Gefängnisseelsorger will Insassen an Weihnachten aufmuntern

Besonders emotionale Zeit

Die Adventszeit und Weihnachten sind für Häftlinge eine emotional besonders bedrückende Zeit. Häufig vermissen sie ihre Familien. Pfarrer Matthias Fobbe, Gefängnisseelsorger im offenen Strafvollzug in Remscheid, versucht zu trösten.

Symbolbild Gefängnis / © MemoryMan (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Ist die Adventszeit eine besonders emotionale, auch dunkle Zeit für die inhaftierten Männer? 

Matthias Fobbe (Pfarrer und JVA-Seelsorger in Wuppertal und Remscheid): Für die Männer schon, weil sie natürlich ihre Familien, vor allem ihre Kinder, vermissen, zu denen sie, wenn überhaupt, nur gelegentlich über das Telefon oder am Wochenende Kontakt haben. 

Es ist für sie schwer, nicht im direkten Kontakt mit zu Hause zu sein, mitzuerleben, wie da Advent erlebt und gefeiert wird und Weihnachtsvorbereitungen laufen. Das ist alles weit weg. 

DOMRADIO.DE: Wie muss man sich das vorstellen? Gibt es irgendwo einen Weihnachtsbaum oder Deko in den Zellen? Oder wie läuft das?

Weihnachten im Gefängnis / © Friso Gentsch (dpa)
Weihnachten im Gefängnis / © Friso Gentsch ( dpa )

Fobbe: Es gibt seit zwei Jahren vor der Anstalt, besorgt von der Seelsorge, einen schön geschmückten Weihnachtsbaum. Darauf hat die Anstaltsleitung großen Wert gelegt. Alle, wenn sie ins Haus kommen, sehen ihn und freuen sich darüber.

Das ist auch die Ecke, in der die Männer telefonieren dürfen. Da gibt es ein paar Quadratmeter, die eingefriedet sind, in denen die Männer draußen telefonieren dürfen. Dort steht der Weihnachtsbaum, sodass jeder, der ins Haus kommt oder aus dem Haus geht, den Baum mit Beleuchtung sieht.

DOMRADIO.DE: Sie sagten gerade, die Sehnsucht nach der Familie ist besonders groß für die Männer. Wie nehmen sie das und ihre Bedürfnisse mit in die Seelsorge auf?

Matthias Fobbe

"Ich bin von sehr vielen Männern gebeten worden, ihnen Rosenkränze zu geben, die schön bunt sind für ihre Kinder. Das habe ich bisher noch nie erlebt."

Fobbe: In den Gesprächen ist es natürlich ein verstärktes Thema, was wohl zu Hause laufen wird. In diesem Jahr ist es sehr auffällig und ich mache diese Erfahrung zum ersten Mal, dass ich von sehr vielen Männern gebeten worden bin, ihnen Rosenkränze für ihre Kinder zu geben, die schön bunt sind. Das habe ich bisher noch nie erlebt. 

Bisher waren die immer nur für die Häftlinge selbst. Aber erstaunlicherweise ist das ein Bedürfnis, etwas Religiöses mitzugeben. Es hat, wenn auch vielleicht unbewusst, doch einen Bezug zu Glauben, zu Religion. Das merkt man in Gesprächen deutlich. 

DOMRADIO.DE: Was haben Sie für Heiligabend geplant?

Fobbe: Für Heiligabend ist geplant, dass ich auf dem Weg ins Gefängnis Kuchen in meiner alten Dienststelle, in der katholischen Konditorei, abhole. Dann ist um 10.30 Uhr Gottesdienst in kleinem Kreis in der Gruppe. 

Danach bekommen bei der Mittagessensausgabe alle 80 Inhaftierten, die wir im Haus haben werden, eine Geschenktüte. Ab Nachmittag, von 14 Uhr bis zur Dämmerung, ist Kaffeeklatsch im Raum der Seelsorge. 

Das Interview führte Heike Sicconi.

Gefängnisseelsorge

Die christliche Gefängnisseelsorge hat in der Bundesrepublik eine lange Tradition. Als Leitwort für ihre Arbeit in Gefängnissen beschreibt die Deutsche Bischofskonferenz das Bibelwort "Denkt an die Gefangenen, als wäret ihr mitgefangen" (Hebr 13,3). Bundesweit arbeiten rund 500 katholische und evangelische Seelsorger, in der Regel sind es Pfarrer oder Diakone. Ihr Anspruch ist es, sich jedem Menschen mit seiner eigenen Geschichte zuzuwenden. Der Gefangene soll dabei nicht auf die von ihm begangenen Straftaten reduziert werden.

Gefängnisseelsorger Andreas Mähler / © Andree Kaiser (KNA)
Gefängnisseelsorger Andreas Mähler / © Andree Kaiser ( KNA )
Quelle:
DR

Die domradio- und Medienstiftung

Unterstützen Sie lebendigen katholischen Journalismus!

Mit Ihrer Spende können wir christlichen Werten eine Stimme geben, damit sie auch in einer säkulareren Gesellschaft gehört werden können. Neben journalistischen Projekten fördern wir Gottesdienstübertragungen und bauen über unsere Kanäle eine christliche Community auf. Unterstützen Sie DOMRADIO.DE und helfen Sie uns, hochwertigen und lebendigen katholischen Journalismus für alle zugänglich zu machen!

Hier geht es zur Stiftung!