DOMRADIO.DE: Sie waren damals zuständig für die Organisation eines internationalen Mega-Events. Wie aufgeregt und gestresst waren Sie im Vorfeld?
Msgr. Georg Austen (Mitglied des Dikasteriums für Evangelisierung und Generalsekretär des Bonifatiuswerks der deutschen Katholiken, 2005 war er Generalsekretär des WJT): Die Vorbereitung des Weltjugendtags ging über Jahre. Der fällt nicht vom Himmel und ich war auch Gott sei Dank nicht allein, sondern im Team.
Tausende freiwillige und hauptberufliche Mitarbeitende nicht nur in Köln, sondern in ganz Deutschland haben dafür gesorgt, dass dieses Ereignis hier stattfinden konnte.
DOMRADIO.DE: Welche Bilder sind Ihnen von dem Geschehen von der Stimmung am stärksten in Erinnerung geblieben?
Austen: Wenn ich an den Weltjugendtag denke, denke ich an fröhliche, friedvolle Begegnungen von Menschen, die auch fromm sein durften. Ich denke an Menschen in Köln und in der gesamten Region, die eine Atmosphäre ausgestrahlt haben, die über die Kirche hinausging.
Es war eine Zeit mit sehr vielen positiven internationalen Begegnungen, mit Gottesdiensten, mit Katechesen, dem Jugendfestival und im kulturellen Bereich. Das war ein Ausnahmezustand, der viele Menschen beeindruckt hat und auch in die Medien ausstrahlte.
Aber vor allem war er für die jungen Menschen vor Ort prägend. Er hat wesentlich länger gewirkt, als er gedauert hat. Das ist nicht nur romantisierend dargestellt, obwohl man das beim 20. Jubiläum auch sein darf.
DOMRADIO.DE: Es gab auch ein Vorprogramm, die "Tage der Begegnung". Das ist eine feste Tradition, bei der es einen Austausch zwischen den Jugendlichen und den lokalen Gemeinden vor Ort in Deutschland gibt. Warum war das für Sie besonders?
Austen: Zum einen war ich in der Vorbereitung stark mit eingebunden. Am Anfang war es erst ein Steinbruch, überall dafür zu werben. Aber die Gastfreundschaft in Deutschland war großartig.
Der Weg des Weltjugendtagskreuzes als geistliche Vorbereitungen durch Europa aber auch durch Deutschland war ein Ereignis, das alle geprägt hat als Weg der Versöhnung. Das Weltjugendtagskreuz war an unterschiedlichen Orten in Deutschland, auf der Zugspitze, in Einkaufszentren, auf Pilgerwegen und am Ende auf dem Marienfeld.
Eine Besonderheit bei den Tagen der Begegnung ist der "Tag des Engagements" gewesen, der erstmals stattgefunden hat. Papst Johannes Paul II. hatte, als er den Weltjugendtag gegründet hat, dazu aufgerufen, dass junge Menschen Baumeister einer Zivilisation der Liebe und der Gerechtigkeit sein sollten.
Wir wollten zeigen, dass der Weltjugendtag nicht nur Liturgie, Feier, Gebet, Katechese und schon gar nicht nur Event-Happening ist, sondern die Einübung in ein konkretes Miteinander.
Internationale Gäste haben an einem Tag gemeinsam ein soziales Projekt durchgeführt. Damit hat man gezeigt, dass wir davon leben, dass wir mit anpacken, dass Glaube Hand und Fuß bekommt. Deswegen haben wir vor Ort soziale Aktionen durchgeführt.
Das war etwas sehr Besonderes. Davon haben auch viele gelebt und auch vieles mitgenommen. Manche dieser Verbindungen dauern bis heute an, gerade auch in den deutschen Diözesen.
DOMRADIO.DE: Josef Ratzinger war damals frisch gewählter Papst. Seine erste Auslandsreise hat er in seine deutsche Heimat gemacht. Wie besonders waren die Begegnungen mit ihm?
Austen: Es war spannend. Wir haben uns gefragt, ob ein Papst kommen kann, nachdem Johannes Paul II. gestorben war. Dann sagte uns Papst Benedikt in Rom, dass er nach Köln komme. Das ist sehr besonders.
Ich erinnere mich, als wir auf einem Schiff in Köln einfuhren. Er war noch etwas zurückhaltend, die Leute zu grüßen. Die standen teilweise auch im Rhein und auf den Aufnahmen sieht man, wie er auf junge Menschen wirkte. Er gab ihnen eine Botschaft mit, auch im kleinen Rahmen. Als er Gottesdienst feierte sagte er: "Es geht nicht um mich, sondern es geht um Jesus Christus, ihm zu begegnen."
Das ist, glaube ich, auch heute wichtig, wenn man nicht nur romantisierend zurückschaut. Die Frage ist, wie junge Menschen auch heute mit allen Defiziten in der Kirche den christlichen Glauben und die Inhalte kennenlernen können. Bei großen Glaubensfesten können sie eine Begeisterung erleben, die im Alltag weitergeführt werden kann.
Es geht darum, dass wir viel mehr erleben können, wenn wir als Weltkirche miteinander arbeiten und nicht nebeneinander her. Unser Netzwerk ist viel stärker, als wir denken! Das sollten wir in den Blick nehmen.
Ich bin ich sehr optimistisch, dass junge Menschen vom Glauben geprägt werden und auch erleben können, was der Glaube für ihr Leben bedeutet.
DOMRADIO.DE: Das heißt auf den Punkt, was bleibt von so einer Großveranstaltung 20 Jahre später außer Nostalgie?
Austen: Ich kann es nicht im Großen festmachen, aber ich glaube, dass der Weltjugendtag positiv geprägt hat, auch über die Kirche hinaus. So erlebe ich es immer wieder, wenn ich Menschen begegne, die den Weltjugendtag mitgefeiert haben.
Außerdem gab nicht nur viele Begegnungen, sondern auch viele Verbindungen in die Weltkirche hinein. Zu erleben, dass wir gemeinsam zusammengehören, einen Auftrag in der Welt haben und dass der Glaube sowie die Inhalte des Glaubens für unser heutiges Leben etwas zu sagen haben, das kann ich feiern. Ich kann in einer friedlichen Art und Weise international nicht nur mitwirken, sondern muss die Welt im Blick haben, wie sie aus christlichem Geist gestaltet werden kann.
Das Interview führte Elena Hong.