Vatikan empfiehlt deutsches Modell der Sozialen Marktwirtschaft

Menschlich und gerecht

Der vatikanische Verantwortliche für soziale Fragen empfiehlt das deutsche Modell der Sozialen Marktwirtschaft als Vorbild für andere Länder. "Dieses Ethos muss erneuert und gestärkt werden", so Kurienkardinal Peter Turkson.

Auszubildende / © Oliver Berg (dpa)
Auszubildende / © Oliver Berg ( dpa )

Dann könne Unternehmertum zu einer "edlen Berufung" werden, sagte Turkson am Dienstag in Rom. "In der ursprünglichen Sozialen Markwirtschaft hat die Wirtschaft ihre soziale Verantwortung, ihre Verpflichtung zum Gemeinwohl akzeptiert", so Turkson bei einer Konferenz über Papst Franziskus und die Wirtschaft.

Hier habe ein Bewusstsein dafür geherrscht, dass es nicht nur um das Wohl der Aktionäre gehe. "Dies war in Deutschland besonders deutlich", erklärte der Präfekt der neugeschaffenen vatikanischen Behörde "für ganzheitliche Entwicklung des Menschen".

Arbeitsplätze über kurzfristige Profite

Für eine Revitalisierung der Sozialen Markwirtschaft müssten Arbeitsplätze über kurzfristige Profite gestellt werden, forderte Turkson. Statt die Globalisierung zur Maximierung des eigenen Gewinns auszunutzen, müsse in eine nachhaltige Entwicklung investiert werden.

Firmen müssten ihre Angestellten gut entlohnen und einen fairen Steuersatz bezahlen. Offenbar sieht Turkson die Soziale Markwirtschaft gegenwärtig jedoch auch in Deutschland gegenwärtig gefährdet. Er sprach durchgehend in der Vergangenheitsform.

Organisator der halbtägigen Konferenz an der Päpstlichen Universität vom Heiligen Kreuz waren die Deutsche Botschaft beim Heiligen Stuhl sowie die dortigen diplomatischen Vertretungen Österreichs und der Niederlande. Unternehmer, Banker und Diplomaten diskutierten über Perspektiven für eine humane und nachhaltige Wirtschaft.

Nächste vatikanische Wirtschaftskonferenz geplant

Vom 21. bis 23. September veranstaltet der vatikanische Kulturrat im römischen Palazzo Borromeo eine weitere hochkarätige Tagung zum Thema Wirtschaft. Unter anderen hat der US-Nobelpreisträger Angus Deaton seine Teilnahme zugesagt. Die Konferenz mit dem Titel "Für eine menschlichere und gerechtere Wirtschaft" steht im Rahmen des sogenannten Vorhofs der Völker, einer Gesprächsreihe mit Nichtglaubenden, die Papst Benedikt XVI. (2005-2013) angestoßen hatte.

Die globale Wirtschaft in Frage stellen bedeute nicht, die Finanzwelt als etwas Grundschlechtes zu präsentieren, sagte Kulturrats-Präsident Kardinal Gianfranco Ravasi bei der Vorstellung der Konferenz im Vatikan. "Wenn wir uns über die Wirtschaft Gedanken machen, dann wollen wir damit nicht die Finanzwelt in Frage stellen." Die Finanzwelt sei ein Instrument. "Was wir heute leider feststellen, ist eine Bulimie der Mittel und eine Magersucht der Zwecke", so Ravasi.

Kann Entwicklungshilfe falsch sein?

Die Finanzmittel seien da, um den Menschen zu helfen, eine bessere Gesellschaft zu fördern.

An der Konferenz nehmen namhafte Wirtschaftsfachleute und Wissenschaftler sehr kontroverser Richtungen teil. Unter anderen spricht der Wirtschaftsnobelpreisträger Deaton, ein harter Kritiker von Entwicklungshilfe. Diese stiftet nach seiner Meinung zwar einen unmittelbaren Nutzen, zerstöre aber, da sie nicht vom Staat selbst erbracht werde und von außen komme, den Gesellschaftsvertrag und richte daher großen Schaden an. Die Entwicklungshilfe behindere dadurch die Entstehung eines funktionierenden Staates.

 


Quelle:
KNA