Mit einem Treffen der Kardinäle Reinhard Marx und Kazimierz Nycz ist am Montag in Warschau die Begegnung deutscher und polnischer Bischöfe fortgesetzt worden. Anlass des bis Dienstag dauernden Treffens ist das gemeinsame Gedenken an den Beginn des Zweiten Weltkriegs vor 75 Jahren. Es gebe "keine Versöhnung ohne Menschen guten Willens", betonte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz im Anschluss an das Gespräch mit Nycz. Die Vergangenheit dürfe nicht vergessen werden, "wir können aber mutig nach vorne schauen".
Am Nachmittag stand ein Besuch am Grab des vom kommunistischen Staatssicherheitsdienst 1984 ermordeten und 2010 seliggesprochenen Priesters Jerzy Popieluszko sowie ein Rundgang im Museum des Warschauer Aufstands von 1944 auf dem Programm. Am Abend folgte ein Gespräch über die Zukunft Europas, an dem auch der Historiker und ehemalige polnische Außenminister Wladyslaw Bartoszewski teilnahm.
Zentrale Veranstaltung des ersten Besuchstages waren ein deutsch-polnischer Gottesdienst in der Kathedrale von Gliwice sowie eine Andacht am Sender Gleiwitz. Ein von den Deutschen fingierter Überfall auf den Rundfunksender am 31. August 1939 war einer von mehreren Episoden, die Adolf Hitler als Vorwand für den von Deutschland entfesselten Zweiten Weltkrieg dienten. Der Krieg begann am 1. September 1939 mit dem Angriff auf Polen.
Marx beklagte, "dass der Weltkrieg damals von der Kirche in unserem Land nicht als Unrecht geächtet wurde". Umso wichtiger sei es heute, dass sich Kirchen und Religionen nicht instrumentalisieren ließen. "Die aktuellen Erfahrungen von Krieg, Terror, Gewalt im Irak, Syrien und auch in der Ukraine fordern uns als Christen heraus, ein engagiertes Zeugnis zu geben für einen gerechten Frieden und die Achtung der Würde des Menschen."
Am Rande der Gedenkveranstaltung äußerte sich Marx auch lobend über die Beziehungen der deutschen Bischöfe zu ihren polnischen Kollegen. Mit keiner anderen Bischofskonferenz im Ausland unterhalte man eine eigene Kontaktgruppe, betonte der Kardinal. Bereits in seiner Predigt hatte Marx gesagt, das "Werk der deutsch-polnischen Versöhnung" sei "aus der Architektur des europäischen Hauses nicht wegzudenken".
Polens Staatspräsident Bronislaw Komorowski hob seinerseits den Beitrag der Kirche für das gute Verhältnis zwischen den beiden Nachbarländern hervor. Die polnischen Bischöfe hätten im Jahre 1965 mit einem Brief an die Deutsche Bischofskonferenz den Grund für einen Neuanfang zwischen Polen und Deutschen gelegt, so Komorowski in seinem Grußwort.
An der Gedenkfeier am Sender Gleiwitz nahmen auch Vertreter der evangelischen Kirche in Polen sowie jüdische Repräsentanten teil. Der Gottesdienst bildete den Auftakt der bis Dienstag dauernden Begegnung zwischen den deutschen und polnischen Bischöfen. (KNA)