Pfarrer Schießler mahnt nach Bombendrohung auf der "Wiesn" zur Ruhe

"Nicht einschüchtern lassen"

Besucher werden am Mittwoch nicht auf das Oktoberfest-Gelände gelassen. Zuvor gab es ein Feuer und Explosionen in einem Wohnhaus in München und eine Bombendrohung gegen die "Wiesn". Pfarrer Rainer Maria Schießler versucht zu beruhigen.

Lebkuchenherzen auf dem Oktoberfest / © katjen (shutterstock)
Lebkuchenherzen auf dem Oktoberfest / © katjen ( shutterstock )

Die Menschen sollten sich von der heutigen Schließung des weltberühmten Oktoberfestes in München wegen Bombendrohung nicht einschüchtern lassen. Das rät der Münchner Pfarrer und Ex-Wiesn's-Kellner Rainer Maria Schießler, wie er der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) auf Anfrage sagte. 

Es sei gut, dass die Behörden zu dieser Maßnahme gegriffen hätten, solange nicht geklärt sei, ob ein Zusammenhang mit der Explosion eines Wohnhauses im Norden der bayerischen Landeshauptstadt bestehe.

Überfüllung war Warnschuss

Erst schauen, ob es Querverbindungen gebe und dann "mit einer Armee von Sprengstoffhunden" auf dem Gelände nach einem möglichen Sprengsatz suchen, erklärte der Pfarrer. Danach aber sollten die Sicherheitskräfte am Eingang wirklich jedes "Tascherl" sichten. Dazu komme, dass die Ereignisse von vergangenem Samstag, als das Festgelände am späten Nachmittag wegen Überfüllung geschlossen werden musste, den Verantwortlichen noch in den Gliedern stecke. Das sei auch ein Schuss vor den Bug gewesen, so der Pfarrer.

Pfarrer Rainer Maria Schießler / © Dieter Mayr/KNA (KNA)
Pfarrer Rainer Maria Schießler / © Dieter Mayr/KNA ( KNA )

Schießler erzählte, dass er 2017 selbst die sogenannte Terror-Wiesn erlebt habe. Damals seien wegen internationaler Konflikte zur Halbzeit des Festes die Sicherheitsvorkehrungen noch einmal angezogen worden. "Eben weil man Befürchtungen hatte, dass was passieren könnte. Das Ergebnis war, dass viele dann daheim geblieben sind. Wir hatten bestes Wetter und leere Biergärten."

Improvisierter Zeltgottesdienst 2017

Damals sei auch eine der Bedienungen zu ihm gekommen und habe ihn gefragt, ob er denn keine Angst habe. Ihre Kinder hätten sie am Morgen am liebsten gar nicht zu ihrem Arbeitsplatz im Zelt gehen lassen. "Mir ist mulmig, was sollen wir tun?", habe sie wissen wollen. So sei die Idee entstanden, einen improvisierten Zeltgottesdienst auf der Empore zu machen, bei dem er mit all jenen, die mitmachten, gebetet, kleine Andachtsgegenstände wie Schutzengel gesegnet und "Großer Gott, wir loben dich" gesungen habe.

Ihm sei immer bewusst gewesen, dass er an einem exponierten Ort arbeite, sagte der Priester. Der Kollegin verriet er dann, dass er wie auch beim Motorradfahren auf der Wiesn immer sein "kleines Büchserl mit Krankenöl" dabei habe. "Wenn wirklich was passieren würde, wäre ich ausgerüstet, mit dem, was ein Priester braucht." Das heiße nicht, dass man den Teufel an die Wand male. Aber dass man wisse, es sei nicht alltäglich, was in einem Bierzelt abläuft, das zwischen 6.000 und 7.000 Leute fasse.

Nicht verstecken

Dennoch gelte: "Wir haben die Alternative, wir verstecken uns, bleiben im Bett, ziehen die Decke drüber, oder wir gehen hinaus und leben. Aber wenn wir leben, müssen wir alle möglichen Sicherheitsvorkehrungen treffen." Ob damit alles wirklich verhindert werden könne, stehe in den Sternen. Hundertprozentige Sicherheit gebe es nicht. Man sei aber in Gottes Hand.

Schießler nutzte zehn Jahre, wenn auch mit einer dreijährigen Unterbrechung, seinen Urlaub, um auf dem größten Volksfest der Welt als Bedienung zu arbeiten. Seine Erlebnisse schrieb er in dem 2022 veröffentlichten Buch "Wiesn-Glück" nieder.

Oktoberfest wird abgesucht

Das Münchner Oktoberfest wird nach einer Sprengstoffdrohung laut Polizeiangaben abgesucht. "In den zufahrtsbeschränkten Bereichen um das Festgelände finden derzeit Absuchmaßnahmen statt", teilte die Polizei auf X mit. Sie rief Wiesn-Mitarbeiter auf, das Festgelände zu verlassen. Ihnen wurde "ein zugewiesener Bereich zur Verfügung" gestellt. Weitere "Schutzmaßnahmen" sollten folgen. Die Polizei sprach von "einer unspezifischen Sprengstoffdrohung". 

München: Das Oktoberfestgelände ist nach einer Bombendrohung geschlossen / © Matthias Schrader/AP (dpa)
München: Das Oktoberfestgelände ist nach einer Bombendrohung geschlossen / © Matthias Schrader/AP ( dpa )

Zuvor hatte die Stadt mitgeteilt, dass das Oktoberfest wegen einer Sprengstoffdrohung bis mindestens 17.00 Uhr geschlossen bleibt. Es gebe einen Zusammenhang mit einer Explosion im Münchner Norden und "ein entsprechendes Schreiben des Täters".

Oberbürgermeister: Sicherheit geht vor

Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) schloss in einem Instagram-Post nicht aus, dass das Oktoberfest am Mittwoch ganztägig geschlossen bleibt. "Die Polizei wird alles tun, möglichst bis am Nachmittag um 17.00 Uhr die Wiesn komplett durchsucht zu haben, um damit Sicherheit zu gewähren. Wenn das nicht der Fall ist, werde ich mich wieder melden, dann wird die Wiesn heute gar nicht eröffnet", sagte Reiter auf der Plattform Instagram. "Tut mir leid, anders geht’s nicht, Sicherheit geht vor."

Rund um das Oktoberfestgelände blieben Besucher am Vormittag zunächst noch ratlos stehen. "Aufgrund einer Bombendrohung öffnet das Oktoberfest heute vorerst um 17.00 Uhr", hieß es dann über Lautsprecher. Die Menschen reagierten ruhig und ohne Panik und machten sich wieder auf den Heimweg. Die Warteschlangen an den Eingängen lösten sich auf. Die Stadt will am frühen Nachmittag über das weitere Vorgehen entscheiden. 

Explosionsartige Geräusche und Flammen

Am Morgen hatten ein Feuer und Explosionsgeräusche einen Großeinsatz ausgelöst. In einem Münchner Wohngebiet wurde ein völlig ausgebrannter Transporter gefunden - und ein Verletzter an einem nahen See, der kurz darauf starb.

Um 4.41 Uhr war ein Notruf eingegangen, Anwohner im Stadtteil Lerchenau im Norden der bayerischen Landeshauptstadt hörten explosionsartige Geräusche oder Schüsse und sahen die Flammen. 

Der Verletzte starb nach Polizeiangaben am Vormittag. Auf X schrieb die Polizei, dass die Person mit den Geschehnissen um das brennende Haus im Zusammenhang stehen könnte. In dem Haus, das nach ersten Erkenntnissen vorsätzlich in Brand gesteckt wurde, wurden den Angaben zufolge Sprengfallen gefunden. Spezialkräfte waren für die Entschärfung im Einsatz.

Eine weitere Person wurde den Angaben zufolge vermisst, von ihr gehe aber keine Gefahr aus. 

"Dann hat's gebrannt"

"Gegen circa fünf Uhr aufgewacht, weil es ein paar Mal gescheppert hat", sagte ein Anwohner. "Aufgestanden, nachgeschaut, und dann hat's gebrannt." Eine weitere Anwohnerin berichtete von einer Rauchwolke, der Brandgeruch war weithin wahrnehmbar. Noch Stunden später war der Rauch aus der Ferne zu sehen. "Es wird alles evakuiert, die ganze Straße", sagte eine Frau. Die Polizei sperrte den Bereich großräumig ab, der Verkehr staute sich. 

Einem "Bild"-Bericht zufolge soll ein Mann Sprengsätze in seinem Elternhaus gelegt und sich anschließend das Leben genommen haben, doch offiziell bestätigt war das zunächst nicht. Die Polizei schrieb am Morgen auf der Plattform X: "Nach aktuellem Kenntnisstand wurde das Wohngebäude im Rahmen eines Familienstreits vorsätzlich in Brand gesetzt."

Polizei prüft Zusammenhang mit Antifa

Die Polizei prüft eigenen Angaben zufolge auch einen Zusammenhang mit der Antifa. Auf der Website "indymedia.org" wurde am frühen Morgen ein Text gepostet mit dem Titel "Antifa heißt Angriff". Darin hieß es: "In den frühen Morgenstunden haben wir im Münchner Norden einige Luxuskarren abgefackelt und Hausbesuche abgestattet. Zudem ging für einen Fascho sein Morgenspaziergang nicht besonders gut aus." 

Der Polizei sei das bekannt und sie prüfe wie bei allen anderen Hinweisen auch hier einen Zusammenhang, teilte ein Polizeisprecher mit. 

Sperrzone um das brennende Gebäude

Schwer bewaffnete Einsatzkräfte waren in dem normalerweise sehr ruhigen Viertel am Rande Münchens unterwegs. Die Polizei ordnete einen Evakuierungsradius von 200 Metern rund um das brennende Gebäude an, der von den Anwohnern geräumt werden sollte. Auch eine Mittelschule wurde gesperrt. Die Feuerwehr war nach Angaben eines Sprechers mit etwa 100 Mann vor Ort. 

Der Tote wurde am Lerchenauer See gefunden, im Herbst ein beliebtes Ziel für Spaziergänger. Der See ist zu Fuß gut 10 bis 15 Minuten von dem brennenden Haus entfernt. Die Art seiner Verletzungen war zunächst ungewiss.

Quelle:
dpa , KNA