Das sagte Steinmeier bei der zentralen Feier in Mainz. Aber das Wahlergebnis vom 24. September habe gezeigt: "Es sind andere Mauern entstanden, weniger sichtbare, ohne Stacheldraht und Todesstreifen." Gewachsen sei die Sehnsucht nach Heimat, die nicht Nationalisten überlassen werden dürfe. Bei der Wahl hatten Union und SPD deutliche Verluste erlitten, die AfD war auf 12,6 Prozent gewachsen. Sie war vor allem im Osten stark.
"Mauern aus Entfremdung, Enttäuschung und Wut" seien bei manchen so fest geworden, dass Argumente nicht mehr durchdrängen, so Steinmeier. Die Debatte über Flucht und Migration habe Deutschland aufgewühlt, sei aber auch Folge einer aufgewühlten Welt. Viele Menschen sagten: "Ich verstehe die Welt nicht mehr." Der Wunsch nach heimatlicher Sicherheit sei nicht zu verurteilen. "Heimat weist in die Zukunft", sagte er. Aber: "Die Sehnsucht nach Heimat dürfen wir nicht denen überlassen, die Heimat konstruieren als ein "wir gegen die", als Blödsinn von Blut und Boden."
Der Bundespräsident forderte Argumente statt Empörung - vor allem bei der Flüchtlingspolitik. "Die Not von Menschen darf uns niemals gleichgültig sein", sagte er, verwies aber auf begrenzte Möglichkeiten zur Aufnahme von Flüchtlingen. Steinmeier forderte eine Unterscheidung zwischen Flucht aus politischer Verfolgung und vor Armut. "Sie sind nicht dasselbe und begründen nicht den gleichen uneingeschränkten Anspruch." Notwendig sei ein ehrlicher Umgang mit dem Thema. Dazu gehöre die Frage, "welche und wie viel Zuwanderung wir wollen und vielleicht sogar brauchen." Notwendig seien legale Zugänge, Steuerung und Kontrolle. Dann könne die Polarisierung der Debatte überwunden werden.