Meistens werden uns ja Hoffnungen zugesprochen. Die Hoffnungen auf Glück und Liebe und Gesundheit und dass unsere Kinder ihre Wege ins Leben finden. Aber mehr noch, die Hoffnungen verschont zu bleiben. Verschont von Krankheit, von Verlust, von Schmerz, von Ärger, von Unbill und am besten auch noch vom Regen im Sommerurlaub.
Mir kommt das so vor, als wollten wir uns die Hälfte des Lebens vom Hals halten. Und nein, ich bin nicht gerne krank, finde es schrecklich, wenn einer meiner Liebsten Schmerzen hat. Oder auch nur mein Computer auf einmal einen Virus, der rasend schnell alle wichtigen Dokumente auffrisst. Nein, ich habe auch keine Freude an dieser Hälfte des Lebens.
Aber es gibt sie nun mal. Um es mit Hilde Domin zu sagen, die Bitte, verschont zu werden, die taugt nicht. Wir werden nicht verschont werden. Wir können höchstens klug und liebevoll mit dieser Hälfte umgehen.
Wegen dieser Seite des Lebens, nehme ich das Wünschen ziemlich ernst. Und frage mich nicht nur in der Neujahrsnacht sondern das ganze Jahr über immer wieder: was ist es, das ich mir wirklich wünsche?
Denn irgendwann habe ich festgestellt: das meiste von dem, was ich mir wünsche, geht in Erfüllung. Einfach weil ich für das, was ich mir wirklich wünsche viel Energie habe, viel Zeit investiere, anderen davon erzähle. Und deswegen bin ich vorsichtig geworden, mit dem Wünschen. Oder sagen wir lieber: anspruchsvoll. Ich will mir die Dinge wünschen, die wirklich Bestand haben. Auch dann noch, wenn mir mein Tod sein Gesicht zeigte.
Und was hat wirklich Bestand? Ich lande immer bei denselben Dingen. Bei dem, wie es Anne Frank ausgedrückt hat: ich will den Menschen, die mich doch nicht kennen, Freude und Nutzen bringen. So einfach ist es. Bestand hat, was Freude und Nutzen bringt.
In diesem Sinne – wenn ich heute einen Wunsch für uns alle für dieses neue Jahr frei habe. Mögen wir es so nutzen, dass wir den Menschen, die wir kennen und auch den, die wir nicht kennen, Freude und Nutzen bringt.