DOMRADIO.DE: Falsche Spendensammler an Haustüren, Trickbetrüger und Fake-Anrufe: All das gibt es immer wieder. Wie groß ist denn die Unsicherheit über Betrugsmaschen?
Burkhard Wilke (Geschäftsführer und wissenschaftlicher Leiter des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen): Die Unsicherheit ist schon ziemlich groß. Wir erklären uns einen beträchtlichen Teil der Menschen, die nicht regelmäßig oder gar nicht spenden – was immerhin gut die Hälfte der Bevölkerung ausmacht – mit genau dieser Unsicherheit. Wenn man dem nachgeht, muss man sagen, dass die Unsicherheit größer ist als die tatsächlichen realen Gefahren.
Es gibt nur sehr wenige Verurteilungen aufgrund von Spendenbetrug und auch sehr wenige Fälle, von denen wir im Rahmen unserer Spendenberatung abraten müssen. Das tun wir mit entsprechenden Auskünften auf unserer Website. Das ist aber eine sehr kleine Zahl, gemessen an der großen Zahl der seriös arbeitenden Organisationen.
DOMRADIO.DE: Ein weiterer Vorwurf ist, dass von dem Geld, das man in eine Box wirft oder an eine Hilfsorganisation überweist, nur ein Bruchteil ankommt. Geht da viel für Verwaltung oder Marketing flöten?
Wilke: Da ist in den meisten Fällen nichts dran. Kosten oder Ausgaben für Verwaltung und Werbung sind nicht per se schlechte Ausgaben. Wie ein Auto nicht ohne Strom oder Benzin fährt, so funktioniert eine Spendensammelorganisation auch nicht ohne eine gewisse Verwaltung. Man braucht sie, um die Übersicht zu behalten, um Gelder vernünftig zu organisieren und um Transparenz zu organisieren. Denn gerade das verlangen Spenderinnen und Spender zunehmend.
Wenn wir das konkret machen: Bei den Organisationen, die das Spendensiegel des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen (DZI) tragen, gehen von 100 Euro, etwa durchschnittlich 88 Euro direkt in die Programme und 12 Euro gehen für Werbung und Verwaltung drauf. Das ist, ein ganz angemessener Anteil und den sind nach unserer Erfahrung die Spenderinnen und Spender bereit zu tragen.
DOMRADIO.DE: Worauf sollte man achten, wenn man spenden möchte? Muss immer ein Spendensiegel erkennbar sein?
Wilke: Wenn das DZI-Spendensiegel darauf ist, ist die Entscheidung besonders leicht und sicher. Wenn kein Spendensiegel darauf ist, sollte man selbst etwas Zeit in die Recherche investieren. Da hat unsere Spendenberatung Tipps zum sicheren Spenden sowie eine Checkliste.
So kann man darauf achten, wie man angesprochen wird. Also wenn man sich beispielsweise durch einen Brief oder ein Gespräch in der Fußgängerzone unfair angesprochen fühlt, gibt es eigentlich keinen Grund, das Gespräch weiterzuführen. Dann sollte man die Organisation schon mal links liegen lassen. Das Bauchgefühl hilft da als erster Filter auf alle Fälle weiter, denn es gibt so viele gut arbeitende Organisationen, die zugleich auch fair werben und gut werben.
Ein zweiter Blick sollte auf die Website gehen. Gut ist, wenn es dort einen Jahresbericht gibt, der die Finanzen gut offenlegt und erklärt. Dann sollte man sich die Entscheidung nicht unnötig schwer machen. Es reicht, wenn man das Spendenbudget im Jahr auf ein, zwei, vielleicht drei Organisationen konzentriert. Denn je mehr man im Gießkannenprinzip fördern will, umso unübersichtlicher wird die Entscheidung. Da ist die Konzentration auf zwei, drei Organisationen im Jahr eine gute Hilfe.
Das Interview führte Elena Hong.