Die katholische Kirche muss sich stärker in der Begleitung und Entschädigung von Missbrauchsbetroffenen engagieren. Das fordert die Päpstliche Anti-Missbrauch-Kommission in ihrem neuen Jahresbericht, der am Donnerstag im Vatikan veröffentlicht wurde.
Dazu zähle auch, bei Entlassung oder Rücktritt von Kirchenleuten aufgrund von sexuellem Missbrauch, Vertuschung oder Fahrlässigkeit, den Grund öffentlich zu nennen, so der Report. Zudem sollte eine Bitte um Entschuldigung für erfahrenes Unrecht nicht nur persönlich, sondern auch öffentlich erfolgen.
Insgesamt zeige sich in Teilen der Kirche Amerikas, Europas und Ozeaniens ein starkes Engagement für Wiedergutmachungsleistungen. In vielen Ländern Mittel- und Südamerikas, Afrikas und Asiens fehlten aber nach wie vor die angemessenen Ressourcen für die Begleitung Betroffener, stellt das Gremium in seinem zweiten Bericht dieser Art fest.
Papst Franziskus hatte seine Kinderschützer zur Überwachung und Dokumentation der angeordneten Aufarbeitungs- und Schutzmaßnahmen in der Kirche weltweit aufgefordert. Die nun veröffentlichte Untersuchung ist die erste im Pontifikat von Papst Leo XIV. und unter dem neuen Präsidenten der Kommission, Erzbischof Thibault Verny.
Lob für Entwicklungen in Deutschland und Österreich
Unter den positiven Entwicklungen führt das Gremium das deutsche Verfahren zur Wiedergutmachung und Entschädigung von Missbrauchsbetroffenen auf, an dem alle Bistümer sowie etwa 70 der rund 100 Ordensgemeinschaften teilnähmen. Dieses System umfasse sowohl die Anerkennung des Leids als auch finanzielle Leistungen. Der Bericht nannte dabei auch die Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA), die Anträge Betroffener entgegennimmt und die Leistungshöhe festlegt. Diese Leistungen seien auf die individuellen Bedürfnisse zugeschnitten und würden nicht pauschal verteilt.
In der österreichischen Ortskirche sei ein weiteres Engagement für stabile Schutzstrukturen zu beobachten, so die Kommission. Dort verfolge die Bischofskonferenz mit ihrem regelmäßigen Austausch über die bereits umgesetzten Präventionsmaßnahmen einen proaktiven Ansatz.
"Dieser systematische Bewertungsprozess unterstreicht das Engagement für kontinuierliche Verbesserung und Anpassung", so die Kommission. Ausdrücklich lobt die Kommission das Aufarbeitungsprojekt "Mut zum Hinsehen" der norditalienischen Diözese Bozen-Brixen als "wichtigen Schritt auf dem Weg zur Wiedergutmachung".
Als erstes und einziges Bistum Italiens hat Bozen-Brixen auch ein Missbrauchsgutachten erstellen lassen. Ansonsten gebe es in Italien erhebliche kulturelle Widerstände gegen die Bekämpfung von Missbrauch. Den Fragebogen der Kommission zu getroffenen Schutzmaßnahmen beantworteten lediglich 81 der 226 italienischen Bistümer.