Welthungerhilfe kritisiert zunehmende Angriffe auf humanitäre Helfer

"Die Mörder kommen ungeschoren davon"

Angriffe auf humanitäre Helfer nehmen laut dem Generalsekretär der Welthungerhilfe in Kriegen weltweit zu. "Wir erleben eine massive Verrohung von Konflikten", sagte er anlässlich des Welttags der humanitären Hilfe am Dienstag.

Türkei, 2023: Lebensmittelverteilung in Islahiye nach einem Erdbeben / © Stefanie Glinski (Welthungerhilfe)
Türkei, 2023: Lebensmittelverteilung in Islahiye nach einem Erdbeben / © Stefanie Glinski ( Welthungerhilfe )

Dabei spiele das humanitäre Völkerrecht für Konfliktparteien häufig "überhaupt keine Rolle mehr", kritisierte  Generalsekretär Mathias Mogge.

Mathias Mogge, Generalsekretär der Welthungerhilfe / © Joachim Heinz (KNA)
Mathias Mogge, Generalsekretär der Welthungerhilfe / © Joachim Heinz ( KNA )

"Vielen militärischen Akteuren und kämpfenden Parteien ist scheinbar auch völlig unklar, dass es diese internationale Vereinbarung gibt und die Staaten sich eigentlich dazu bekannt haben."

Der Welttag der humanitären Hilfe wird jedes Jahr am 19. August begangen, um die Arbeit von Helferinnen und Helfern in Krisen und Konflikten zu würdigen. Er wurde 2008 von der UN-Generalversammlung ins Leben gerufen.

Vergangenes Jahr mindestens 383 Tote

Daten zu Angriffen auf Helferinnen und Helfer zeigten über die vergangenen Jahre einen deutlichen Anstieg, sagte Mogge. Während 2011 noch 152 entsprechende Vorfälle dokumentiert worden seien, liege die Zahl für 2024 bei knapp 600. Auch tödliche Attacken auf Mitarbeitende von Hilfsorganisationen nähmen zu. 

So seien vergangenes Jahr mindestens 383 Helferinnen und Helfer getötet worden, im Vergleich zu 86 Toten im Jahr 2011. "Aber auch Entführungen haben deutlich zugenommen", sagte der Welthungerhilfe-Generalsekretär. Mitarbeitende der Welthungerhilfe sowie von lokalen Partnerorganisationen seien ebenfalls von Angriffen bedroht, sagte Mogge und verwies unter anderem auf den Krieg im Sudan:

Helferinnen und Helfer verzichten auf eindeutige Kennzeichen

"Organisationen, mit denen wir sehr eng zusammenarbeiten, mussten immer wieder beklagen, dass Helfer getötet wurden." Vor allem im Westen des afrikanischen Landes verzichteten Helferinnen und Helfer inzwischen auf eindeutige Kennzeichen, um nicht zum Angriffsziel zu werden. 

"Das ist schon ein großer Unterschied zu früher, wo wir ganz im Gegenteil mit großen Fahnen durch die Gegend gefahren sind, um deutlich zu machen: Hier handelt es sich um eine Hilfsorganisation", sagte Mogge. "Heute interessiert das keinen mehr, man wird trotzdem angegriffen."

Eine der Ursachen für die Zunahme der Attacken sei eine weit verbreitete Straflosigkeit. "Die Mörder kommen ungeschoren davon", kritisierte der Welthungerhilfe-Generalsekretär: "Sie werden nicht belangt, sie werden nicht verfolgt, sie werden vor kein Tribunal gestellt und häufig bleiben auch Sanktionen der internationalen Gemeinschaft aus." 

Gerade vor diesem Hintergrund sei insbesondere die weitere Unterstützung des Internationalen Strafgerichtshofs durch die Bundesregierung von großer Bedeutung.

Gefährlichste Länder für humanitäre Helfer 2025

Humanitäre Helfer in aller Welt sind in diesem Jahr offenbar besonders bedroht. 

Aktuell wurden bereits 265 Helfende im Einsatz getötet, wie aus den Daten der Aid Worker Security Database hervorgeht. Dieser Wert liegt bereits im August 2025 auf dem Durchschnittswert der vergangenen drei Jahre und könnte auch noch den Rekordwert aus dem Vorjahr einstellen (2024: 383 getötete Helfer). Bislang seien 245 Angriffe auf humanitäre Helfer erfasst (2024: 599). Dazu zählen neben Tötungen auch Entführungen, Festnahmen sowie Angriffe, die zu ernsthaften Verletzungen führten.

Das Freiwilligenteam der Caritas Libanon verteilt Lebensmittel an Menschen, die in der Gegend des Märtyrerplatzes leben und aufgrund der Bombenangriffe in der Stadt obdachlos geworden sind, am 4. Oktober 2024 in Beirut (Libanon). / © Francesca Volpi (KNA)
Das Freiwilligenteam der Caritas Libanon verteilt Lebensmittel an Menschen, die in der Gegend des Märtyrerplatzes leben und aufgrund der Bombenangriffe in der Stadt obdachlos geworden sind, am 4. Oktober 2024 in Beirut (Libanon). / © Francesca Volpi ( KNA )
Quelle:
epd