Langeweile im Urlaub ist ein gutes Zeichen

Lust auf Urlaub 5

Langweilt euch! ruft mir ein Essay in unserer Regionalzeitung aus der Wochenendausgabe zu. Seit Jahren schon sagen die Kinderpsychologen, dass unsere Kinder viel zu viele Angebote hätten - und viel zu wenig Zeit für Langeweile.

Im Urlaub zu Ruhe kommen (dpa)
Im Urlaub zu Ruhe kommen / ( dpa )

Der Artikel in der Samstagszeitung sagt dasselbe, wie die Kinderpsychologen. Nur findet der Artikel gelte das heute auch für uns Erwachsene: wir hätten die Langeweile verlernt. Ohne Langeweile keine Kreativität, kein Raum, Dinge anders, neu zu denken.

Tja, ist schon interessant. Noch niemals in der Geschichte der Menschheit hatten ganze Gesellschaften und nicht nur kleine Eliten so viel Freizeit. Und noch nie hatten wir so wenig freie Zeit wie heute.

Besonders viel freie Zeit haben wir im Urlaub. In einem entdeckte ich die Langeweile.

Satt und zufrieden saßen die Kinder damals im Wintergarten auf unserer Ferieninsel. Wir Großen hätten uns gerne wie Katzen in der Sonne eingerollt, aber den Kindern, zu groß für einen Mittagsschlaf, zu klein, um alleine loszuziehen, wurde schnell langweilig. Zusammen stiefelten wir ins Inselblaue.

An einer kleinen Bucht blieben wir hängen. Auf einmal nimmt mein Mann einen großen Stein, schlackert ihn locker aus dem Handgelenk in die Luft. Nach einer stolzen Flugbahn taucht er mit einem lauten, satten Plopp ins Wasser.

Für einen Moment lang liegt unser gesammeltes, überraschtes Staunen über dem Wasser. Kaum hat sich das erste Kind daraus gelöst, macht es sich daran, einen ähnlichen Stein zu finden, eine ähnliche Flugbahn zu werfen, ein ähnliches Plopp und eine ähnliche Fontäne nachzuahmen. Das erweist sich schnell als ein kleines Forschungsgebiet: Welche Steine sind zu leicht, welche zu schwer? Von wo wirft man sie am besten?

Eine Weile sind alle mit ausprobieren beschäftigt, dann kommen die ersten Rufe danach, sich zu messen. A- und B-Noten werden festgelegt, A für den weitesten Flug, B für die Eleganz der Fontäne und die Sattheit des Eintauchplopps. Wie aus dem Nichts taucht das Spiel auf und schenkt uns einen schillernden Nachmittag. Für eine Weile entsteht etwas Eigenes, Neues zwischen uns, jeder von uns ist ein Teil davon und nur zusammen haben wir ihn aus der gemeinsamen langen Weile erschaffen können. 

Langeweile ist die ungeliebte Schwester der Muße. Muße kommt aus dem Althochdeutschen, bedeutete  Möglichkeiten.

Jetzt ist Sommer und Urlaubszeit. Zeit für Muße. Zeit für  Möglichkeiten. Unsere Möglichkeiten.