Sonntagsfrage: Wieso ist Spott an Karneval erlaubt?

Dat dat dat darf!

Am Karneval scheint alles erlaubt: Zunge rausstrecken, sich über andere lustig machen, Witze reißen und spotten was das Zeug hält. Das passiert in Form von Kostümen, den Rosenmontagswagen oder einfach im Gespräch an der Theke. Aber wieso?

Karneval vor dem Kölner Dom  (dpa)
Karneval vor dem Kölner Dom / ( dpa )

Der sogenannte Fastnachtsspott hat eine lange Tradition: Der Gruß einer Karnevalsgesellschaft in Jülich zum Beispiel lautet "Jod Preck!“, das heißt "Gutes Werfen!“. Mit precken ist gemeint, was andernorts als prellen bezeichnet wird. Das Hänseln, bei dem stellvertretend für einen Menschen auch eine Puppe (zum Beispiel die Lazarus Strohpuppe) verwendet werden kann.

Andere zu verspotten und zu verhöhnen gehört zur Fastnacht dazu und ist durchaus erlaubt, weil es närrisch und teuflisch ist. Es zeigt sich auch heute noch ganz deutlich im Herausstrecken der Zunge, oft auch zu beobachten bei den Fußgruppen im Rosenmontagszug. Diese Schmähgebärde bedeutet, jemanden verächtlich zu machen. Aber worauf ist das zurück zu führen? Wahrscheinlich auf die Abwehrgebärde, das Gähnmaul.

Gähnmaul und Schabab

Mit dem Daumen oder zwei Fingern wird der Mund nach beiden Seiten auseinandergezogen und die Zunge herausgestreckt. Vergrößerter Mund, ausgestreckte Zunge und das dazugehörige höhnische Geschrei bedeuten für das Objekt der Mundgebärde Schimpf und Schande. Das Gähnmaul ist seit dem 15. Jahrhundert bekannt.

Eine andere Fastnachtsgebärde, die heute nur noch von Kindern außerhalb der Fastnacht am Leben gehalten wird, war "Schabab". Im Zusammenhang mit dem Brauch des „Rübenschabens“ taucht vielerorts der Begriff „Schabab“ auf. Im Elsaß zum Beispiel schaben die Kinder mit dem Finger über den anderen, eben wie man ein Möhrchen schält, und rufen: „Lawe, lawe, D’Katz isch g’schawe!“

Als Esel in den Gottesdienst?!

Verhöhnen, verspotten, Spaß machen über andere – das alles machte damals auch vorm Gottesdienst nicht Halt: Es gab die verbreitete Sitte, den Gottesdienst am Fastnachtssonntag „närrisch“ zu begehen. Hier begriff sich die Gemeinde am Karnevalssonntag in der Messe als Ansammlung von Eseln und beschloss deshalb jede von der Liturgie vorgesehene Antwort mit einem kräftigen „Iah“.

Aber: Wer möchte sich heute noch als Esel darstellen!? Auch karnevalistischer Humor ist entwicklungsfähig!

                                                                                                                                                                                                                                                                                                   © Prof. Dr. theol. Manfred Becker-Huberti, Köln