Rogate (6. Sonntag der Osterzeit)

BWV 86: "Wahrlich, wahrlich, ich sage euch"

"Wahrlich, wahrlich, ich sage Euch: So ihr den Vater etwas bitten werdet in meinem Namen, so wird er’s euch geben". In den Gottesdiensten zur Zeit Johann Sebastian Bachs war am heutigen Sonntag Rogate diese Textstelle aus dem Evangelium des Johannes zu hören. Und Bach greift diese Textstelle auf und stellt Sie als Zitat seiner Kantate für diesen Sonntag voran.

 (DR)

Zugleich nimmt der Textdichter diesen Beginn der Evangelienlesung zum Anlass, um sich mit der Frage auseinanderzusetzen, wie dieses Jesuswort mit der Lebenserfahrung vereinbar ist. Wenn mich auch jetzt "Dornen stechen", so heißt es im zweiten Satz, so darf ich doch auf Gottes Zusage vertrauen. Ungewöhnlich ist dieser zweite Satz, die Alt-Arie gestaltet, da die Violine, als Soloinstrument, mit einem Minimum an Thematik und einem Maximum an virtuosen Figuren ausgestattet ist. Möglicherweise möchte Bach damit den himmlischen Glanz darstellen; also die Hoffnung dessen, der sich auf Gottes Zusage verlässt.

Gott hält sein Versprechen! Das ist die Kernaussage des 3. Satzes. Und dieser Choralsatz - die 16. Strophe des Liedes "Kommt her zu mir, spricht Gottes Sohn", das Georg Grünwald 1530 komponiert hat – ist als Triosatz gestaltet. Zwei Oben bilden mit dem Continuo dieses Trio mit imitierenden Oberstimmen, in den die Choralmelodie, vom Sopran zeilenweise unverziert vorgetragen, eingefügt ist.

Ein kurzes Rezitativ führt zur Tenor-Arie, dem fünften Satz der Kantate. Den ganzen Satz durchzieht das Eröffnungsmotiv auf die Worte "Gott hilft gewiss", das im Vokalteil vom Tenor übernommen wird. So scheint der gesamte Satz dem Hörer dieses Wort vielfältig zuzurufen. Auch wenn Gottes Hilfe vielleicht aufgeschoben ist: Gott hilft gewiss.

Die 11. Strophe des Liedes "Es ist das Heil uns kommen her" von Paul Speratus beschließt das Werk mit einem einfachen Choralsatz.

Uraufführung der Kantate war der 14. Mai 1724; Bach hat das Werk also in seinem ersten Leipziger Amtsjahr komponiert.