Immer weniger Menschen studieren katholische Theologie

Kleines Fach, was nun?

Es sind fast 10.000 Studierende weniger als vor zehn Jahren. Das Studium der katholischen Theologie hat für viele offenbar an Attraktivität verloren. Für die Kirche verschärfen sich dadurch die Personalprobleme.

Autor/in:
Annika Schmitz
Studierende in einem Hörsaal / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Studierende in einem Hörsaal / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )

Ein Theologiestudium befähigt längst nicht mehr nur für die Arbeit im kirchlichen Dienst: Viele Theologinnen und Theologen arbeiten inzwischen in Publizistik, Politik und Personalführung, in der Wirtschaftsberatung und im Weiterbildungssektor. Für die akademische Theologie ist das erst einmal eine gute Nachricht: Offenbar kann sie ihrem wissenschaftlichen und gesellschaftsrelevanten Anspruch gerecht werden.

Aber ist es auch eine gute Nachricht für die katholische Kirche? Die ist schließlich für die pastoralen Berufe sowie für Religionslehrerstellen auf die Absolventen des Theologiestudiums angewiesen. Aber längst nicht nur dort: Auch in kirchlichen Verwaltungen und Einrichtungen kommen Theologinnen und Theologen mit ihrer Expertise zum Einsatz. Doch die Studierendenzahlen sind in den vergangenen Jahren rapide zurückgegangen. Eine Umkehr des Trends ist derzeit nicht zu erwarten.

Fast 10.000 weniger als vor 10 Jahren

Laut aktuellen Daten der Deutschen Bischofskonferenz gibt es bundesweit 11 katholisch-theologische Fakultäten an staatlichen Universitäten, 34 katholisch-theologische Institute, 5 diözesane theologische Fakultäten, 3 Ordenshochschulen, eine katholische Universität, 5 katholische (Fach-)Hochschulen und 2 kirchliche Hochschulen für Kirchenmusik. Im Wintersemester 2023/24 studierten an diesen Einrichtungen 12.740 Menschen katholische Theologie. Das sind knapp 1.600 Studierende weniger als im Jahr zuvor und fast 10.000 weniger als vor zehn Jahren.

Immer weniger Studierende entscheiden sich für Theologie / © Rolf Vennenbernd (dpa)
Immer weniger Studierende entscheiden sich für Theologie / © Rolf Vennenbernd ( dpa )

Für die Kirche als Arbeitgeber bringt das gleich mehrere Probleme mit sich. Denn während die Studierendenzahlen dramatisch sinken, ist zugleich der Zeitpunkt erreicht, an dem die geburtenstarke Jahrgänge in Rente gehen. Signifikant zeigt sich das bei den Priestern: Die Anzahl der Welt- und Ordenspriester lag 2023 bundesweit bei 11.702. Das sind fast 3.500 Geistliche weniger als 2010.

Neue Jobs für Laien-Theologen

Ein Blick lohnt auch auf die anderen Seelsorgeberufe. 2024 ist die Zahl der Pastoralreferentinnen und Pastoralreferenten in Deutschland laut Bischofskonferenz erstmals seit 20 Jahren auf unter 3.000 gefallen. Bis 2018 waren die Zahlen kontinuierlich gestiegen; nun zeichnet sich ein Rückgang ab. Auch die Anzahl der Gemeindeassistenten ist im vergangenen Jahr nach rund 25 Jahren erstmals wieder auf unter 4.000 gesunken.

Die deutschen Bistümer stecken derzeit mitten in tiefgreifenden Umstrukturierungen. Sie müssen auf den Rückgang von Mitgliedern, Kirchensteuereinnahmen und auch die angespannte Personalsituation reagieren. Vielerorts werden Laien - zu denen auch alle studierten Theologen ohne Weihe gehören - in den Pfarreistrukturen mehr Verantwortung und neu geschaffene Leitungspositionen übernehmen können und müssen. Das mag auf den ersten Blick als positive Entwicklung wahrgenommen werden, gestaltet sich in der Umsetzung jedoch schwierig. Aus Kirchenkreisen lässt sich vernehmen, dass von qualifizierten Theologinnen und Theologen zu besetzende Positionen keine Selbstläufer sind.

Im Abwärtstrend der Geisteswissenschaften

Unter Druck stehen aber auch die akademischen Einrichtungen, die ein Theologiestudium anbieten. Die Geisteswissenschaften in Deutschland sind generell von einem Abwärtstrend betroffen. Laut Statistischem Bundesamt fangen heute gut 20 Prozent weniger ein solches Studium an als noch vor 20 Jahren. Zudem sorgt die Förderpolitik der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für Unmut. So beklagten zuletzt der Philosophische sowie der evangelische und katholische theologische Fakultätentag, dass die Förderung gesellschaftsrelevanter Forschungsprojekte mit Schwerpunkt Religion und Religiosität deutlich unterrepräsentiert sei.

Symbolbild: Studierende im Hörsaal / © Matej Kastelic (shutterstock)
Symbolbild: Studierende im Hörsaal / © Matej Kastelic ( shutterstock )

Noch sind besonders die theologischen Fakultäten, nicht zuletzt aufgrund römischer Vorgaben und der Konkordate, mit verhältnismäßig vielen Lehrstühlen ausgestattet. Laut Bischofskonferenz gibt es derzeit rund 350 Professorinnen und Professoren. Es wird in den nächsten Jahren genau zu beobachten sein, ob all diese Lehrstühle bei den vielerorts anstehenden Neubesetzungen beibehalten werden.

Schließlich stehen die Einrichtungen nicht nur aufgrund weniger Studierenden und finanziellen Ressourcen unter Rechtfertigungsdruck.

Verschärfend wirkt sich ein eklatantes Nachwuchsproblem aus. So kommt etwa auf jede freie Professur nur noch eine habilitierte Person. Das Verfahren zur kirchlichen Lehrerlaubnis, das sogenannte "Nihil Obstat", und die damit zusammenhängende Intransparenz steigern nicht die Attraktivität des Berufsfeldes.

Förderprogramm "Kirche im Mentoring. Frauen steigen auf"

Für Diskussionen sorgt darüber hinaus immer wieder der Umstand, dass Frauen im Theologie-Grundstudium zwar noch die Mehrheit der Studierenden ausmachen, ihr Anteil in den höheren Qualifikationsstufen jedoch rapide abnimmt und seinen Tiefpunkt im Professorium erreicht. Auch in der Kirche wird - je nach Bistum in unterschiedlicher Intensität - um Frauen in Führungspositionen gerungen. Am vom Hildegardis-Verein angebotenen Förderprogramm "Kirche im Mentoring. Frauen steigen auf" nehmen neben kirchlichen Hilfswerken und Caritas 20 der 27 Bistümer teil.

Insgesamt sind die Antwortversuche auf die Herausforderungen vielfältig. Viele akademisch-theologische Einrichtungen bieten mittlerweile Studiengänge an, die theologische Fragen interdisziplinär in Zusammenarbeit mit anderen Fakultäten und Instituten verknüpfen. 

Im vergangenen Herbst hat sich die Bischofskonferenz mit zwei Erklärungen zur Verortung der Theologie in der Gesellschaft und in der akademischen Landschaft zu Wort gemeldet. Der Fakultätentag begrüßte beide Stellungnahmen. Ob die Selbstvergewisserungsprozesse auch für Stabilität bei den Studierendenzahlen sorgen werden, bleibt abzuwarten.

Katholische Theologie in Deutschland

Die Theologie gehört zu den ältesten Disziplinen an den Universitäten. In Deutschland gibt es 19 Katholisch-Theologische Fakultäten und Hochschulen, an denen – neben Lehramts- und anderen Studiengängen – das fünfjährige Theologische Vollstudium (meist mit Abschluss Magister Theologie) absolviert werden kann.

Alte Bücher auf der Buchmesse / © Joachim Heinz (KNA)
Alte Bücher auf der Buchmesse / © Joachim Heinz ( KNA )
Quelle:
KNA