Der gewöhnliche Efeu

Die Pflanze für die Ewigkeit

Er ist allgegenwärtig: der Gewöhnliche Efeu. Als Kletterpflanze an Fassaden und Mauern, als Bodendecker in öffentlichen Grünanlagen oder auf privaten Gräbern. Überall und immer grünt er, treu und anhänglich und auf ewig. Jetzt reifen seine Beeren.

Efeublüte / © St.Q.
Efeublüte / © St.Q.

Gibt es irgendwo eine hässliche Ecke, dann ist sie mit einem „Abrakadabra!“ – oder besser „Hedera helix!“, denn so heißt der Gewöhnliche Efeu mit botanischem Namen – ruckzuck in ein schönes Fleckchen Grün verwandelt. Efeu ist fleißig, er produziert von März bis Oktober ständig neue Blätter. Und Efeu ist immergrün und beharrlich, das einzelne Blatt lebt drei bis vier Jahre. Aber die Pflanze als Ganzes kann bis zu 400 Jahre alt werden und dabei bis zu 20 Meter hoch wachsen.

Blüte im Herbst, Beeren im Winter

Efeu ist vieles, aber nicht gewöhnlich. Das fängt schon damit an, dass er zu ungewöhnlicher Zeit blüht: wenn Früchte wie Äpfel oder Pflaumen reifen, also im September und Oktober, dann öffnet der Efeu seine zarten Blütendolden und bietet so Bienen, Wespen, Schwebfliegen und Schmetterlingen wie dem Admiral spät im Jahr eine wertvolle Nahrungsquelle. Scheint die Sonne im Herbst, dann summt und brummt und flattert es ordentlich im Efeu.

Und mitten im Winter lässt er seine Früchte reifen. Von Januar bis April helfen die kleinen, für uns giftigen schwarzen Beeren Gartenrotschwanz, Mönchsgrasmücke, Amsel, und Rotkehlchen über die karge Winterzeit.

Hedera helix, unser heimischer Efeu, und Hedera colchica, der Kaukasische Strauchefeu, gehören zu den wenigen immergrünen Kletterpflanzen, die bei uns winterhart sind. Und sie kommen zudem mit langanhaltender Hitze und dem staub- und schadstoffbelasteten Klima unserer Städte wunderbar zurecht.
In den Ranken des Efeus nisten wärmeliebende Insekten und Vögel wie Spatz, Fliegenschnäpper und Zaunkönig. Und im großen, alten Efeugeäst nisten sogar verschiedene Eulenarten.

Beharrliche Kriech- und Kletterpflanze

„Pflegeleicht. Wächst überall. Begrünt alles.“ Diese Werbesätze klingen in Gärtner-Ohren verführerisch. Aber so mancher, der die geballte Vitalität des Efeus unterschätzt, hat später „ewig“ Arbeit damit, die flinken Ranken auf ihrem vorgesehenen Platz zu halten. Efeu ist beherrschbar, aber er ist beharrlich und er bildet über die Zeit kräftige Wurzeln. Wer also Efeu pflanzt, sollte dabei auch an die Nachfahren denken.

Efeu hat alle Zeit der Welt. In seiner Jugend kriecht er zunächst nur über den Boden. Erreicht er dann irgendwann einen Baum oder eine Mauer, bildet er Haftwurzeln und wächst empor. Er wurzelt aber weiter im Boden, deshalb ist er für die Bäume auch kaum schädlich. Doch er bildet selbst kräftige Stämme und oben dann im Geäst der Bäume oder auf dem Mauersims verzweigt er sich frei und beginnt zu blühen. Und eigensinnig wie er ist, haben diese „Alterstriebe“ ganz eigene Blattformen und keine Haftwurzeln.

Symbol ewigen Lebens und ewiger Treue

Das ewige Grün des Efeus, seine Kunst sich anzuschmiegen, dazu die ihm zugesprochenen Heilkraft – all das machte ihn zu einer heiligen Pflanze, schon in der Antike wurde er verehrt. Und auch die Christen machten ihn zum Symbol des immerwährenden fruchtbaren Lebens.
In der Liebe steht Efeu für Unvergänglichkeit und ewige Treue. Aber das sind Attribute, die in heutiger Zeit auch ein wenig Angst machen. Denn so wie sich der Efeu auf Dauer anschmiegt und anklammert, kann das mit der Liebe nicht gut gehen und ewig dauern. Aber so ist er nun mal der Efeu, er braucht das, denn – wie Goethe sagt – er ist wie ein zärtliches Gemüt:

„Efeu und ein zärtlich Gemüt,
Heftet sich an und grünet und blüht;
Kann es weder Stamm noch Mauer finden
Es muß verdorren, es muß verschwinden.“

(Claudia Vogelsang)