Lehren und Reaktionen nach Wahlsonntag

"Die Parteien selbst bestimmen ihre Nähe zur Kirche"

Der Wahlerfolg der AfD wird heiß diskutiert und über Ursachen und Folgen gesprochen. Die Kirche hofft nach der Wahl auf die Besinnung auf christiliche Werte und Menschlichkeit im Regierungsfindungs-Prozess.

AfD- Wahlerfolg in Sachsen.Anhalt / © AFP (AFP)
AfD- Wahlerfolg in Sachsen.Anhalt / © AFP ( AFP )

Es war ein geschichtsträchtiger Wahlsonntag. Es sind Wahlergebnisse, die sich zu den Vorjahren stark unterscheiden. In Baden-Württemberg sind die Grünen weit vorne. Die AfD liegt auf Anhieb vor der SPD, die sich im Klein-Parteien-Niveau befindet. In Sachsen-Anhalt ebenso: Die AfD, bislang gar nicht im Magdeburger Landtag vertreten, holt mal eben 24 Prozent und überholt damit die Linke und SPD. Wie es weitergeht, ist in allen drei Bundesländern unklar: In allen drei Ländern wurden die bisherigen Koalitionspartner von den Wählern so heftig abgestraft, dass eine Regierungsbildung mit den alten Verbündeten nicht mehr möglich ist.

Trend zu einfachen Antworten

"Überrascht konnte man eigentlich nicht sein, wenn man sich im sozialen Leben bewegt und sein Umfeld beobachtet", erklärt Politologe Andreas Püttmann im domradio.de. Es sei schon festzustellen, dass in unserem Land eine gewisse Bewegung nach rechts erkennbar sei. "Das geht ja bis in den Freundes- und Familienkreise hinein."  Püttmann erkennt ebenfalls eine gewisse Radikalisierung und einen Trend zu einfachen Antworten. Gerade die Flüchtlingsdebatte sei ein sehr emotionales Thema, das seit gut einem Jahr die politischen Diskussionen prägt. Es ist ein Protest zu verschiedenen Themen, aber vor allem den Unmut in der Flüchtlingskrise.

Das bestätigt auch im domradio.de Interview Dieter Skala, der Leiter des Katholischen Büro in Mainz. Seit 2015 befasst sich die Politik in seinem Bundesland Rheinland-Pfalz mit den Möglichkeiten mit den Flüchtlings-Strömen umzugehen. "Generell sei das politische Klima weniger aufgeheizt als andernorts. Das hat sich auch in diesem Wahlkampf niedergeschlagen", erklärt er.

Als Randerscheinung

Trotz der Wahlerfolge ordnet der Politikwissenschaftler Andreas Püttmann die AfD als "eine Art von Sekte von Wutbürgern am rechten Rand" ein, die durch einen Graben getrennt seien vom Rest der Gesellschaft und die aber nicht mehr als 12 Prozent ausmachten. Als Randerscheinung sieht auch der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, die AfD und warnt davor den  Wahlerfolge zu dramatisieren. Zwar habe die Flüchtlingskrise die Protestwähler an die Urne getrieben, sagte Sternberg am Montag dem "Münchner Kirchenradio". Auf die Wahlberechtigten in ganz Deutschland bezogen, hätten aber gerade mal zwei Prozent für die Rechtspopulisten gestimmt. Die AfD müsse nun erst einmal beweisen, dass sie eine funktionierende Partei sei. Er glaube jedoch nicht daran, so Sternberg. Die AfD werden sich in den Parlamenten selbst entzaubern und dann werde deutlich, "wessen Geistes Kind diese Menschen sind".

Für den Politologen neu und beunruhigend "ist, dass es eine große Fraktion von konservativen Bürgern gibt, die keine Hemmungen haben, mit rechtsradikalen wie Björn Höcke, gemeinsame Sache zu machen und sich davon nicht abzugrenzen."

Sorge um die AfD-Erfolge

Im Vorfeld der Wahlen hatten sich unter anderem das Zentralkomitee der deutschen Katholiken bereits entschieden von der AfD abgegrenzt. Erste Reaktionen aus kirchlichen Kreisen auf die Landtagswahlen in drei Bundesländern sehen den AfD-Erfolg mit Sorge. Der Ausgang der Wahl werfe "manche Fragen" auf, so Bischof Gerhard Feige nach der Wahl in Sachsen-Anhalt. Es gelte, "aufmerksam zu beobachten", ob sich die AfD genügend von rechtsradikalen Tendenzen distanzieren und auch "Empathie für Flüchtlinge und Asylsuchende" zeigen werde oder "ob ihre Abneigung gegenüber anderen Religionen und Kulturen noch schärfere Formen annehmen" werde. Letzteres sei entschieden zurückzuweisen, unterstrich Feige. Schließlich gehe es in der Flüchtlingsfrage um "wesentliche Kriterien für Anstand und Menschlichkeit".

Die Aufgabe der Kirche sei ein Zeugnis für Jesus Christus zu geben und ein Zeichen der Menschenwürde zu setzen, erklärt auch Püttmann. Die Rolle der Kirchen nach diesem Wahlerfolg fasst Dieter Skala mit Worten von Kardinal Marx zusammen. "Die Parteien selbst bestimmen - durch ihr Handeln und Reden - ihre Nähe zur Kirche". Er erklärt, "wir verweigern kein Gespräch, das mit uns gesucht wird."


Bischof Gerhard Feige in einer Soutane / © Harald Oppitz (KNA)
Bischof Gerhard Feige in einer Soutane / © Harald Oppitz ( KNA )

Dr. Andreas Püttmann / © privat
Dr. Andreas Püttmann / © privat
Quelle:
DR , KNA , epd