Streit um Cranach-Triegel-Altar im Naumburger Dom geht weiter

An welchem Platz soll er stehen?

Wer bestimmt über den Altarplatz im Weltkulturerbe? Kirche und Denkmalschützer streiten weiter über den Cranach-Triegel-Altar im Naumburger Dom. Die Diskussion um den Unesco-Weltkulturerbe-Status bleibt offen.

Naumburger Dom / © tilialucida (shutterstock)

Im Streit um die Aufstellung des Cranach-Triegel-Altars im Naumburger Dom stehen sich Kirche und Denkmalschützer weiter unversöhnt gegenüber. 

Der Kirchenamtspräsident der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM), Jan Lemke, erklärte am Mittwoch in Erfurt: "Wir stehen uneingeschränkt hinter der Evangelischen Kirchengemeinde Naumburg, die sich gegen die Verlagerung des Cranach-Triegel-Altars aus dem Westchor des Naumburger Doms stellt." Es gelte das Selbstbestimmungsrecht der Kirche im sakralen Raum, wonach die liturgische Ordnung und Gestaltung des Raumes einzig der Kirchengemeinde zustehe.

Cranach-Triegel-Altar  / © Falko Matte (KNA)
Cranach-Triegel-Altar / © Falko Matte ( KNA )

Im Juli hatte Sachsen-Anhalts Staatskanzlei ein Urteil der Unesco veröffentlicht, wonach der 2022 wiederaufgestellte Altar zwar im Dom verbleiben könne, aber an einem anderen Standort aufgestellt werden müsse. Die Vereinigten Domstifter sowie die Vertreter der Landesdenkmalpflege befürworteten daraufhin den Kompromiss und eine künftige Aufstellung im Querhaus des Doms.

Altes Kunstwerk - neu ergänzt

In dem denkmalrechtlichen Streit geht es um einen von Lucas Cranach dem Älteren 1520 vollendeten Altaraufsatz, der damals im Westchor des Domes aufgestellt und dessen Mittelteil 1541 im Zuge der Reformation zerstört wurde. Im Auftrag der Vereinigten Domstifter ergänzte der Leipziger Maler Michael Triegel den Mittelteil im Stil des 16. Jahrhunderts. Anschließend wurde der Altar im Juli 2022 wieder im Westchor platziert.

Der Internationale Rat für Denkmalpflege (Icomos), der die Unesco berät, forderte jedoch einen anderen Standort im Dom. Die deutsche Icomos-Sektion fand durch den Altar die Sichtachsen auf die zwölf Stifterfiguren des Doms beeinträchtigt und sah deswegen den Weltkulturerbe-Status als gefährdet an.

Sichtachsen-Argument zählt nicht

Laut Landeskirche und Naumburger Kirchengemeinde wäre die Versetzung des Altars nicht nur ein funktionaler Eingriff, sondern eine "Missachtung der geistlichen Bedeutung des Altars". Die Ansicht, dass die Sichtachse zu den Stifterfiguren im Westchor gestört sei, teilen sie nicht: "Im Gegenteil. Eine genaue Analyse der Blickrichtungen zeigt: Diese Figuren richten ihre Blicke gerade auf das liturgische Zentrum, den Altar." 

Zudem gelte die Wiedererrichtung an der traditionellen Stelle eines seinerzeit durch Bilderstürmerei zerstörten Altars auch als bewusstes Zeichen der Versöhnung mit der Geschichte. Dies sei "eine geistliche Heilung, die das einst Zerstörte nicht verdrängt, sondern würdig neu deutet".

Quelle:
KNA