Gutes Essen, Wunderkerzen und Feuerwerk – das gehört für viele Menschen zu einer gelungenen Silvesterfeier dazu. Auch in der Kirche Sankt Pankratius in Gütersloh spielen diese Elemente beim Jahreswechsel eine große Rolle. Allerdings begeht die dortige katholische Kirchengemeinde nicht den Übergang in das Kalenderjahr 2026, sondern den Beginn des neuen Kirchenjahres. Ihre Feier nennen die Gütersloher Katholiken daher "Kirchensilvester".
"Die Idee, für diese Silvesterfeier war sehr spontan", sagt Esther Kampel. "In der Messdiener-Leitungsrunde wollten wir anstatt einer Weihnachtsfeier mal etwas anderes machen – da haben wir einfach um die Ecke gedacht und uns für diese besondere Veranstaltung entschieden." Die Gemeindereferentin im Pastoralen Raum Gütersloh berichtet von den positiven Rückmeldungen auf die geplante Silvesterfeier am Ende des Kirchenjahres: "Wir haben die Veranstaltung für alle Menschen geöffnet und viele haben gesagt, dass sie gerne teilnehmen möchten."
Großes Feuerwerk mit musikalischer Untermalung
Die ungewöhnliche Feier zum Ende des Kirchenjahres in Gütersloh beginnt am Samstag vor dem Ersten Adventssonntag um 21:30 Uhr mit einem Wortgottesdienst. "In der Liturgie wollen wir zum Abschluss des Kirchenjahres darauf schauen, welcher Funke in uns allen brennt", erklärt Kampel. Dazu erhalten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer eine Wunderkerze. Anschließend gibt es vor der Pankratius-Kirche in der Gütersloher Innenstadt ein großes Feuerwerk von professionellen Pyrotechnikern mit musikalischer Untermalung.
"Das soll auf anschauliche Weise ausdrücken, dass viele Funken – also Menschen mit großer Begeisterung – ein regelrechtes Feuerwerk auslösen können." Die Gemeindereferentin betont, dass das Kirchensilvester auf besinnliche Weise den Übergang ins neue Kirchenjahr ermöglichen soll. "Natürlich ist der Advent eine ruhige Zeit, aber an seinem Ende feiern wir die Geburt Jesu und das ist eine riesengroße Freude." Deshalb gibt es für die Mitfeiernden nach dem Feuerwerk noch die Möglichkeit, mit Punsch, Bier oder anderen Getränken auf das neue liturgische Jahr anzustoßen.
In der katholischen Kirche beginnt ein Kirchenjahr immer mit dem Ersten Adventssonntag – in den protestantischen Kirchen, bei den Anglikanern und Altkatholiken ist es ebenso. Anders verhält es sich in der Orthodoxie, die das Herrenjahr immer am 1. September beginnt. Der Grund dafür ist in der Geschichte zu suchen: Seit der Spätantike gab es im Byzantinischen Reich einen fünfzehnjährigen Zyklus der Jahreszählung, die sogenannte Indiktion. Diese begann immer am ersten Tag des Monats September. Der Beginn des orthodoxen Kirchenjahres ist also eher eine weltliche Angelegenheit.
Für die Kirchen der westlichen Tradition sind bei der Frage des Kirchenjahresbeginns hingegen theologische Gründe wichtig: Das liturgische Jahr versucht die heilgeschichtlichen Ereignisse in derselben Reihenfolge zu feiern, wie sie in der Heiligen Schrift geschildert werden. Deshalb wird zunächst die Geburt Jesu gefeiert, anschließend stehen Leiden, Tod und Auferstehung des Gottessohnes auf dem Programm. Nach Pfingsten stehen einige Ideenfeste im Kirchenjahr an, die auf Christus verweisen, aber keinen direkten biblischen Ursprung haben. Dazu zählen etwa Fronleichnam oder das Christkönigsfest zum Abschluss des Herrenjahres.
Besinnung, Konzerte oder Tanz
Dem Weihnachtsfest vorgeschaltet ist der Advent als Vorbereitungszeit, die bereits zum neuen Kirchenjahr gehört. Seinen Bußcharakter hat diese geprägte Zeit von vier Wochen für viele Katholikinnen und Katholiken heute zwar verloren. Dennoch zeigt die liturgische Farbe Violett weiterhin an, dass die Adventszeit zur spirituellen Erneuerung dienen soll. Offiziell beginnt das neue Kirchenjahr in der katholischen Kirche zudem nicht erst mit dem Tag des Ersten Advents, sondern nach einer aus dem Judentum übernommenen Tradition schon mit dessen Vorabend. Daher ist die Erste Vesper dieses ersten Sonntags des Kirchenjahres am Samstagabend der Gottesdienst, der den neuen Jahreskreis eröffnet.
An diesem Samstag mit einer Feier zum Kirchensilvester das neue Herrenjahr zu beginnen, mag zwar ungewöhnlich erscheinen. Es ist aber mit Blick auf die Liturgie durchaus möglich. Der Pastorale Raum Gütersloh ist zudem nicht die einzige Gemeinde, die den Beginn des Advents auf diese Weise begeht: Auch andere evangelische und katholische Pfarreien feiern das Silvester des Kirchenjahrs. Einige bieten dazu besinnliche Gottesdienste an, andere laden zu Konzerten oder Tanzveranstaltungen ein – alles, um das neue Kirchenjahr würdig zu begrüßen.