DOMRADIO.DE: Der plötzliche Tod von Thomas Oppermann hat das politische Berlin tief erschüttert. Das konnte man in den vergangenen Tagen schon an den Reaktionen merken. Hat sich das auch bei der Trauerfeier im Bundestag heute bemerkbar gemacht?
Prälat Dr. Karl Jüsten (Leiter des Katholischen Büros Berlin): Zunächst einmal: Immer, wenn ein Abgeordneter stirbt, dann gibt es fraktionsübergreifend ein Innehalten. Und gerade wenn einer wie Herr Oppermann, der in einer herausragenden Position im Deutschen Bundestag über viele Jahre tätig war, stirbt, ist natürlich die Wahrnehmung noch größer, weil ihn natürlich alle kannten. Was alle, die heute sprachen, zuerst sagten war, dass sie bei dem Gedanken bei der Familie sind, denn die wird dieser plötzliche Tod wahrscheinlich noch mehr mitnehmen als diejenigen, die mehr beruflich mit Herrn Oppermann zu tun hatten. Es war eine sehr gute Beteiligung im Deutschen Bundestag. Der Bundespräsident (a.D.) Gauck und Bundeskanzler (a.D.) Schröder waren da. Politiker aus seiner vorherigen Zeit. Ich habe noch Minister Schily gesehen, Minister Gabriel und natürlich das aktuelle Kabinett. Der Bundestag war so voll vertreten, wie er nur sein konnte. Coronabedingt sind nur wenige Abgeordnete im Plenarsaal faktisch zugelassen. Aber es war dennoch eine sehr traurige Stimmung, die sich fraktionsübergreifend darstellte. Von rechts bis links. Und das zeigt dann doch auch, was für ein hohes Ansehen der Oppermann im Deutschen Bundestag genossen hat.
DOMRADIO.DE: Wie behalten Sie persönlich Thomas Oppermann in Erinnerung?
Jüsten: Eigentlich so, wie ihn die beiden Redner Schäuble und Mützenich beschrieben hatten, als einer, der für seine Sache sehr stark kämpfte, sich sehr stark einsetzte, der auch mit allen politischen Wassern gewaschen war. Er kannte auch alle Tricks, die man anwendet, um eine Mehrheit zu organisieren. Aber das muss man natürlich als Erster Parlamentarischer Geschäftsführer und Fraktionsführer auch können, was ja sein Haupttätigkeiten waren. Er hat es gerade in seinem letzten Amt geschafft, fraktionsübergreifend zu wirken. Und ich habe ihn als sehr verlässlichen Gesprächspartner in Erinnerung. Immer wenn Verabredungen zu treffen waren, konnte ich mich auf ihn verlassen und - was nur wenige so wahrgenommen hatten, aber das wurde heute eigentlich auch deutlich - Herr Oppermann war auch evangelischer Christ. Er war in seiner Jugendzeit in der Aktion Sühnezeichen engagiert, und das war wohl eine seiner prägenden Zeiten. Ich begrüße das immer, wenn ich mit Kirchenanliegen, auf ihn zukam, hatte er immer ein offenes Ohr, blieb oftmals auch stehen, sodass wir auch über Persönliches gesprochen haben. Manchmal war sein junger Sohn auch dabei. Da habe ich sehr schöne, auch persönlich nette Erinnerungen, die ich mit ihm verbinden werde.
Das Gespräch führte Gerald Meyer.