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David gegen Goliath

Auf einem weißen Fahrrad fährt ein kleiner Mann, unterwegs nicken oder lächeln die Menschen ihm zu. Das Fahrrad parkt er vor dem Präsidentenpalast und nimmt auf den Stufen die Wäscheklammer aus dem feinen Anzug.

Diese Szenen sind der Vorspann der Politsatire „Diener des Volkes“, die auf Arte gerade zu sehen ist. Die Hauptperson ist der frühere Comedian und heutige Präsident der Ukraine, Wolodymir Selenskyj.

Eigentlich ist mir natürlich nicht nach Lachen, schließlich schaue ich diese Serie nur, weil die Ukraine von Putin überfallen worden ist und ein mörderischer Krieg tobt, in dem Präsident Selenskyj Putin  wie einst David gegen Goliath die Stirn bietet.

Aber manchmal kann ich gar nicht anders, ich muss lachen, die Serie ist wirklich sehr lustig. Sie erzählt von einem Geschichtslehrer, den ein Wutausbruch über die Korruption in seinem Land erst zum Social Media Star und dann zum Präsidenten werden lässt.

2015 war die Serie in der Ukraine ein unglaublicher Erfolg. Der Erfolg ließ Fiktion und Realität verschwimmen. Selenskyj gründete eine Partei und gewann die Präsidentschaftswahl.

Nicht alles wird gut in dieser Geschichte, viele zweifeln, ob ein Komiker ein Land führen könne. Außerdem gibt es Vorwürfe, Selenskyj habe, allen Ankündigungen, die Korruption zu bekämpfen zum Trotz, selbst Briefkastenfirmen im Ausland mit illegalem Oligarchengeld.

Zweifel an Selenskyjs Fähigkeit, ein Land zu führen, sind in den letzten Tagen gewichen. Seine Videos bewegen. Weltweit. Aus dem Serienhelden wird ein echter Held.

Die BBC schreibt: „The comedian president rising to the moment“, also in etwa: Der Komiker als Präsident, der sich der Aufgabe würdig erweist.

Womit wir wieder bei der Serie wären. Auch der Geschichtslehrer erweist sich der Aufgabe, plötzlich Präsident zu sein, als würdig.

Im Staffelfinale wird dem Präsidenten ein Telefon gereicht, der russische Präsident sei am Apparat. Anscheinend ein neuer, ein anderer Präsident. Ob das eine gute Nachricht ist, bleibt offen.

Im Leben ist es ja immer, wie bei einem Staffelfinale: Nie wissen wir, was hinter der nächsten Ecke auf uns wartet.

Wir wissen alle nicht, wie es in der Ukraine weiter geht.

Wir wissen nur, dass wir tun müssen, was wir tun können. Uns beistehen. Für einander da sein. Mit Zeit, mit Geld, mit Schlafplätzen, was auch immer wir eben geben können.

Wunderbar ist, dass so viele Menschen gerade einander beistehen. Wenigstens das.