Berliner Kirchen fordern mehr Schutz für jüdisches Leben

"Es ist unsere Verantwortung"

Laut dem Jahresbericht der Berliner Meldestelle Rias gibt es in der Hauptstadt fast sieben antisemitische Vorfälle pro Tag. Die Kirchen und die Zivilgesellschaft fordern nun fünf Schritte für den Schutz jüdischen Lebens.

Kundgebung gegen Antisemitismus in Berlin / © Markus Nowak (KNA)
Kundgebung gegen Antisemitismus in Berlin / © Markus Nowak ( KNA )

Vor dem Jahrestag der Novemberpogrome am 9. November fordern die Kirchen sowie zivilgesellschaftliche Bündnisse in Berlin und Brandenburg ein entschlossenes Handeln zum Schutz jüdischen Lebens. 

 Theologe Christian Stäblein, evangelischer Bischof für Berlin, Brandenburg und die schlesische Oberlausitz  / © Christian Ditsch (epd)
Theologe Christian Stäblein, evangelischer Bischof für Berlin, Brandenburg und die schlesische Oberlausitz / © Christian Ditsch ( epd )

Konkret geht es dabei um fünf zentrale Schritte, wie die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz am Donnerstag in Berlin mitteilte.

Thema muss in die Schulen

So müssten Staat und Kommunen den Schutz jüdischer Einrichtungen dauerhaft sichern und eine konsequente Strafverfolgung antisemitischer Taten gewährleisten. Außerdem bräuchten Schulen verbindliche Inhalte zu jüdischer Geschichte und Gegenwart.

Darüber hinaus bedürfe es einer klaren Haltung in Politik und Medien, die Antisemitismus deutlich benennen müssten. Neben dem Aufruf zu mehr Zivilcourage im Alltag plädieren die Kirchen und die Bündnisse für eine größere Förderung von jüdischer Kultur und deren Sichtbarkeit.

"Antisemitismus ist ein Verbrechen und lästert Gott"

"Der 9. November bleibt Mahnung und Erinnerung: Wir stehen an der Seite der Jüdinnen und Juden in diesem Land, wir stehen auf, wo sie bedroht werden, wo man sie beleidigt, angreift, verdrängt oder in Angst setzt", sagte der evangelische Berliner Bischof Christian Stäblein. 

"Antisemitismus ist ein Verbrechen und lästert Gott. Es ist unsere Verantwortung, dass die Worte des Hasses nicht wieder mächtig werden in diesem Land."

Erzbischof Heiner Koch / © Julia Steinbrecht (KNA)
Erzbischof Heiner Koch / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Auch der katholische Berliner Erzbischof Heiner Koch rief zum Handeln gegen Antisemitismus auf. "Ausgehend von den Rassegesetzen über die Novemberpogrome bis zu den tätowierten Nummern der KZ-Häftlinge haben die Nationalsozialisten sechs Millionen Jüdinnen und Juden nicht nur das Leben, sondern auch ihre Würde und Einzigartigkeit entrissen", sagte er. 

"Das Gedenken daran drängt uns, aufzutreten gegen jede Form von Antisemitismus, überall da, wo jüdisches Leben bedroht, Jüdinnen und Juden ihre Würde geraubt wird und ihr Leben gefährdet ist."

Fast sieben Vorfälle pro Tag in Berlin

Die Kirchen, das Bündnis für ein weltoffenes und tolerantes Berlin und das Bündnis "Brandenburg zeigt Haltung" erinnerten zudem an den Jahresbericht der Berliner Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Rias. 

Demnach registrierte die Meldestelle 2024 insgesamt 2.521 antisemitische Vorfälle in der Hauptstadt und somit fast sieben pro Tag.

Reichspogromnacht

Mit der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 gingen die Nationalsozialisten zur offenen Gewalt gegen die jüdische Minderheit im Reich über. Es brannten Synagogen, jüdische Geschäfte, Wohnungen wurden verwüstet und jüdische Bürger misshandelt. Drei Jahre vor Beginn der systematischen Massendeportationen und nach zahlreichen rechtlichen Diskriminierungen erhielt die Verfolgung der Juden mit den Ausschreitungen einen neuen Charakter.

Zerstörte Fenster der Kieler Synagoge nach der Reichspogromnacht (Foto von 1938) / © Stadtarchiv Kiel/Stadtarchiv_kiel (dpa)
Zerstörte Fenster der Kieler Synagoge nach der Reichspogromnacht (Foto von 1938) / © Stadtarchiv Kiel/Stadtarchiv_kiel ( dpa )
Quelle:
KNA