Anna Katharina Hahn über Sinnsuche und Trostlandschaften

"Am Schwarzen Berg"

"Nach Auflösung der religiösen Trostlandschaft gibt es keine Möglichkeit mehr, der Lebensunsicherheit zu entrinnen". In den Romanen der Schriftstellerin Anna Katharina Hahn suchen die Figuren nach einem Sinn in ihrer irdischen Existenz und verfallen dabei auf die seltsamsten Trostmöglichkeiten. In ihrem Buch "Kürzere Tage" ist es unter anderem die Anthroposophie, die die Sehnsucht nach Sinn stillen soll. Jetzt hat die Doderer Preisträgerin ein neues Buch geschrieben. "Am Schwarzen Berg" heißt es und wurde gleich für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert, im April steht es auf der SWR-Bestenliste.

 (DR)

Und auch hier geht es um Sinnsuche und Trostlandschaften. So hat die Protestbewegung gegen "Stuttgart 21" für die Autorin etwas Religiöses. In ihrem Roman schreibt sie: "Der Schloßgarten war nicht wiederzuerkennen. Transparente hingen zwischen den Ästen, Baumhäuser saßen in den Kronen. Überall Zelte, Fahnen, Blumen. Wollgespinste im Gezweig wie bunte Spinnennetze. Stofftiere waren um die Stämme gebunden. Kerzen standen im Gras, Unmengen von roten Grablichtern, jeder Baum ein Altar. … Durch den Schmuck, die Kerzen habe die Umgebung etwas Sakrales bekommen."



Aber nicht nur der politische Bürger-Protest kann ein moderner Sinnstiller sein. Auch die Poesie, und hier zitiert Anna-Katharina Hahn Nietzsche, kann eine "gestotterte oder sich episodisch offenbahrende Religion sein. Denn die Kunst erhebt ihr Haupt, wo die Religionen nachlassen". Für die Figuren in ihrem neuen Roman wird der schwäbische Dichter Eduard Mörike zu einem Schutzheiligen. "Seine Gedichte trösten, indem sie die Sehnsucht nach Erlösung der Kreatur spiegeln". Der Titel ihres Romans "Am Schwarzen Berg" ist ein Zitat aus dem Mörike Gedicht: "Die Elemente".    



Anna Katharina Hahn / "Am Schwarzen Berg" / Suhrkamp Verlag / 236 Seiten / 19,90 Euro