Ordensleute vor den Flüchtlingsgesprächen mit Seehofer

Wertschätzung statt subtile Ausgrenzung

In einem offenen Brief hatten katholische Ordens-Vertreter Horst Seehofers Rhetorik zur Flüchtlingspolitik scharf kritisiert. Jetzt lädt der CSU-Chef zum Gespräch ein. Jesuiten-Pater Stefan Kiechle spricht im Interview über seine Erwartungen an die Politik.

Jesuitenpater Stefan Kiechle / © Katharina Ebel (KNA)
Jesuitenpater Stefan Kiechle / © Katharina Ebel ( KNA )

domradio.de: Nun ist es ja nicht so, dass Horst Seehofer Flüchtlinge öffentlich verunglimpft. Trotzdem kritisieren Sie seine Rhetorik, seine Art, wie er über die Flüchtlinge redet. Inwiefern?

P. Stefan Kiechle (Jesuiten-Provinzial): Das ist keine offene Verunglimpfung, aber es ist eine subtile Ausgrenzung, die irgendwo die Flüchtlinge als etwas Bedrohliches, Fremdes oder etwas Ungutes darstellt. Oft passiert das ganz subtil. Dadurch werden sie eben doch abgewertet. Wir sollten in erster Linie wertschätzend über diese Menschen reden. Sie sind in Not, sie kommen zu uns und sie haben uns viel zu bringen und bereichern uns auch.

domradio.de: Seehofer wird Sie und die anderen führenden Ordensvertreter also heute Mittag empfangen. Wie wird das ablaufen? Was denken Sie, wird das Gespräch ein Frage-Antwort-Spiel oder ein kleiner CSU-Parteitag?

P. Kiechle: Ein Parteitag sicher nicht. Es ist ein kleines Gespräch im vertraulichen Kreis. Herr Seehofer hat uns eingeladen. Deswegen werden wir erst einmal ihm zuhören, was er möchte. Er wird uns Fragen stellen. Ich nehme an, wir können aus unseren Erfahrungen einiges erst mal erzählen, sodass er hört, wie zum Beispiel die Zustände in den Unterbringungen sind. Auch wo wir Probleme sind und wo wir Fragen haben. Viele Ordensgemeinschaften tun sehr viel für Flüchtlinge.

domradio.de: Horst Seehofer sieht aufgrund der vielen Flüchtlinge den sozialen Frieden in Deutschland in Gefahr. Können Sie ihm da etwas entgegenhalten?

P. Kiechle: Die Bayern tun unglaublich viel für die Flüchtlinge. Sie werden sehr gut aufgenommen. Es ist mehr die Politik, die Probleme sieht - mehr als vielleicht überhaupt da sind. Der soziale Friede, ja, ich sehe eine gewisse Spaltung in der Bevölkerung in der Haltung gegenüber Flüchtlingen. Da sollte auch die Politik etwas tun, damit die Spaltung nicht vertieft wird, sondern damit die Flüchtlinge bei uns integriert werden. Das sollte auch passieren, damit die Menschen sich bei uns gemeinsam anstrengen und Flüchtlinge in einer guten Weise aufnehmen, so dass es für alle bereichernd ist.

domradio.de: Seehofer hat schon im Bayerischen Fernsehen sinngemäß gesagt, dass sich bestimmt alles mit Ihnen klären lässt. Gehen Sie davon aus, dass er Sie ernstnimmt?

P. Kiechle: Wenn er uns schon eingeladen hat, nimmt er uns sicher ernst. Dafür führen wir das Gespräch. Davon gehe ich aus. Was ich mir erhoffe, ist, dass man gegenseitig ein bisschen besser verstehen, warum jemand so oder so reagiert. Mir ist wichtig, dass man da Erkenntnisgewinne hat. Große Ergebnisse oder politische Resultate wird es sicher nicht geben. Dafür ist das Gespräch auch gar nicht da.

Das Interview führte Tobias Fricke.


Pater Stefan Kiechle (KNA)
Pater Stefan Kiechle / ( KNA )
Quelle:
DR

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