DOMRADIO.DE: Welche religiösen Bezüge sehen sie bei Computerspielen?
Samuel Dörr (Evangelischer Pfarrer in Bensberg): Für mich sind Videospiele ein Kulturgut wie Bücher oder Filme. Ich finde, Videospiele greifen eine bunte Palette von Themen auf. Es gibt verschiedene Arten wie Strategie-, Survival- oder Simulationsspiele.
Die Liste ist gefühlt endlos und auch die Dinge, die thematisiert werden in Videospielen, sind unterschiedlich. In vielen Spielen kommen religiöse Elemente vor. Das fängt bei der Darstellung von Kirchen, Tempeln und Schreinen an. Aber es werden zum Beispiel auch Beerdigungszeremonien gezeigt und nachgespielt.
Sogar das Leben von Jesus kann man nachempfinden, zum Beispiel im Spiel "I Am Jesus Christ".
DOMRADIO.DE: Haben Sie noch ein Beispiel, in dem Spieleentwickler Lebenswirklichkeiten einbeziehen?
Dörr: Im Spiel "World of Warcraft" zum Beispiel gibt es eine Nebenquest, die sich mit dem Thema Demenz und Abschied beschäftigt. Ich finde es unglaublich stark, dass dieses Thema in einem Spiel wie World of Warcraft aufgegriffen wird. (Anmerkung der Redaktion: Eine Nebenquest ist eine zusätzliche Aufgabe in einem Videospiel, die nicht direkt mit der Hauptgeschichte zusammenhängt.)
DOMRADIO.DE: Auf der Gamescom wird eine sogenannte Göttersimulation mit dem Titel "Fata Deum" vorgestellt. Wie können wir uns die vorstellen?
Dörr: Das ist eine Göttersimulation. Das heißt, man spielt eine Gottheit. Man tut Wunder, man wird schöpferisch tätig, versucht Anhänger zu sammeln und sein Volk oder seine Anhänger anzuführen. Man begleitet sie ein Stück weit, aus der Rolle eines Gottes heraus. Ich bin selber sehr gespannt auf das Spiel. Ich werde es auf jeden Fall zocken, wenn es draußen ist.
DOMRADIO.DE: Wie nutzen Sie Computerspiele bei der Jugendarbeit?
Dörr: Wir veranstalten zum Beispiel zweimal im Jahr eine Games Night für Jugendliche. Dabei stehen die Gemeinschaft und das gemeinsame Spielen im Vordergrund. 100 Jugendliche nehmen daran regelmäßig teil. Es gibt immer auch eine kurze Andacht, die ein Thema aus der Welt der Videospiele aufgreift. Zum Beispiel das Thema "zweite Chancen".
In Videospielen kann man zum Beispiel jederzeit speichern, laden und nochmal neu starten, nochmal was anderes ausprobieren. Dann kann man fragen: Wie ist das im eigenen Leben? Wünschen wir uns nicht auch immer mal wieder, nochmal etwas neu machen zu können? Was würden wir uns für einen Neustart wünschen? Und wie kann Gott vielleicht dabei helfen? Das sind die Fragen oder die Richtungen, in die das so gehen könnte.
DOMRADIO.DE: Wenn Sie auf Ihrem YouTube-Kanal beim Spielen sozusagen über die Schulter gucken lassen, haben Sie dann auch ein pastorales Anliegen?
Dörr: Der YouTube-Kanal "PastorPlays" ist für mich aktuell eher ein Hobby. Es geht darum, auf christliche und religiöse Elemente in Videospielen hinzuweisen und diese Vielfalt aufzuzeigen. Es geht aber auch darum, Angebote wie Minecraft-Gottesdienste zu bewerben, selber zu spielen und die Community daran teilhaben zu lassen. Generell ist das Anliegen auch, Spiele aus der Sicht eines Pfarrers zu zocken.
DOMRADIO.DE: Was erreichen Sie bei den Jugendlichen mit Ihren Videospielangeboten? Wie reagieren die?
Dörr: Ich freue mich immer besonders, wenn Jugendliche davon begeistert sind, dass sie in der Kirche zocken können. Das erwarten die erst mal nicht. Ich finde, Videospiele sind ein Stück weit Lebenswelt von vielen Jugendlichen und von daher sollten wir da als Kirche präsent und offen für sein. Ich freue mich, wenn das wertgeschätzt und als etwas Besonderes wahrgenommen wird.
Das Interview führte Hilde Regeniter.