ZdK-Chefin würdigt Konzilsdokument "Nostra aetate" als Wendepunkt

Interreligiöser Dialog auf Augenhöhe

Auch in anderen Religionen gibt es Wahres und Heiliges. Was heute logisch klingt, war vor sechzig Jahren eine Revolution. ZdK-Vertreter erklären, wie ein Konzilsdokument den Dialog mit anderen Religionen ermöglichte.

Irme Stetter-Karp / © Dieter Mayr (KNA)
Irme Stetter-Karp / © Dieter Mayr ( KNA )

Irme Stetter-Karp hat die Erklärung "Nostra aetate" als Wendepunkt für das jüdisch-christliche Verhältnis und den interreligiösen Dialog gewürdigt. In einer Mitteilung erklärte die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) am Montag: "Das war ein Highlight des Zweiten Vatikanischen Konzils - und ist es bis heute."

Feierliche Eröffnung des Zweiten Vatikanischen Konzils am 11. Oktober 1962 in der Peterskirche, die als Konzilsaula diente. / © Ernst Herb (KNA)
Feierliche Eröffnung des Zweiten Vatikanischen Konzils am 11. Oktober 1962 in der Peterskirche, die als Konzilsaula diente. / © Ernst Herb ( KNA )

Der 28. Oktober 1965 sei ein "denkwürdiger Tag", weil die Kirche damals erklärt habe, dass es in anderen Religionen "Wahres und Heiliges" gebe, so Stetter-Karp weiter. Der Titel der Erklärung lautet übersetzt "In unserer Zeit", sie wurde am 28. Oktober 1965 beim Zweiten Vatikanischen Konzil (1962 - 1965) verabschiedet.

Aufruf zu Dialog und Zusammenarbeit

Die Chefin des höchsten repräsentativen Gremiums des deutschen Laien-Katholizismus erklärte, über Jahrhunderte habe gegolten: "Außerhalb der Kirche kein Heil". Das habe das Konzil beendet. Dabei habe das Konzil zunächst lediglich nach der Schoah Ungeklärtes im Verhältnis zum Judentum aufarbeiten wollen. "Dann aber geriet Nostra aetate zu einem großen Wurf kritischer Selbstreflexion und entschiedener Umorientierung der Kirche", so die ZdK-Präsidentin. "Die Erklärung ruft nicht nur zu Dialog und Zusammenarbeit aller Religionen auf, sondern schwingt sich zu einer tiefen Würdigung der jüdischen und der muslimischen Geschwister im Glauben auf."

Der vor sechzig Jahren veröffentlichte Text mache noch heute Mut, "Veränderungen mutig anzugehen", sagte Stetter-Karp. Denn weit über 90 Prozent der Konzilsväter hätten der Erklärung zugestimmt. Dies zeige, dass sich in der Kirche "große Veränderungen auch dann einstellen, wenn die Zeit angeblich nicht reif dafür scheint, wenn starke Gegenkräfte sie zu verhindern suchen."

Wegbereiter für interreligiösen Dialog

"Nostra aetate leitete nach der jahrhundertelangen Herabsetzung und Verfolgung von Jüdinnen und Juden eine Ära des Respekts und der Wertschätzung des Judentums ein", sagte Dagmar Mensink für den Gesprächskreis "Juden und Christen" beim ZdK. Das habe die Türen für einen "Dialog auf Augenhöhe" geöffnet. Die Erklärung habe jede Form des Antisemitismus entschieden verurteilt: "Nostra aetate erklärte, dass jede Diskriminierung eines Menschen dem Geist Christi widerspricht. Das ist eine klare Botschaft auch für uns heute."

Auch im christlich-muslimischen Verhältnis markierte die Konzilserklärung einen Wendepunkt. "Der Text betonte erstmals viele Gemeinsamkeiten zwischen dem christlichen und muslimischen Glauben und geht auch davon aus, dass es derselbe Gott ist, an den wir uns wenden", sagten die Vorsitzenden des Gesprächskreises "Christen und Muslime", Anja Middelbeck-Varwick und Esnaf Begić. Das habe nicht nur in Deutschland vielfältige neue Dialogformen ermöglicht und den theologischen Austausch befördert.

Vor 60 Jahren begann mit "Nostra aetate" eine neue Epoche

Christen, Juden und Muslime in respektvollem Dialog - jahrhundertelang schien das undenkbar. Verfolgung, Kriege und gegenseitige Diffamierung prägten ihr Verhältnis von Anfang an. Vor 60 Jahren machte die katholische Kirche einen entscheidenden Schritt aus diesem Teufelskreis. Mit der Erklärung "Nostra aetate" (In unserer Zeit), die Papst Paul VI. am 28. Oktober 1965 kurz vor Ende des Zweiten Vatikanischen Konzils verkündete, reichte sie auch anderen Glaubensgemeinschaften die Hand.

Ahmad al-Tayyeb (l.), Großscheich der al-Azhar-Universität, und Papst Franziskus am 4. Februar 2019 während eines interreligiösen Treffens in Abu Dhabi (Vereinigte Arabische Emirate). / © Paul Haring  (KNA)
Ahmad al-Tayyeb (l.), Großscheich der al-Azhar-Universität, und Papst Franziskus am 4. Februar 2019 während eines interreligiösen Treffens in Abu Dhabi (Vereinigte Arabische Emirate). / © Paul Haring ( KNA )
Quelle:
KNA