Große Unterschiede bei Abschiebepraxis der Bundesländer

 (DR)

Beim Umgang mit Flüchtlingen ohne Bleiberecht verfolgen die Bundesländer nach wie vor völlig unterschiedliche Ansätze. Dies geht aus einer von der hessischen Landesregierung angestoßenen Datenabfrage hervor, deren Ergebnisse dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegen. Obwohl Bundes- und EU-Recht übereinstimmend regeln, dass sogenannte freiwillige Ausreisen gegenüber Abschiebungen zu bevorzugen sind, setzten Länder wie Sachsen oder das Saarland nach wie vor ganz überwiegend auf Zwangsmaßnahmen.

So vermeldete etwa Sachsen aus dem Zeitraum von Januar bis Ende Oktober 2015 nur 628 freiwillige Ausreisen, aber mehr als doppelt so viele Abschiebungen. Im Saarland lag das Verhältnis sogar bei mehr als eins zu drei. Umgekehrt konnten Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz eine große Anzahl von Flüchtlingen ohne legale Bleibechance dazu bewegen, durch eine eigenständige Rückkehr in ihre Heimatländer die Abschiebung zu vermeiden.

Rheinland-Pfalz hat die meisten Rückkehrer

Wegen der offenbar effektiven Rückkehrhilfen hatte Rheinland-Pfalz sogar gemessen an der Aufnahmequote die höchste Rückkehrer-Zahl aller Bundesländer, obwohl im Bundesvergleich nur sehr wenige Flüchtlinge von dort abgeschoben wurden. Mehr als 4.200 freiwilligen Ausreisen standen dort lediglich 439 Abschiebungen gegenüber. Gemessen an der gesamten Flüchtlingszahl in den jeweiligen Ländern gab es in Rheinland-Pfalz 15 Mal mehr freiwillige Rückkehrer als im Saarland und über hundertmal mehr als in Brandenburg.

Dem vorliegenden Zahlenmaterial zufolge konnten auch Bayern, Hessen und Schleswig-Holstein eine verhältnismäßig effektive Rückführungspolitik verbuchen. Die verhältnismäßig geringste Zahl an Rückführungen ausreisepflichtiger Flüchtlinge gab es demnach in Brandenburg, Bremen und dem Saarland. Aus Baden-Württemberg lagen nur Zahlen zu den Abschiebungen, aber nicht zu den freiwilligen Ausreisen vor.

Humanere Alternative

Den ersten derartigen Ländervergleich und das Abschneiden von Rheinland-Pfalz hatte vor einigen Tagen das Mainzer Integrationsministerium öffentlich gemacht, eine Veröffentlichung der für den internen Gebrauch bestimmten Zahlen jedoch abgelehnt. Die hessische Landesregierung hatte danach sogar die Existenz der Vergleichsdaten bestritten.

Die Durchsetzung einer freiwilligen Ausreise gilt als deutlich humanere Alternative zu einer Abschiebung. Auch die Kosten für die öffentlichen Haushalte sind deutlich geringer. Allerdings ist auch das Konzept der freiwilligen Rückkehr umstritten, da nach Überzeugung von Flüchtlingsorganisationen in den allermeisten Fällen kaum von einer wirklich freiwilligen Entscheidung der betroffenen Ausländer auszugehen ist. Im Jahr 2006 hatte eine Jury "freiwillige Ausreise" noch zum Unwort des Jahres gekürt.

(Quelle: epd)