Die Bischöfe in der Ukraine haben ein neues Interesse am christlichen Glauben im Land festgestellt. Der römisch-katholische
Bischof von Odessa, Stanislaw Szyrokoradiuk, berichtete der Nachrichtenagentur "Kathpress" von vollen Kirchen und einer
steigenden Zahl von Erwachsenentaufen. "Viele kommen zur Katechese, zum ersten Mal in ihrem Leben. Es gibt auch viele Erwachsene, die nicht getauft sind und nun den Wunsch danach verspüren" , so der katholische Bischof.
Derzeit würden alle sechs Sonntagsgottesdienste in seiner Bischofskirche gefeiert, obwohl es in seiner Stadt nur wenige
römisch-katholische Christen gebe. Zu den Gottesdiensten gehörten auch Kindermessen mit einem Kinderchor. Auch am dritten Jahrestag des Kriegsbeginns am Montag habe es drei Gottesdienste und ein Friedensgebet gegeben, so Szyrokoradiuk weiter.
"Tausende Bekehrungen"
Eine ähnliche Entwicklung sieht auch der ukrainische Großerzbischof der griechisch-katholischen Kirche, Swjatoslaw Schewtschuk. Drei Jahre nach Kriegsbeginn habe er "Tausende von Bekehrungen" erlebt, sagte er in einem Interview mit dem katholischen Sender "EWTN". Die katholische Kirche sei in dieser Zeit "aufgeblüht", ihre Mitgliederzahl von 7,5 auf 12 Prozent der Bevölkerung gestiegen.
Als möglichen Grund nannte Schewtschuk, dass die Kirche keine politische Organisation sei, sondern "das Evangelium und die Wahrheit des lebendigen Gottes unter uns" verkünde. Damit sei sie für viele ein "Leuchtturm der Hoffnung". Ebenso seien Kirchengebäude für Tausende zu "Zufluchtsorten" geworden, vor allem aber zu "Quellen spirituellen Trostes".
Folter und Erniedrigung
Das Oberhaupt der griechisch-katholischen Kirche unterstrich auch den Einsatz der Kirche für Menschenwürde und Gerechtigkeit. Vor allem aber verwies er auf das Schicksal von "zehntausenden von Russland entführten Kindern" und der Menschen, die in russische Gefangenschaft geraten seien. Schewtschuk hob dabei das Schicksal zweier inzwischen freigelassener ukrainischer Geistlicher hervor, die von "schrecklicher Folter, täglicher Erniedrigung und sogar Gebetsverbot" berichteten.
Zugleich appellierte er an die internationale Gemeinschaft, gegen Völkerrechtsverletzungen vorzugehen und Verantwortung für
Kriegsgefangene zu übernehmen. Noch immer befänden sich tausende zivile Geiseln, darunter Ärzte, katholische und protestantische Geistliche, in russischer Gefangenschaft. "Dank der Vermittlung des Heiligen Stuhls konnten wir katholische Priester retten, aber für die protestantischen Pastoren setzt sich niemand ein. Als christlicher Bruder ist es meine Pflicht, in ihrem Namen zu sprechen", so das griechisch-katholische Kirchenoberhaupt.