Kapitelsamt aus dem Kölner Dom - Hirtenbrief des Kölner Erzbischofs

Erster Fastensonntag

domradio.de übertrug am Ersten Fastensonntag das Kapitelsamt aus dem Kölner Dom. Es zelebrierte Domkapitular Dr. Günter Assenmacher. An Stelle der Predigt verlas Prälat Assenmacher das Fasten-Hirtenwort des Kölner Erzbischofs Joachim Kardinal Meisner. Hauptthema: Priesterberufung und Sorge um Priestermangel.

 (DR)

Am Anfang der Fastenzeit liegt es nahe, über Versuchung und Verzicht nachzudenken: Wo lauert die Versuchung, das Wesentliche aus den Augen zu verlieren? Worauf kann und will ich bewusst verzichten, um der Mitte meines Lebens und Glaubens näherzukommen? Die Tradition des Fastens hat ihren guten Sinn, den heute viele Menschen für sich neu entdecken. Ist es nicht widersinnig in diesem Zusammenhang zur Verschwendung zu ermuntern - so geschehen im vergangenen Jahr anlässlich der Fastenaktion der evangelischen Kirche? Ganz und gar nicht - und es lohnt sich, biblische Texte unter dem Gesichtspunkt der Verschwendung zu befragen: Gott geht verschwenderisch um mit seinem Erbarmen und seinem Segen. Von Jesus können wir lernen, was es heißt, sich den Menschen verschwenderisch zuzuwenden. Wo könnte ich mich in der geschenkten Zeit, die vor uns liegt, in Verschwendung versuchen?

Wortgottesdienst
Erste Lesung
Das Buch Genesis, erstes Buch der hebräischen Bibel, denkt nach über die Anfänge der Welt. Gott schafft aus dem Chaos den Kosmos, die Welt in ihrer Ordnung und Schönheit. Von Anfang an ist die Welt von Gott gewollt und gesegnet. Dies ist für das Volk Israel keine Aussage über historische Ereignisse der Ur-Vergangenheit. Vielmehr wird festgehalten: Gottes Zuwendung zur Welt gilt in jeder Gegenwart. In diesem Zusammenhang lenkt die Erzählung von der großen Flut den Blick auf die vernichtende Gewalt von Schuld und Versagen in Gottes guter Schöpfung. Sie zeigt, wie stark die Mächte der Zerstörung in der Welt wirken. Dagegen setzt sie jedoch voller Zuversicht das Vertrauen in das Erbarmen Gottes. Sein Bund gilt, sein Segen wirkt, seine Zusage macht Mut: Sie strahlt auf in allen Regenbogenfarben. Hoffen lernen heißt: den Blick schärfen für die Farben Gottes im Grau unserer Verstrickungen.

Zweite Lesung
Der Verfasser des ersten Petrusbriefes sieht die Gefangenschaft der Menschen in unheilvollen Lebenszusammenhängen und erinnert daher an die Geschichte von der Sintflut: Für Noach gab es die rettende Arche - was aber wird aus seinen ungehorsamen Zeitgenossen? Was wird aus allen, die vor dem Kommen Christi gestorben sind? Was wird aus uns in unseren Gefängnissen aus Ungehorsam, Unvermögen und Schuld? Die tröstliche Botschaft: Für Gott ist niemand unwiderruflich verloren. Jesus Christus ist für uns gestorben. Er ist nicht im Tod geblieben. Durch seine Auferstehung haben wir Hoffnung auf Leben. Die zerstörerische Macht der Flut des Bösen hat nicht das letzte Wort. Das Wasser der Taufe - ein Lebenselement: Es reinigt und stillt den Durst. Es schenkt Leben in Hoffnung gegen alle Verzagtheit.

Evangelium
Die Wüste, die Versuchung, der Satan - Markus spricht mit diesen wenigen bedeutungsschweren Worten von den Abgründen, die zur menschlichen Existenz gehören. Die Gefahr, die Orientierung zu verlieren, die Gefahr, dem eigenen Weg untreu zu werden, die Gefahr, von bösen Mächten überwältigt zu werden - diesen Gefahren sind wir immer wieder ausgesetzt. Und so stellt Markus Jesus zu Beginn seines öffentlichen Wirkens vor: der conditio humana unterworfen wie wir. Nicht zu überhören: Der Geist Gottes verlässt ihn nicht - er treibt ihn sogar in die Wüste. Die Begeiste-rung trägt Jesus weiter, er bleibt seiner Berufung treu. In aller Entschiedenheit sagt er, was er zu sagen hat: die gute Nachricht von Gott, der die Menschen nicht fallen lässt.

(Quelle: Messbuch 2009, Butzon & Bercker Verlag)