Mega-Hindupilgerfest Maha Kumbh Mela lockt Millionen Pilger

Groß, größer, am größten

Zur Maha Kumbh Mela im indischen Prayagraj werden mehr als 400 Millionen Pilger erwartet. Ein Vergleich dazu. Die EU hat 449 Millionen Einwohner und der Vatikan rechnet zum "Heiligen Jahr 2025" mit 35 Millionen Pilgern.

Autor/in:
Michael Lenz
Maha Kumbh Mela / © PrakharTripathi (shutterstock)

Erik Solheim erfüllt sich einen lang gehegten Wunsch. Der Norweger wird bei der Maha Kumbh Mela ein rituelles Bad im Fluss Ganges nehmen. "Ein Bad im Ganges ist eine mächtige spirituelle Erfahrung", sagte der 69-Jährige der KNA. 

Solheim, mit einem Faible für Indien und den Hinduismus, ist ein ehemaliger norwegischer Umweltminister und leitete von 2016 bis 2018 als Exekutivdirektor das UN-Umweltprogramm UNEP. "Ich bin Christ, aber ich hege eine tiefe Faszination für das Hindu-Dharma", sagt Solheim, der mehrfach pro Jahr nach Indien reist. Dort berät er unter anderem die Sri Sri Universität in Bhubaneswar.

Die Maha Kumbh Mela ("Großes Fest des Kruges") findet nur alle zwölf Jahre statt. Dieses Mal hat sie am 13. Januar begonnen und endet nach 45 Tagen am 26. Februar. Maha bedeutet "groß" oder "erhaben". Mit der größten religiösen Veranstaltung der Welt gedenken die Hindus der vier Tropfen Amrit - Nektar der Unsterblichkeit -, die der Legende nach bei einem Streit der Götter aus einem Krug auf vier Stellen in Indien geflossen waren, an denen sich heute die Städte Prayagraj, Haridwar, Ujjain und Nashik befinden. Diese Städte richten im Wechsel die Kumbh Mela aus. Kleinere Versionen der Kumbh Mela werden abwechselnd an den vier heiligen Stätten alle drei Jahre gefeiert.

Zeitpunkte und seine Bedeutungen der großen spirituellen Veranstaltungen sind eng mit bestimmten astrologischen Konstellationen verbunden. In diesem Jahr wird das Ereignis von der mächtigen, nur alle 144 Jahre stattfindenden Konjunktion von Mond, Sonne, Merkur und Jupiter bestimmt. Diese steht für Erleuchtung, Transformation und Reinigung, was die spirituelle Energie des Festivals noch verstärkt.

Millionen Pilger werden sich mit rituellen Badezeremonien am Zusammenfluss von Ganges, Yamuna und dem mystischen Fluss Saraswati in Prayagraj im indischen Bundesstaat Uttar Pradesh von Sünden reinigen und spirituelle Kraft schöpfen. In alten hinduistischen Schriften wird der Fluss Saraswati zwar erwähnt, dessen genaue Lage ist aber unbekannt. Durch tektonische Verschiebungen soll der Flusslauf allmählich versandet sein. Der Brunnen "Saraswati Koop" in der im 16. Jahrhundert vom muslimischen Mogul-Kaiser Akbar I. erbauten Festung von Allahabad wird von gläubigen Hindus als Quelle des Flusses angesehen und verehrt.

Die logistische Herausforderung ist für Behörden und Organisatoren wie das Fest selbst: gigantisch. Zur Unterbringung der Pilgermassen wurde auf 4.000 Hektar eine temporäre Stadt mit 150.000 Zelten, sanitären Einrichtungen und einem Transportsystem zu den heiligen Stätten errichtet. 40.000 Polizisten und ein KI-gestütztes Überwachungssystem sollen die Sicherheit der Pilger gewährleisten.

Katholisches Bistum hilft logistisch

Das katholische Bistum Allahabad stellt den hinduistischen Pilgern drei seiner Schulen als Unterkünfte zur Verfügung. Bischof Louis Mascarenhas sagte dem asiatischen Nachrichtenportal Ucanews, die Kirche trage "ihren Teil zum Erfolg" des Festivals bei. Auf Einladung von Hindu-Freunden habe auch er das Fest besucht.

"Ich sah Hunderte von Mönchen in Safranroben, mit Asche beschmierte Asketen und Seher ... und unterhielt mich mit einigen von ihnen", berichtete der Bischof. "Ein Mönch sagte mir, dass Jesus Christus sein Ista Devata (Lieblingsgott) sei." Gleichzeitig machte der Bischof keinen Hehl daraus, dass Uttar Pradeshs Christen zunehmend Feindseligkeit von Seiten radikaler Hindus ausgesetzt seien.

Aus dem Bundesstaat, regiert von der hindu-nationalistischen Indischen Volkspartei (BJP), wurden im vergangenen Jahr 156 der 585 christenfeindlichen Vorfälle im Land berichtet. Damit war Uttar Pradesh trauriger Spitzenreiter unter Indiens 28 Bundesstaaten.

Zahlreiche Christen, darunter Pastoren, wurden wegen Verstoßes gegen das scharfe Anti-Konversionsgesetz festgenommen.

Mehrere von ihnen sitzen im Gefängnis und warten auf ihre Freilassung auf Kaution. "An vielen Orten konnten Christen Weihnachten nicht friedlich und froh feiern. Sie wurden durch aggressive Parolen und Unruhen gestört", sagte Mascarenhas. Yogi Adityanath - Hindu-Priester, BJP-Hardliner und seit 2017 Ministerpräsident von Uttar Pradesh - lehne es ab, sich mit Christen zu treffen, so Bischof Mascarenhas. Christen machen weniger als ein Prozent der über 200 Millionen Bewohner des Bundesstaates aus.

Auch Solheim bestätigt, dass es "viele intolerante Hindus" gibt. Aber er ist auch der Ansicht, dass die aktuell weit verbreitete Intoleranz nicht dem "undogmatischen" Wesen des Hinduismus entspricht: "Hinduismus ist eine weitaus tolerantere Religion als das Christentum. Hindu Dharma ist kein missionarischer Glaube und erlaubt es den Hindus, ihre Götter auf nahezu jede gewünschte Weise zu verehren. 

Es gibt kein Dogma, um das man Krieg führen könnte. Die Verbreitung von Hindu-Dharma und Buddhismus in anderen Teile Asiens verlief weitgehend friedlich, im dramatischen Gegensatz zur Verbreitung des Christentums oder des Islams."

Solheim dürfte einer der sehr wenigen Pilger bei der Maha Kumbh Mela sein, die weder Hindu noch Inder sind. "Mit Sicherheit werden mehr als 99 Prozent Inder sein", sagt er und fügt mit viel Vorfreude hinzu. "Ich werde mich bestimmt unter die Leute mischen, viele Freunde und Führungspersönlichkeiten treffen und im heiligen Ganges eintauchen." Letzteres hat er für "Mauni Amawasya" am 29. Januar geplant. An Mauni Amawasya - Neumondtag - wird gefastet, geschwiegen und meditiert.

Religionen in Indien

Indien ist der größte Staat Südasiens und flächenmäßig mehr als neunmal so groß wie Deutschland. In den 29 Bundesstaaten und sieben Territorien leben inzwischen mehr als 1,3 Milliarden Menschen, und die Bevölkerung wächst weiter stark. Fast 30 Prozent sind jünger als 15.

Weihnachten in Indien: Nationalfeiertag, auch wenn Christen in der Unterzahl sind / © Channi Anand (dpa)
Weihnachten in Indien: Nationalfeiertag, auch wenn Christen in der Unterzahl sind / © Channi Anand ( dpa )
Quelle:
KNA