Wegen Renovierung geöffnet

Davidsturm-Museum in Jerusalemer Altstadt wird generalüberholt

Eigentlich wäre das Davidsturm-Museum in der Jerusalemer Altstadt wegen Corona verwaist. Stattdessen graben und werkeln Dutzende Arbeiter an dem historischen Bau. Das 1989 eröffnete Museum bekommt eine Generalüberholung.

Ausgrabungen während Renovierungsarbeiten im Innenhof des Museums der Stadtgeschichte Jerusalems / © Andrea Krogmann (KNA)
Ausgrabungen während Renovierungsarbeiten im Innenhof des Museums der Stadtgeschichte Jerusalems / © Andrea Krogmann ( KNA )

Wer sich von Westen her der Jerusalemer Altstadt nähert, kommt optisch nicht an ihr vorbei. So majestätisch wie elegant thront die sogenannte Davids-Zitadelle rechts neben dem Jaffa-Tor über dem nördlichen Teil des Hinnom-Tals. Jetzt erhält eines der Wahrzeichen Jerusalems und Zwischenstopp für jährlich über 500.000 Besucher eine gründliche Überholung. Hinter den coronabedingt geschlossenen Türen wird hart gearbeitet - und dabei manche Tür geöffnet, die über die Jahrzehnte in Vergessenheit geraten war.

Pandemie beschleunigt Bauarbeiten

Nach siebenjähriger Planungszeit kam im Juli grünes Licht: Über einen Zeitraum von drei Jahren sollte die Zitadelle bei laufendem Betrieb Stück für Stück grunderneuert werden. Als stattdessen Israel im September einen zweiten Lockdown verhängte, ergriff Museumsdirektorin Eilat Lieber die Gelegenheit beim Schopf und nutzte die ungewollte Schließung, um die Arbeiten voranzutreiben.

Umgerechnet rund 34 Millionen Euro sind für das Projekt veranschlagt, finanziert vor allem durch die britische Clore Israel Foundation in Kooperation mit der Stadt, dem Jerusalem-Ministerium und dem Tourismusministerium. An seinem Ende soll das Museum nicht nur mit einem neuen Design und zeitgemäßem Ausstellungskonzept überzeugen.

Auch Aspekte wie behindertengerechte Zugänge, Konservierung, Nachhaltigkeit, und Integration in die Stadtentwicklung sollen ihren Niederschlag finden, erklärt Lieber.

Und hinter der Tür das Mittelalter

Ein halb in die Erde gebauter zweistöckiger Eingang mit Besucherzentrum soll ebenso hinzukommen wie ein neuer pädagogischer Flügel mit einem Auditorium. Römisch-byzantinische Ausgrabungen unter dem heutigen Platz vor dem Jaffa-Tor sollen in das Museum integriert und die bisherige Ausstellungsfläche auf 20.000 Quadratmeter verdoppelt werden. Dort werden in der künftigen Dauerausstellung Funde aus dem alten Jerusalem präsentiert - darunter wohl auch der ein oder andere überraschende Fund der jetzigen Arbeiten.

"Die Tür ist so lange nicht geöffnet worden, dass sie quasi Teil des Steins geworden ist", scherzt Amit Re'em. Der Bezirksarchäologe der Israelischen Antikenbehörde, der den archäologischen Teil der Arbeiten in und um die Zitadelle leitet, deutet auf einen Durchgang in den dicken Kalksteinwänden. Als die Archäologen die Tür unlängst öffneten, fanden sie hinter jeder Menge Gerümpel eine mittelalterliche Latrine mit einem Abwasserkanal von beeindruckender Größe.

Der Tunnel ein Fluchtweg?

"Meiner Einschätzung nach ist dies nicht nur ein Abwassersystem", so der Archäologe. "Der Tunnel ist riesig. Er könnte in der Kreuzfahrerzeit als Fluchtweg genutzt worden sein." Aus geplanten Untersuchungen der Ablagerungen der antiken Toilette erhoffen sich die Forscher zudem Aufschlüsse über die mittelalterliche Ernährung und verbreitete Krankheitserreger.

Selbst für Re'em sind die Arbeiten in und an der Zitadelle etwas Besonderes. "Man bekommt nicht jeden Tag die Gelegenheit, in einem Wahrzeichen Jerusalems zu graben", sagt er. Das Erneuerungsprojekt für das Museum am Jaffator sei entsprechend eine "rare Gelegenheit, die Geheimnisse und die Geschichte des Baus zu erforschen".

3-D-Modell geplant

Mittels Lasertechnologie soll dabei der gesamte Bau in all seinen Schichten vermessen und ein 3-D-Modell erstellt werden. Insbesondere bislang vernachlässigten Epochen soll dabei laut Re'em die Aufmerksamkeit gelten. "Die mittelalterliche Geschichte der Zitadelle wurde von der bisherigen Erforschung stiefkindlich behandelt, ebenso die frühe osmanische Zeit. Niemand hat bisher die Frage gestellt, wer die mittelalterliche Zitadelle gebaut hat oder warum."

Diese Lücke soll mit den neuen Untersuchungen geschlossen werden - ohne natürlich die älteren Schichten aus der Zeit des Herodes, der Römer, der byzantinischen Zeit zu vernachlässigen, erklärt Caroline Schapiro. Für die PR-Chefin des Museums ist es Ironie des Schicksals, dass das Projekt gerade jetzt volle Fahrt aufnehmen kann. Habe man sich noch im Januar den Kopf zerbrochen, wie sich Museumsbetrieb und Renovierung vereinbaren ließen, sei das coronabedingt geschlossene Museum gegenwärtig nur dank der Arbeiten nicht verwaist.

Wenn mit der nächsten Lockerung der Lockdown-Regelungen Museen wieder öffnen dürfen, will auch der Davidsturm Sonderausstellungen, geführte Touren und Aktivitäten anbieten. Bis Frühjahr 2022, über ein Jahr schneller als ursprünglich angedacht, soll das Haus dann in aufgehübschter Form wieder voll zugänglich sein.


Amit Re'em, Bezirksarchäologe der Israelischen Antikenbehörde (IAA) / © Andrea Krogmann (KNA)
Amit Re'em, Bezirksarchäologe der Israelischen Antikenbehörde (IAA) / © Andrea Krogmann ( KNA )

Archäologische Funde: türkische Pfeifenköpfe und der Unterkiefer eines Schweins / © Andrea Krogmann (KNA)
Archäologische Funde: türkische Pfeifenköpfe und der Unterkiefer eines Schweins / © Andrea Krogmann ( KNA )

Ausgrabungen entlang der Außenmauer (Stadtmauer) in Jerusalem / © Andrea Krogmann (KNA)
Ausgrabungen entlang der Außenmauer (Stadtmauer) in Jerusalem / © Andrea Krogmann ( KNA )
Quelle:
KNA
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