Kölns neue Stadtmuseum-Dauerausstellung handelt vom Glauben

"Immer eine Stadt des Glaubens gewesen"

Das Kölnische Stadtmuseum hat nach langer Zeit seine neue Dauerausstellung eröffnet. In dieser wird die Geschichte der Stadt nicht chronologisch, sondern an emotionalen Fragen vermittelt. Der Glaube spielt dabei eine zentrale Rolle.

Autor/in:
Birgitt Schippers
Dieses Modell zeigt Köln im Jahr 1571. Köln ist damals mit rund 40.000 Einwohner*innen die größte Stadt nördlich der Alpen. / © S. Walz (Rheinisches Bildarchiv Köln)
Dieses Modell zeigt Köln im Jahr 1571. Köln ist damals mit rund 40.000 Einwohner*innen die größte Stadt nördlich der Alpen. / © S. Walz ( Rheinisches Bildarchiv Köln )

In der eleganten Architektur des ehemaligen Modehauses Sauer gegenüber der Minoritenkirche entfaltet sich die neue Dauerausstellung entlang einer Rundtreppe über vier Stockwerke. Einen ersten Überblick über die Highlights der bewegten 2000jährigen Geschichte Kölns bietet ein halbrunder Auftaktraum. Von der römischen Stadtgründerin Agrippina über den Verbundbrief, die NS-Zeit und den Wiederaufbau Kölns bis zur Corona-Pandemie. Nach diesem Schnelldurchgang ("Köln in dreißig Minuten") endet die traditionelle chronologische Geschichtsdarstellung.

Themeninseln anstelle von Chronologie

Die Ausstellungsmacher wagen in der neuen Dauerausstellung das Experiment, verschiedene Epochen in acht emotionalen Leitfragen wie "Was verbindet uns"? oder "Was macht uns Angst?" zusammenzubringen. Sie sollen eine Brücke zu den Menschen von heute sein, sagt Ausstellungsmacher Stefan Lewejohann: "Das ist ja das Tolle an diesen Fragen. Jeder von uns kann sie beantworten." Die Antworten sind vielfältig. Die Themeninsel zur Frage "Was bewegt uns" erinnert zum Beispiel an die großen Fronleichnamsprozessionen seit 1279, an die Rosenmontagszüge und CSD-Paraden oder an den Siegeszug des Automobils in Köln. Aber auch bewegende Schicksale von Soldaten, Gastarbeitern, Migranten und Revolutionären werden vor Augen geführt.

Nicht minder vielfältig sind die historischen Wegmarken zur Frage "Was verbindet uns?". Schon immer von Bedeutung war der viel besungene Rhein als Verkehrsweg und Wirtschaftsfaktor. Doch Köln war um 1600 auch Zentrum des Verlagswesens und des Buchdrucks. Eines der wichtigsten und bedeutendsten Werke ist die 1630 veröffentlichte Bibelübersetzung des Kölner Geistlichen Caspar Ulenberg. Bis ins 18. Jahrhundert gilt sie als katholischer Gegenentwurf zur protestantischen Bibelübersetzung. Bis heute ist Köln ein wichtiger Standort für Film, Fernsehen und Radio.

Glaube und Religionen in Köln

Unumstritten spielt das Christentum in der Geschichte Kölns eine zentrale Rolle. "Köln ist immer eine Stadt des Glaubens gewesen, das ist ein wichtiger Faktor, der schon im Mittelalter beginnt," erklärt Stefan Lewejohann. Die Themeninsel "Woran glauben wir?" vermittelt durch Zeugnisse privater Frömmigkeit, Reliquien oder einen Weltjugendtagsrucksack einen Eindruck von der langen Tradition katholischen Lebens in der Domstadt.

Von dem ökumenischen Schulterschluss zwischen friedensbewegten Katholiken und Protestanten auf dem Hintergrund des Zweiten Vatikanischen Konzils und des Vietnamkriegs erzählt das "Politische Nachtgebet" in Köln, das zu heftigen Diskussionen führte.

Eine wichtige Rolle spielt in der Ausstellung auch das religiöse Leben der jüdischen Gemeinde und der Muslime in Köln. Zwei nebeneinander ausgestellte Gebetsmützen eines Juden ("Kippa") und eines Imams ("Sarik") sind Ausdruck des friedlichen Miteinanders der Religionen in Köln.

Aber es gibt auch eine andere, weltliche Seite des Gläubigseins, die in der Themeninsel präsentiert wird. Das Fotoalbum einer Kölner Familie aus der NS-Zeit erzählt von der Verehrung Hitlers wie einen Gott. Die bunte Weste eines FC-Köln-Fans zeugt von religiös anmutender Fußballbegeisterung. Aber auch der Glaube an die Macht des Geldes wird thematisiert.

Wut, Lust, Angst, Hoffnung und Liebe

Viele Bezüge zur Kölner Kirchengeschichte finden sich auch in anderen Themeninseln wie zum Beispiel in "Was macht uns wütend?" Wütend waren die Kölner auf ihren machtbewussten Erzbischof Anno, der 1074 zum "Anno-Aufstand" führte.

In einem Comic wird über die Rolle des Kirchenlehrers Albertus Magnus im Münzstreit zwischen der Stadt Köln und dem damaligen Erzbischof vor 750 Jahren erzählt, dem sogenannten "Kleinen Schied".

Groß geschrieben war schon immer in Köln die Lust zu feiern. Einen Eindruck davon gibt die Themeninsel „Worauf haben wir Lust“. Auf historische Demokratiebewegungen bis zum Frauenwahlrecht nimmt die Sektion „Hoffnung“ Bezug. Bewegend sind auch die Aspekte zu der Frage „Was macht uns Angst?“ in der Ausstellung. Vom Mittelalter bis heute haben Kriege mit ihren martialischen Waffen, Verfolgungen von Minderheiten („Hexenverfolgung“, „Nazi-Terror“) oder Seuchen („Pest“, „Cholera“ und „Corona“) Menschen in Angst und Schrecken versetzt. Waffen aus allen Jahrhunderten, Uniformen oder Videoprojektionen vermitteln im düsteren Ambiente einen Eindruck davon.

Zum Glück aber gibt es auch noch die Liebe. Fantasievoll verbinden die Ausstellungsmacher den seit dem Mittelalter nachweisbaren kölschen Lokalpatriotismus ("Koehlhoffsche Chronik") mit der Liebe zu Köln und typisch Kölner Weltmarken wie Kölnisch Wasser oder dem Kölner Dom. Natürlich darf auch die Liebe zur Musik, die eine vielfältige Musiklandschaft von Techno bis Klassik in Köln begründet hat, nicht fehlen.

Gute Gründe für einen Besuch

Es macht Sinn, sich erst einmal im Auftaktraum gründlich einen Überblick über die wichtigsten Ereignisse der Geschichte Kölns zu machen. Mit diesem historischen Rüstzeug im Gepäck macht es Spaß, in die bunte Welt der Themeninseln mit ihren vielfältigen Bezügen zur Geschichte einzutauchen. Die Ausstellung bietet viele interaktive Angebote, ist unterhaltsam und stimmt nachdenklich. Sie entlässt die Besucherinnen und Besucher mit der Botschaft: Kölner Geschichte ist eine Geschichte der Menschen, die bis heute vieles gemeinsam haben.

Quelle:
DR