Diskriminierung bei der Wohnungssuche in Deutschland?

Mit falschem Namen wird es richtig schwer

Der Wohnraum in vielen deutschen Städten ist knapp. Hat es der Bewerber mit einem deutsch klingenden Namen bei der Suche nach einer neuen Bleibe leichter als der mit einem ausländischen? Doch nicht nur das ist offenbar ein Kriterium.

Wohnungsbesichtigung / © Axel Heimken (dpa)
Wohnungsbesichtigung / © Axel Heimken ( dpa )

DOMRADIO.DE: In Deutschland wird jeder dritte Wohnungssuchende mit Migrationshintergrund auf dem Wohnungsmarkt diskriminiert. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, die in Berlin vorgestellt wurde. Warum genau hat es denn ein "Herr Yildirim" schwerer, eine Wohnung zu finden als ein "Herr Schmitz"?

Klaudia Meder (Antidiskriminierungsbüro des Caritasverbandes für die Stadt Köln): Das würde ich persönlich auch selber gerne wissen. Aber die Realität sieht so aus, dass der Betroffene aufgrund des ausländisch klingenden Namens, aufgrund seines Akzents oder aufgrund der Tatsache, dass er einer bestimmten Region angehört, mit der man nichts zu tun haben möchte, abgelehnt wird. Das sind Themen, die uns täglich in der Antidiskriminierungberatung beschäftigen.

DOMRADIO.DE: Der AfD-Ehrenvorsitzende Alexander Gauland hat in einem Interview einmal gesagt, dass Leute den ehemaligen Nationalspieler Jerome Boateng zwar gut finden, ihn aber ungern als Nachbar haben wollen. Ist das eine noch in vielen Köpfen sitzende Stimmung?

Meder: Die ist auf jeden Fall da. Ich habe in den Medien auch die Umfrage-Ergebnisse der Antidiskriminierungsstelle des Bundes mitbekommen. Es ist natürlich kein neues Thema, sondern ein alltägliches Thema. Durch die Schwierigkeit, wegen der vielerorts prakären Wohnlage überhaupt an Wohnungen zu bekommen, ist das nochmal eine verschärfte Situation. Ich habe als ausländische Mitbürgerin oder als ausländischer Mitbürger hier keine Nische, die es mir früher vielleicht noch möglich gemacht hat, eine Wohnung zu finden.

Aber in diesem Zusammenhang sind es viele Themen, die mich berühren. Es ist ja nicht nur die Krux mit einem Punkt wie der ethnischen Herkunft. Es geht vielmehr um die Hautfarbe, die Sprache, den Akzent, das Alter oder eine Behinderung. Das sind die Merkmale, die auch im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG, Anm. d. Red.) aufgeführt werden. Aber die soziale Herkunft des Einzelnen oder die sozioökonomische Situation sind beispielsweise Punkte, die eine große Rolle spielen und die Leute verzweifeln lässt.

Ich finde, dass viel zu wenig für eine Veränderung getan wird. Es gibt gar keine Lobby für diese Leute, die Wohnungen suchen. Dieses Verzweifelte, was man täglich mitkriegt, ist in unserer aller Köpfe so nicht präsent. Wenn ich nicht an dieser Stelle sitzen würde, wo ich täglich damit konfrontiert bin, dann kann es auch an einem vorbeigehen.

DOMRADIO.DE: Sie haben gerade schon das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz angesprochen. Das gilt grundsätzlich nicht, wenn ein besonderes Nähe- oder Vertrauensverhältnis eingegangen wird, etwa durch die Nutzung von Wohnraum auf demselben Grundstück. Sind das Rechtslücken, die dringend geschlossen werden müssten?

Meder: Klar sind das Rechtslücken, die dringend geschlossen werden müssen. Es ist natürlich auch schwierig, es zu belegen und zu beweisen, wenn man als ausländischer Mitbürger eine Wohnung sucht und ständig abgewiesen wird. Das sind Dinge, die es einem unheimlich schwer machen, dieses AGG überhaupt in Anspruch nehmen zu können.

Die Menschen haben zudem in ihrer betroffenen Situation oft auch nicht die Energie, irgendein Verfahren einleiten zu können. Ganz davon abgesehen kostet das ja auch Geld. Es ist unrealistisch, wenn man da mit dem AGG kommt. Da muss man schon schauen, wer einen da begleiten kann und welche Beratungsstellen es gibt, die das nötige Know-How haben und so ausgerichtet sind, dass dann eine Begleitung möglich ist.

DOMRADIO.DE: Können Sie denn Beispiele nennen, die dieser Diskriminierung zumindest ein Stück entgegenwirken?

Meder: Es gibt aus meiner Sicht Schritte, die im Kleinen schon mal ein Ansatz sind. Wir sind auch vom "Kölner Forum gegen Rassismus und Diskriminierung" mit dem Thema unterwegs. Wir haben vor längerer Zeit schon einmal das Gespräch mit den Wohnungsbaugesellschaften gesucht. Da sind wir mit klaren Fallbeispielen herangetreten und haben noch einmal deutlich gemacht, welche Bevölkerungsgruppe es besonders schwer hat. Hier ist zum Beispiel die Gruppe der Sinti und Roma zu nennen. Die fallen aus diesem Raster vollkommen raus.

Es gibt beispielsweise in Köln ein vom Caritasverband initiiertes Wohnprojekt, das ganz groß von der Kirche umgesetzt worden ist. Da gab es Wohnungen für diese Familien. Das ist eine Möglichkeit und ein kleiner Meilenstein, wie man es machen könnte. Es gibt auch eine Zusammenarbeit zwischen anderen Wohnungsbaugesellschaften und der Kirche. Aber das Thema müsste von allen Institutionen und von allen politischen Parteien aufgegriffen werden.

Das Interview führte Julia Reck.


Quelle:
DR