Caritas sieht Pflegebranche durch Abrechnungsskandal in schlechtes Licht gerückt

"Nur wenige Pflegedienste betroffen"

230 Pflegedienste haben mit gefälschten Rechnungen Krankenkassen abkassiert. Dabei geht es um relativ wenige schwarze Schafe, stellt Helene Maqua vom Kölner Diözesan-Caritasverband fest. Die meisten der über 13.000 Dienste würden rechtmäßig arbeiten.

Pflegedienst im Einsatz / © Stefan Sauer (dpa)
Pflegedienst im Einsatz / © Stefan Sauer ( dpa )

domradio.de: Es ist nicht der erste Skandal in der Branche. Steckt ein größeres Problem dahinter?

Helene Maqua (Abteilungsleiterin für den Bereich Altenhilfe beim Diözesan-Caritasverband im Erzbistum Köln): Ja. Aber dieses Problem betrifft wirklich nur wenige Pflegedienste mit einer erheblichen kriminellen Energie. Das sind nicht die normalen Pflegedienste der Wohlfahrtspflege oder der privaten Unternehmen. Wir von der Caritas haben mit diesen massiven kriminellen Energien überhaupt nichts zu tun. Bei uns werden auch die Pflegedienste regelmäßig überprüft. Nicht nur die Pflegequalität, sondern auch die Abrechnungen.

domradio.de: Das heißt, in diesem Fall geht es weniger um ein Grundproblem des Systems, sondern um kriminelle Energie bei den betroffenen 230 Unternehmen?

Maqua: Ja, so würde ich das sehen. Die Einrichtungen und Pflegedienste melden uns nämlich auch vermehrt Kontrollen - die sie gerne wahrnehmen, damit die Pflege transparent wird und man den Patienten zeigen kann: Bei uns läuft alles rechtmäßig. Alles was ihr bezahlt, wird tatsächlich auch geleistet.

domradio.de: Kann denn jeder einfach einen Pflegedienst gründen - oder gibt es Hürden, um Skandale wie den aktuellen zu vermeiden?

Maqua: Es gibt natürlich Hürden. Und zwar müssen Sie Pflegefachkraft sein, um überhaupt in einen Vertrag mit einer gesetzlichen Krankenkasse zu kommen. Sie müssen mit den Krankenkassen auch ausmachen, wie groß der Pflegedienst sein soll, welche Leistungen Sie erbringen, wie Sie die Qualität sicherstellen, wie eine Rund-um-die-Uhr-Pflege gewährleistet werden kann. Aber wenn ich betrügen will, schaffe ich es auch.

domradio.de: Was mache ich denn als Familie, als Angehöriger, wenn ich einen Pflegefall in der Familie habe, um an einen seriösen Pflegedienst zu kommen?

Maqua: Bei jedem Patienten gibt es in der Pflegedokumentation einen Nachweis über die erbrachten Leistungen. Die zeichnet der Patient auch ab. Das können der Patient und die Angehörigen überprüfen und mit der Rechnung vergleichen. 

domradio.de: Generell spielen in der Pflegebranche ja Überlastung und schlechte Bezahlung eine Rolle. Was sagen Sie als Caritas da in Richtung Politik? 

Maqua: Die Politik sollte vor allem etwas differenzierter darstellen. Die Nachricht von dem Abrechnungsskandal rückt die ganze Pflegebranche in ein schlechtes Licht. Dabei betrifft es von über 13.000 ambulanten Diensten 230. Bei allen geht es um osteuropäische Pflegedienste.

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.


Quelle:
DR