"Es hat uns viele schlaflose Nächte gekostet - und nicht nur Nächte", sagt Vitali Liberov lachend. Doch jetzt ist es so weit: Endlich stehen die ersten Dosen mit koscheren Nürnberger Lebkuchen in seinem jüdischen Laden "Brauch" unweit des Nürnberger Hauptmarktes - zwischen siebenarmigen Leuchtern, anderen koscheren Lebensmitteln, Geschenkartikeln und weiteren religiösen Gegenständen.
Koscher bedeutet: Die Lebkuchen wurden nach den Speisegesetzen des Judentums hergestellt. Die besagen zum Beispiel, dass Milch und Fleisch nicht zusammen produziert und verzehrt werden dürfen. Manche Tiere, etwa Schweine, sind für Juden völlig tabu. Die Produktionsmittel müssen außerdem rituell gereinigt werden und dürfen nicht in Kontakt mit nicht-koscheren Produkten kommen.
In diesem Fall ist es aber kein Problem, die Lebkuchen etwa als Nachtisch nach einem Steak zu essen. Denn sie sind nicht nur koscher, sondern auch vegan - und können damit in Verbindung mit allem anderen verzehrt werden. "Die Inhaltsstoffe werden von orthodoxen Rabbinern geprüft", erklärt Jo-Achim Hamburger, Vorsitzender der Israelitischen Kultusgemeinde Nürnberg. Die war an der Entwicklung des Produkts ebenso beteiligt wie der Städtepartnerschaftsverein Nürnberg-Hadera - letztere ist eine Stadt in Israel. Die Nürnberger Firma Lebkuchen-Schmidt stellt das Gebäck her. Bio-zertifiziert sind diese zusätzlich.
Idee kam schon 2019 auf
Die Erstauflage ist auf 1.000 Dosen begrenzt. Denn die Herstellung ist aufwendig. Nicht nur wegen der Prüfung jeder einzelnen Zutat durch die Rabbiner. Um einen zufälligen Kontakt mit den normalen Lebkuchen zu vermeiden, wurde die koschere Variante nachts gebacken, während die sonstige Produktion stillsteht. Ein Aufwand, der sich nicht mal eben wiederholen lässt.
Die Idee ist schon so alt wie der Städtepartnerschaftsverein, sechs Jahre. Doch die Corona-Pandemie und der Nahostkonflikt verzögerten das Projekt. Vitali Liberov ist trotzdem davon überzeugt, dass es dafür auch jetzt noch nicht zu spät ist. In diesen Zeiten, so sagt er, sei es wichtig, Brücken zu bauen, Nürnberg und seine jüdische Geschichte zusammenzubringen und entsprechende Produkte herzustellen. Der Tag der Vorstellung fällt zufällig mit dem Beginn des jüdischen Neujahrsfestes zusammen.
Dose mit jüdischen Motiven
Verpackt ist der Lebkuchen in einer Dose, die die mittelalterliche Synagoge auf dem Nürnberger Hauptmarkt zeigt, die heute nicht mehr existiert. Die Bilder seien eigens von einer Grafikerin angefertigt worden, erklärt Diana Liberova vom Städtepartnerschaftsverein - auf Basis von Zeichnungen der Synagoge. Die Nürnberger Kaiserburg, die ebenfalls auf der Dose zu sehen ist, habe damals noch nicht in dieser Form existiert. Man wolle aber einen Bezug zu einem Wahrzeichen Nürnbergs schaffen.
Auf dem Deckel prangt eine Chanukkia - ein neunarmiger Leuchter, der am gleichnamigen jüdischen Fest verwendet wird. Dieses findet im jüdischen Kalender oft zur etwa gleichen Zeit wie Weihnachten statt, erklärt Liberova - dem Fest, mit dem wohl die meisten Menschen den Lebkuchen verbinden. Auch, wenn er in Nürnberg das ganze Jahr über erhältlich ist. Mit der Chanukkia habe man so eine Brücke in die gleiche Jahreszeit schlagen wollen, sagt Liberova - und der Tatsache Rechnung tragen, dass Menschen unterschiedlicher Religionen dann gleichzeitig ihre Feste feiern.
Vielleicht gibt es weitere Chargen
Und wie schmeckt der koschere Klassiker nun? Ganz eindeutig nach Nürnberger Lebkuchen - wie sich nur jene nennen dürfen, die auf dem Gebiet der Stadt hergestellt wurden: Nach Nüssen, Zimt und anderen Gewürzen, und natürlich nach der Schokoglasur. Der Partnerschaftsverein würde das Gebäck irgendwann gern auch auf dem Wintermarkt in Hadera anbieten. Doch man müsse abwarten, wie das Gebäck angenommen werde, sagt Vitali Liberov.
Er sei aber optimistisch, dass in Zukunft noch mehr koschere Nürnberger Lebkuchen produziert würden. Koschere Lebensmittel seien nun einmal Teil einer jüdischen Infrastruktur. Damit wolle man potenzielle Nachahmer motivieren. Auch Liberova hofft darauf. Und Gerd Schmelzer, Geschäftsführer von Lebkuchen-Schmidt, ebenfalls. Er sagt: "Das ist jetzt der Anfang."