den Verstand erreichen, aber keinesfalls das Herz. Und eine gute Predigt erreicht den Verstand und das Herz der Menschen", erklärte der Erzbischof und fügte an: "Ich bin ganz sicher, ich würde sofort merken, ob ein Pfarrer seine Predigt mithilfe von KI erstellt hat."

Musks Vergütungspaket "ärgerlich und skandalös"

Außerdem äußerte sich der Berliner Erzbischof in dem Interview über den US-Unternehmer Elon Musk. Die Gigafactory von Tesla liegt auf dem Gebiet von Kochs Erzbistum im brandenburgischen Grünheide, etwa 30 Kilometer südlich von Berlin. Es handelt sich dabei um eine der größten Elektroautofabriken in Deutschland sowie den ersten europäischen Standort des US-Konzerns.

Tesla-Chef Elon Musk / © Patrick Pleul (dpa)
Tesla-Chef Elon Musk / © Patrick Pleul ( dpa )

Musk könnte dank eines Vergütungspakets seiner Firma Tesla bald zum ersten Billionär weltweit werden. Der Berliner Erzbischof Heiner Koch findet das "ärgerlich und skandalös". Es sei legitim, dass sich unternehmerisches Risiko auch im Gehalt der Manager abbildet, sagte Koch. "Aber ein Vergütungspaket von einer Billion Dollar - selbst mit Bedingungen - ist eine Provokation für Menschen, die kaum über die Runden kommen", sagte der Erzbischof und betonte: "Es gibt Grenzen, die man nicht überschreiten darf."

Alle müssen Opfer bringen

In der Debatte um die Rente sieht Koch große Herausforderungen auf die deutsche Gesellschaft zukommen. "Die Jungen werden wieder mehr arbeiten müssen, und die Renten werden nicht mehr so stark steigen können wie bisher", sagte Koch. "Die Zeiten, in denen es immer nur besser - friedlicher, wohlhabender, sicherer - wurde, sind definitiv vorbei." Über Vorschläge, etwa dass Akademiker künftig bis 70 arbeiteten, müsse man "mehr als nur nachdenken, wenn man die Rente sichern will".

Die veränderte Situation erfordere, dass alle bereit seien, Opfer zu bringen, so der Erzbischof. Von der älteren Generation erwarte er mehr Verständnis für die Situation der jungen Menschen. "Neben der Rente nenne ich nur die Diskussion um die Wehrpflicht, die Klimapolitik und eine zunehmend drückende Schuldenlast. Wir Älteren stehen in der Verantwortung für eine gute Zukunft für die Jüngeren."

Arme Rentner mehr unterstützen

Gleichzeitig müssten besonders die unterstützt werden, die ihr Leben lang gearbeitet hätten und nun dennoch nur eine Rente unterhalb der Grundsicherung bezögen. "Das ist eine Ungerechtigkeit, die die Rentenkommission angehen muss. Die Diskussion darf nicht nur Jung und Alt berücksichtigen, sondern auch Arm und Reich." Gerade in seinem Erzbistum, das neben Berlin Teile Brandenburgs, Mecklenburg-Vorpommerns und Sachsen-Anhalts umfasst, sei das ein verbreitetes Problem. "In den ostdeutschen Bundesländern ist die gesetzliche Rente oft die einzige Alterssicherung, betriebliche und private Altersvorsorge oder Erbschaften spielen da kaum eine Rolle."

Altersarmut / © Karl-Josef Hildenbrand (dpa)
Altersarmut / © Karl-Josef Hildenbrand ( dpa )

Nicht nur bei der Rente, auch im Arbeitsleben sieht Koch darüber hinaus Nachholbedarf bei der Generationengerechtigkeit. So verteidigt er die sogenannte Generation Z (Gen Z), also die zwischen 1995 und 2010 Geborenen, gegen den Vorwurf, nicht mehr arbeiten zu wollen. "Ich kenne viele junge Menschen, die viel arbeiten und sich zusätzlich noch freiwillig engagieren. Auf diese Generation sollten wir stolz sein", betonte Koch. "Wenn sie aber nicht wie ihre Eltern arbeiten wollen, müssen wir überlegen, wie wir Arbeit attraktiver machen." Dazu gehörte neben der Bezahlung auch eine angemessene Wertschätzung.

Ältere Mitarbeiter nicht aussortieren

Gleichzeitig warnte er davor, ältere Menschen verfrüht in den Ruhestand zu schicken und aus dem Arbeitsleben auszuschließen. "Ein riesiger Erfahrungsschatz wird einfach entsorgt", klagte der Erzbischof. Die Menschen erhielten zwar oft hohe Abfindungen, hätten aber auch das Gefühl, aufs Abstellgleis geschoben zu werden. "Das sorgt trotz Geld für viel Frust." Koch plädierte deshalb dafür, junge Menschen zwar in Führungspositionen zu holen, die älteren Mitarbeiter allerdings weiter in untergeordneten Positionen zu beschäftigen: "das motiviert die Jungen und bewahrt die Erfahrungen und das Wissen der Älteren im Unternehmen".

Heiner Koch

Heiner Koch wurde am 13. Juni 1954 in Düsseldorf als Sohn eines Justizamtsrates geboren. Nach dem Studium der Theologie, Philosophie und Erziehungswissenschaften in Bonn und einer Promotion in Theologie empfing er 1980 in Köln die Priesterweihe. Anschließend war er unter anderem Hochschulpfarrer an der Universität Düsseldorf und hatte leitende Funktionen in der Verwaltung des Erzbistums Köln inne.

Erzbischof Heiner Koch / © Christoph Busse (KNA)
Erzbischof Heiner Koch / © Christoph Busse ( KNA )
Quelle:
KNA