Blog zur Ministrantenwallfahrt des Erzbistums Köln

"Augenblick der Ewigkeit"

Rund 2.000 Messdienerinnen und Messdiener sind zur Ministrantenwallfahrt des Erzbistums Köln nach Rom und Assisi aufgebrochen. Unsere Volontärinnen Hannah Ellebracht und Elena Hong sind auch mit dabei und berichten aus Italien.

Autor/in:
Elena Hong, Hannah Ellebracht
Abschlussgottesdienst in der Basilika San Francesco
Abschlussgottesdienst in der Basilika San Francesco

Freitag, 07.10.

Als die Reisegruppen am Freitagmorgen die Reisebusse in Richtung Assisi bestiegen, war den meisten wahrscheinlich nicht klar, was sie dort erwarten würde. Angekommen auf dem Busparkplatz, der unterhalb der angepeilten Stadt lag, führte ein etwa 30-minütiger Wanderweg den steilen Berg hinauf. In heißer Mittagssonne schleppten sich die rund 2.000 Jugendlichen plus Reisebegleiterinnen und -begleiter hinauf zur Basilika San Francesco. Die Aussicht von dort oben besänftigte die durchgeschwitzten Wanderinnen und Wanderer.

Abschluss des Tages und auch der gesamten Ministrantenwallfahrt nach Rom bildete der letzte Gottesdienst in der oberen Kirche der Basilika San Francesco. Die Kirchenbänke wurden allesamt an den Rand gestellt, um Platz zu schaffen für die schiere Masse an Menschen, die die Ministrantinnen und Ministranten und begleitende Geistliche und Gruppenleitungen bildeten. Vor und hinter dem Altar ließen sich die Gruppen auf dem Boden nieder. In der Luft stand der Geruch von Teenager-Schweiß und durchgelaufenen Sportschuhen. Trotz der hohen Decken der Basilika und sperrangelweit geöffneten Türen war die Luft so schwül und heiß, dass die jungen Menschen reihenweise nach draußen begleitet werden musste, wo sie zuverlässig von den Maltesern versorgt werden konnten. Draußen standen außerdem zahlreiche Wallfahrende, die gar nicht erst in den Kirchenraum hineinpassten. Im unteren Kirchenraum der Basilika feierte zudem eine kleine Gruppe ihren eigenen Abschlussgottesdienst.

Diözesanjugendseelsorger Tobias Schwaderlapp schaffte es trotz der Erschöpfung der Jugendlichen und der Luftqualität, sie in seinen Bann zu ziehen. Denn bei seiner Predigt schienen alle Augen und Ohren auf ihn gerichtet zu sein. Mit Worten wie "safe", "nice", "Abfuck" und einem kecken Spruch hier und da vermittelte er, dass diese Woche von vielen Reizüberflutungen gespickt war und jede und jeder, wie auch er selbst jeden Tag auf Neue das Wagnis eingehen muss, sich auf Gott zu verlassen. In den Fürbitten der Ministrantinnen und Ministranten aus dem Ministrantenarbeitskreis des Erzbistums Köln hieß es: "Wir zweifeln immer häufiger an der Institution Kirche und fragen: Wieso wurde auch in der Kirche menschlich versagt, wo doch das Christsein ein ganz anderes Handeln vorgibt?".

Die Stimmung in der Kirche verriet jedoch, dass die meisten Jugendlichen nicht an ihrem Glauben zweifeln und genau deshalb mitgefahren sind: um die Gemeinschaft und das Christsein zu leben und mitzuprägen.

Zum Abschluss wurden gesegnete Taue, die ein Symbol für die christlich-franziskanische Lebensausrichtung und Friedenssendung sind, an alle 2.000 Messdienerinnen und Messdiener verteilt.

Danach wanderten die Reisegruppen durch die Nacht Assisis, um ihre Reisebusse zu boarden und zurück nach Deutschland zu fahren.

Donnerstag, 6.10.

Vielleicht mal eine Stunde länger schlafen, ein Brötchen mehr beim Frühstücken essen und nicht hastig die Unterkunft verlassen. So sah für viele Mitglieder  der Reisegruppe der Donnerstagmorgen aus. Einziges Pflichtprogramm am letzten Tag in Rom für die rund 2.000 Ministranten und Ministrantinnen waren die Messen am Abend. Da nicht alle Kirchen in der Ewigen Stadt für eine solche Masse an Leuten ausgelegt sind, haben sich die Gruppen auf verschiedene Gotteshäuser aufgeteilt. Zusammen mit ihren Heimatgemeinden feierten sie in kleineren Kreisen andächtige Messen. Die Zwischenzeit wurde dann noch von vielen zum Sightseeing, Souvenir-Shopping oder zum Entdecken der kulinarischen Vielfalt Roms genutzt.

Unter der heißen Sonne Italiens trabten also einzelne Grüppchen durch sie Stadt. Erkennungszeichen für die Ministrantinnen und Ministranten waren die petrolgrünen Schals und Armbändchen, dem offiziellen "Merch" dieser Wallfahrt. Immer, wenn so ein Erkennungszeichen erspäht wurde, gingen die Grüppchen aufeinander zu und fragten nach Stempeln. Denn im Pilgerheft sind zwei Seiten vorgesehen, um möglichst viele Stempel anderer Reisegruppen zu sammeln. Sinn der Aktion ist natürlich, die Jugendlichen zum Dialog untereinander zu motivieren. Und genau das lief wie geschmiert.

An den Sehenswürdigkeiten wie dem Trevi Brunnen oder der Spanischen Treppe war es zwischen all den Touristen besonders schwierig, Zugehörige der Wallfahrt zu finden. Das brachte aber immerhin etwas mehr Spannung in die ganze Angelegenheit.

Nach mehr oder weniger erfolgreichen Stempeljagden und Shopping-Touren fanden sich die Reisegruppen also gegen Abend in unterschiedlichen Kirchen und Basiliken zusammen. Das Thema des Tages hieß "Augenblicke der Liebe". In der Messe der kleinsten Gruppe, eine Zusammensetzung aus Messdienerinnen und Messdienern aus Remscheid, Solingen und Wuppertal, ging es ganz besonders um das Thema Freundschaft. Die Jugendlichen waren während der Predigt von Christian Hartmann, dem Beauftragten für die Jugendseelsorge im Bergischen Städtedreieck, dazu angehalten worden, sich ein paar Minuten Zeit zu nehmen, um sich über neu gewonnene und alte, gestärkte Freundschaften auszutauschen. Quintessenz der Übung war, so schlussfolgerte Hartman, dass die jungen Menschen neben sich in den Bänken Freunde und Freundinnen sitzen haben, auf die sie sich immer verlassen können. Mit denen sie alles teilen können und sich nie verstellen müssten. Denn sie nehmen sich gegenseitig so an, wie sie sind, genauso wie Gott es auch tue.

Bei diesen Worten legten die Freundinnen und Freunde die Arme umeinander. "Versucht, dieses Gefühl festzuhalten, das Gefühl der Freundschaft und der Zuversicht, dass ihr euch immer auf den anderen Menschen verlassen könnt und er oder sie euch so annimmt, wie ihr seid", so Christian Hartmann.

Dieses Gefühl der Freundschaft und des Zusammenhalts begleitete die Jugendlichen bis in die letzte Nacht in Rom hinein.

Mittwoch, 5.10.

Zum ersten Mal den Papst sehen – das war der Traum vieler Ministrantinnen und Ministranten, die noch nie zuvor bei einer Rom-Wallfahrt dabei waren. Heute wurde er wahr: bei der Generalaudienz auf dem Petersplatz. Nicht nur saßen die Teilnehmenden ganz vorne in einem extra für sie abgesperrten Bereich, sondern sie bekamen Franziskus in seinem Papamobil auch hautnah zu Gesicht. Applaus gab es von den Jugendlichen beim Gruß der Deutschen Gruppen: „Ich wünsche euch jungen Menschen einen guten und geistlich fruchtbaren Aufenthalt in Rom. Der Herr helfe euch, in der Liebe zu wachsen und beschütze euch allezeit.“

Besonderes Schmankerl: Nach dem offiziellen Teil gab der Spielmannszug der Altstädter Kölsche Karnevalslieder zum Besten, die für eine ausgelassene Stimmung sorgten – nicht nur in den Reihen der MessdienerInnen.

Weil aber dieser Morgen schon früh begonnen hatte – der Weg von der Unterkunft und die Schlange an den Sicherheitskontrollen erforderten das vorausschauende Zeitmanagement, – ruhten sich nach diesem eindrucksvollen Termin einige Gruppen zunächst aus, bevor es dann wieder in die römische Innenstadt ging. Bei strahlend blauem Himmel wurden erneut verschiedene Sehenswürdigkeiten erkundet - Selfies am Trevi-Brunnen, ein Abstecher in den Souvenirshop und der Aufstieg in die Kuppel des Petersdoms gehörten sicherlich zum Pflichtprogramm.

Einen exklusiven Einblick hinter die Mauern des Vatikans ermöglichte Pfarrer Regamy Thillainathan den Mitarbeitenden der Berufungspastoral. Im Gasthaus am Campo Santo, direkt neben dem deutschen Friedhof, hatte der Regens selbst einmal ein Jahr lang gewohnt: „Mein Lieblingsplatz ist hier“, sagt er in der obersten Etage angekommen, und weist auf die sonnendurchflutete Terrasse mit Ausblick. Ein ruhiger Ort, perfekt zum Arbeiten, und während der Pandemie habe man sich gerne mal eine Pizza hierher bestellt. Abgeholt werden musste diese aber wohlgemerkt an der Pforte. Denn ein Pizzabote kommt nicht so leicht hinein, in den Vatikan.

Dienstag, 4.10.

Nach dem täglichen Morgengebet stand heute vor allem die Besichtigung der Ewigen Stadt auf dem Programm: an der Engelsburg, der Piazza Navona oder am Pantheon kam kaum eine Gruppe vorbei – auch der Blick in die ein oder andere Kirchen sorgte für allgemeines Erstaunen.

Durch die schmalen Gassen der römischen Innenstadt schlendernd, bestachen vor allem die sandsteinfarbenen Fassaden, die belebten Plätze und kleine Boutiquen mit ihrem typisch italienischen Charme. Beim Stadtspaziergang mit dem Kardinal erfuhr man sogar, wo das beste Gelato von Rom zu erwerben ist (in seinem Becher landeten übrigens eine Kugel Pistazie und Zabaione).

Wer die Mittagspause zur Stärkung nutzte, musste sehen, dass er nicht zu spät am Petersplatz eintraf. Gegen Nachmittag versammelten sich nämlich dort alle 2000 MinistrantInnen zum Highlight bislang jeder Ministrantenwallfahrt: der Lichterprozession durch die Vatikanischen Gärten.

Hatte man erst einmal die Sicherheitskontrollen an den Kolonnaden passiert, drückte der Gruppenleiter einem die Kerze in die Hand, die zum Beginn des Gebets von allen gleichzeitig entzündet wurde. Singend bewegte sich die Menge den Vatikanischen Hügel hoch, an der Rückseite des Peterdoms vorbei durch die imposante Parkanlage.

Oben an der Grotte hielt Regens Regamy Thillainathan eine emotionale Andacht: „Es gibt Momente, in denen ich auch mit meinem Glauben gerungen habe“, sagte er, aber die Botschaft Christi sei die beste Botschaft der Welt und sie sei es wert, sein Leben dafür einzusetzen. Er sprach den Jugendlichen Mut zu: „Ihr seid nicht die Zukunft, ihr seid die Gegenwart“.

Montag, 3.10.

Einblick in Reisebus Nr. 26: Am Montagmorgen, recht früh gegen fünf Uhr, wurde die in die engen Sitze des Busses gekuschelte Reisegruppe von den ersten Sonnenstrahlen über Italien geweckt. Busfahrer Lothar regte sich zusammen mit seinem Co-Piloten Vitali auch lautstark über den willkürlichen italienischen Fahrstil auf, vielleicht waren deshalb spätestens dann alle wach. Um kurz nach halb acht erreichte der Bus dann die für die Reisegruppe vorgesehene Unterkunft und kurze Zeit später trudelten auch die anderen Reisebusse in der heiligen Stadt ein.

Dass sowas nicht immer glatt verläuft, ist quasi vorprogrammiert. Einige Zimmer waren zur Ankunftszeit noch nicht bezugsfertig, so mussten ein paar Wenige auf ihre heiß ersehnte Dusche verzichten und direkt los in Richtung „Sankt Paul vor den Mauern“ aufbrechen. Dort war nämlich gegen Abend der Eröffnungsgottesdienst der Ministrantenwallfahrt angedacht. Einige Gruppen ließen es sich dann zum Mittag in Trattorien und Pizzerien ordentlich schmecken, während andere so spät in Rom ankamen, dass sie unmittelbar in den Eröffnungsgottesdienst eilten.

Eingekleidet in weiß-rote Talare und Rochetts saßen die zahlreichen Messdienerinnen und Messdiener rechtzeitig auf ihren Plätzen in der imposanten Papstbasilika. Das gab ein sehr beeindruckendes Bild ab. Kein Stuhl war leer, ganz im Gegenteil, hinten mussten sogar noch Teilnehmende den Gottesdienst stehend verfolgen.

Nach dem  großen Einzug mit zahlreichen Geistlichen an den langen Stuhlreihen vorbei richtete neben Diözesanjugendseelsorger Tobias Schwaderlapp auch der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki Grußworte an die Ministrantinnen und Ministranten. Der Gottesdienst wurde musikalisch begleitet von der Band chROMatics.

Während der Predigt des Erzbischofs, gerade als er über das Engagement in ihren Gemeinden während der Corona-Zeit sprach, standen rund 150-200 Ministrantinnen und Ministranten auf und drehten ihm als Zeichen des Protestes den Rücken zu. Der Kardinal reagierte darauf, indem er seine Predigt frühzeitig beendete, mit den Worten: „Jesus drehte auch niemandem den Rücken zu“ an die . Dafür erhielt er Zustimmung in Form von Applaus.

Die restliche Messe verlief planmäßig, mit Liedern, Gebeten, Fürbitten und der Austeilung der Kommunion. Der Auszug erfolgte abweichend nicht mehr durch die Mitte der 2.000 Ministrantinnen und Ministranten, sondern wurde verkürzt.

Einige haben währenddessen mit den Logos ihrer Heimatgemeinden bedruckte Fahnen oder auch Regenbogenflaggen geschwungen.

Nach diesem emotional aufreibenden Gottesdienst gingen viele mit gemischten Gefühlen aus der Kathedrale in Richtung Unterkünfte zurück. Manche ließen den Abend jedoch noch in der Stadt ausklingen, in Restaurants oder Gelaterias.

Sonntag, 2.10.

"Augenblick der Ewigkeit" – dieser Schriftzug war nicht zu übersehen auf den Motto-Schals der diesjährigen Ministrantenwallfahrt. Mit gepackten Reisekoffern und dem petrolgrünen Erkennungszeichen um den Hals, trafen sich heute rund 2.000 Messdienerinnen und Messdiener an verschiedenen Orten im Erzbistum Köln zur Abfahrt nach Rom. Gegen 11.45 Uhr sprach Jugenddiözesanseelsorger Dr. Tobias Schwaderlapp einen Reisesegen für alle 96 Gruppen über die sozialen Kanäle. Die 20-stündige Busfahrt nutzten die Jugendlichen, um miteinander Filme zu schauen, Muffins und andere eingepackte Leckereien zu teilen und Klassiker wie "Stadt, Land, Fluss" neu aufleben zu lassen. Still wurde es in Bussen erst gegen Abend zur traditionellen Andacht, als zum ersten Mal das Pilgerheft gezückt wurde. Und so erklang neben einigen Liedern und Psalmen auch das Gebet zum Motto:

"Guter Gott, du warst vor aller Zeit und bleibst in Ewigkeit. […] wir sind sicher, dass du an unserer Seite bleibst – egal was uns erwartet. So vertrauen wir dir während unserer Wallfahrt all das an, was wir im Herzen tragen: die glücklichen Momente unseres Lebens, aber auch die Sorgen und Bitten für uns, unsere Reisegruppe sowie unsere Freunde und Familien. […] Stärke uns durch deinen Heiligen Geist, damit wir voller Hoffnung und Zuversicht in die Zukunft gehen und immer wieder Augenblicke erleben können, in denen du deine Herrlichkeit in unserem Alltag aufstrahlen lässt. […] Amen."

Bilder: Elena Hong, Hannah Ellebracht, Juliana Lukannek

Quelle:
DR