Der Paderborner katholische Moraltheologe Peter Schallenberg hat die geltende deutsche Rechtslage bei Abtreibungen verteidigt.
Es sei nicht nur katholische Lehre, sondern auch die zentrale Aussage des Grundgesetzes, dass "jede direkte Tötung eines unschuldigen Menschen immer und überall unerlaubt" sei, schreibt der Inhaber des Lehrstuhls für Moraltheologie und Ethik an der Theologischen Fakultät Paderborn in einem Beitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (Donnerstag). Der Lebensschutz gelte ohne jede Bedingung, auch ohne die Zustimmung der schwangeren Mutter.
Die geltende Rechtslage, nach der ein Schwangerschaftsabbruch grundsätzlich rechtswidrig, aber unter bestimmten Voraussetzungen straffrei bleibt, sei ein Kompromiss, betont Schallenberg. "Die bisherige Rechtsprechung relativiert nicht die Menschenwürde des ungeborenen Menschen gegenüber der Mutter, sondern verzichtet lediglich auf die Strafverfolgung im Fall der Rechtswidrigkeit - ein ungewöhnlicher, aber nicht undenkbarer Vorgang." Das Strafrecht sehe sich außerstande, eine rechtswidrige Tat zu ahnden. "Daraus lässt sich aber keine Abstufung des Lebensrechtes oder eine Relativierung der Menschenwürde ableiten."
Keine katholische Sondermoral
Schallenberg wandte sich gegen Vorwürfe, der strikte Lebensschutz sei eine katholische Sondermoral. "Das alles ist nicht zuerst christlich (und schon gar nicht katholisches Exoticum wie eine Fronleichnamsprozession) und erst recht nicht 'rechts' im Unterschied zu 'links'." Es handele sich um eine Grundüberzeugung des Grundgesetzes, die sich auch aus der Philosophie Kants und dessen Definition von Menschenwürde herleite. "Jeder Mensch hat das unbedingte Recht auf Überleben, am frühesten Anfang des Lebens als soeben befruchtete Eizelle, als Embryo und als menschliche Person.
Und am spätestmöglichen Ende des Lebens, möglicherweise dement und inkontinent und schwerst pflegebedürftig: aber vollkommen unbezweifelbar als liebenswürdige Person."
Hintergrund der Äußerungen Schallenbergs ist die Debatte um die gescheiterte Wahl der Rechtswissenschaftlerin Frauke Brosius-Gersdorf zur Bundesverfassungsrichterin. Die Wahl kam nicht zustande, nachdem in der Unionsfraktion Vorbehalte gegen die von der SPD vorgeschlagene Juristin laut geworden waren.
Im Zentrum der Kritik steht Brosius-Gersdorfs Position zum Schwangerschaftsabbruch. Kritisiert wird vor allem ein Satz der Verfassungsrechtlerin in einem Kommissionsbericht, in dem es heißt: "Es gibt gute Gründe dafür, dass die Menschenwürdegarantie erst ab Geburt gilt."