Winterruhe ist die Antwort der Pflanzen auf das unwirtliche Wetter außerhalb der Tropen. Bäume werfen ihre Blätter ab; die krautigen Pflanzen verschwinden von der Oberfläche, um erst im Frühjahr wieder auszutreiben; die einjährigen Pflanzen überwintern allein durch ihren Samen, der im Frühling dann keimt. Und viele Pflanzen treiben auch nur wieder aus, wenn es wirklich diese winterliche Ruheperiode gibt – Vernalisation nennt das der Fachmann.
Der Garten braucht also die Winterruhe und wir sollten ihn in Ruhe lassen. Nutzen können wir die Zeit, um das zu tun, was wir den Sommer über oft versäumen, den Garten einfach mal anzuschauen, zu betrachten, ihn so wie er ist zu beachten, also die Nase an den Fenstern platt zu drücken wie früher als Kind, hinausschauen. Im Buch „Wintergedanken eines Gärtners“ schreibt Karel Capek:
Jetzt, wo der Garten im Schnee versinkt,
erinnert sich der Gärtner plötzlich, das er eines vergessen hatte:
den Garten anzusehen.
Denn dazu ... hat er ja niemals Zeit gehabt.
Wollte er im Sommer den blühenden Enzian betrachten,
mußte er unterwegs stehenbleiben,
um den Rasen von Unkraut zu reinigen.
Wollte er sich an der Schönheit des Rittersporn erfreuen,
mußte er ihm Stöcke geben...
Standen die Flammenblumen in Blüte,
jätete er die Quecken aus...
Was wollt ihr, immer gab es etwas zu tun.
Kann man denn die Hände in die Taschen stecken
und im Garten herumgaffen?
Ja, genau das kann man jetzt zur Zeit der Winterruhe. Dann wenn der Garten im Frost erstarrt, wenn sich Rauhreif drüber legt oder sogar eine sanfte Schneedecke. Am 2. Advent soll es sogar richtig Frost geben. Wenn auch kein Schnee.
Dann wird der Garten vielleicht noch beschaulicher. Karl Förster, berühmter Gärtner und Gartenphilosoph, schwärmte:
Rauhreif benimmt dem Winter alle Erdenschwere. ...Rauhreif ist die Mozartmusik des Winters, gespielt bei atemloser Stille der Natur... Mit ganz anderem, breiten Pinselstrich arbeitet der Schnee und holt eine völlig andere Schönheit aus der Pflanzenwelt heraus. Er stellt viel tiefere Ansprüche an die Schönheit eines Gartens und Parkes, um sein Reich voll entfalten zu können. Je schöner und reicher ein Garten im Sommer ist, desto schöner ist er auch im Schnee. Ganz besondere Träger seiner Schönheit sind aber kahle Gehölze von edler, reicher Verzweigung und Nadelhölzer.
Also vielleicht sollte man den Advent beginnen mit einem Blick in den Garten. Allenfalls könnte man noch ein sanftes Licht in den Garten hängen, einen Herrnhuter Stern vielleicht. Und dazu passt dann dieser Satz von Nietzsche für eine kleine Meditation über die Winterruhe: Der Weg zu allem Großen geht durch die Stille.
(St.Q.)