Kardinal Marx ruft Politik zu verbaler Abrüstung auf

Für die Würde des Parlaments

Die deutschen Bischöfe treffen sich in Fulda zur Herbstvollversammlung. Zum Auftakt appellierte der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Marx, an die Abgeordneten, die "Sprache des Hasses und der Abgrenzung“ zu unterlassen.

Reinhard Kardinal Marx / © Harald Oppitz (KNA)
Reinhard Kardinal Marx / © Harald Oppitz ( KNA )

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, hat die Abgeordneten des neuen Bundestags zu "verbaler Abrüstung" aufgerufen. Jeder Abgeordnete habe die Pflicht, für das Gemeinwohl zu arbeiten und dürfe nicht einer Klientel dienen, sagte Marx am Montag vor Journalisten in Fulda. Es gehe um die "Bewährungsprobe", ob alle Parteien in der Lage seien, mit der neuen Situation umzugehen.

Die Abgeordneten könnten streiten und um das bessere Argument ringen, sollten dabei aber auf eine "Sprache der Abgrenzung und Hasses" verzichten, fügte Marx hinzu, ohne die AfD zu nennen. Wenn "unerträgliche Thesen" vertreten würden, dann müsse diesen klar widersprochen werden. Auch auf Nachfrage wollte sich Marx nicht näher zum Wahlerfolg der Rechtspopulisten äußern. Das Parlament bestehe aus sechs Fraktionen und drehe sich nicht um eine Partei.

Zunehmender Populismus 

Als zentrale politische Anliegen der katholischen Kirche an den neuen Bundestag nannte Marx die Sorge für Arme, Kranke und Flüchtlinge, den Lebensschutz, die Förderung von Ehe und Familie sowie den Frieden und Europa als Friedensprojekt. Aus der katholischen Soziallehre ergäben sich Hinweise, wie Politik betrieben werden könne.

Der Kardinal äußerte sich besorgt über einen zunehmenden Populismus und eine Stärkung rechter Parteien weltweit. Als Beispiele nannte er Italien, Frankreich, Polen und die USA. Ein "Ruck nach rechts" sei also kein deutsches Phänomen. Dahinter könnten die Suche nach Identität, aber auch der Wunsch nach Abschottung und Abgrenzung stehen. Die Position des Evangeliums sei es, dass alle Menschen vor Gott den gleichen Wert hätten.

Marx äußerte sich im Vorfeld der Herbstvollversammlung, die traditionell in Fulda stattfindet. Dort beraten die aktuell 67 katholischen Bischöfe bis Donnerstag unter anderem über Terrorismus und den Umgang mit dem Islam. Einen Studientag widmet die Konferenz Umweltfragen. Zurückblicken wollen die Bischöfe laut Marx und über das Reformationsgedenken sprechen. Die vergangenen Monate hätten ihn ermutigt; "polemische Spitzen" zwischen Protestanten und Katholiken seien unterblieben. Die Kirchen seien stattdessen besser zusammengewachsen.

Theologische Entscheidungen über die Frage der wechselseitigen Zulassung zu Abendmahl und Eucharistie soll es laut Marx in Fulda nicht geben. Zwei Kommissionen der Bischofskonferenz befassten sich derzeit mit ökumenischen Themen. Marx räumte ein, dass es innerhalb der Konferenz unterschiedliche Auffassungen gebe.

"Bei Gott gelten andere Gesetze"

Bereits am Wahlabend hatte Marx davor gewarnt, sich "von den neuen Versuchungen verführen lassen, die in Europa, auch in unserem Land, wieder beginnen: 'Unsere Nation zuerst! Wir zuerst!'" So habe jeder Krieg begonnen. Christen müssten Vorreiter des Miteinanders sein, denn vor Gott zähle nicht, woher man komme, sondern wer man sei. Christen sollten Werkzeug für den Frieden sein. "Bei Gott gelten andere Gesetze", sagte Marx. "Da gilt nicht das Gesetz: Wir zuerst. Unsere Nation ist größer und stärker und mächtiger, und wir sind mehr wert als andere." 

Daher sei es egal, woher jemand komme, welche Sprache er spreche, welche Hautfarbe er habe. Bei der Frage, was ein Mensch wert sei, zähle nicht, was er leiste, wie viel Geld er habe, welche Hautfarbe oder Nationalität er habe, "sondern da zählt nur dein Herz", betonte der Erzbischof.

 

Quelle:
KNA