Bundesanwalt: Angeklagte wollten militant gegen Ungläubige vorgehen

Salafisten wegen versuchten Mordes vor Gericht

Bonn und Leverkusen sollten Tatorte islamistischen Terrors werden, sagt die Bundesanwaltschaft und will vier Männer verurteilt sehen. Die Verteidiger halten die Anklage für dürftig: Die Bonner Bombe sei nur Attrappe gewesen.

Prozess gegen Bonner Terrorzelle  (dpa)
Prozess gegen Bonner Terrorzelle / ( dpa )

Vier Salafisten müssen sich seit Montag vor dem Staatsschutzsenat des Düsseldorfer Oberlandesgerichts verantworten. Ihnen wird die Gründung einer terroristischen Vereinigung, Verabredung zum Mord, versuchter Mord des Vorsitzenden der rechtsextremen Partei "Pro NRW", Verstöße gegen das Waffengesetz und einem von ihnen zusätzlich der fehlgeschlagene Kofferbomben-Anschlag auf dem Bonner Hauptbahnhof zur Last gelegt. In seiner Anklage sprach Bundesanwalt Horst Salzmann davon, dass die vier Männer "militant gegen die Ungläubigen in Deutschland" vorgehen wollten.

Das Quartett habe sich darauf eingeschworen, den Islam zu verteidigen und habe "gewaltsame Vergeltung" für islamkritische Karikaturen der rechtsextremen Partei "Pro NRW" im Landtagswahlkampf 2012 üben wollen, sagte Salzmann. Der Bundesanwalt war erst nach knapp dreistündiger Verzögerung des Prozesses und durch Befangenheitsanträge gegen den Senat durch die Riege der Anwälte zur Verlesung der Anklageschrift gekommen.

Alle vier Angeklagten schwiegen zum Auftakt des Prozesses im streng gesicherten Oberlandesgericht in Düsseldorf und äußerten sich auch nicht zu ihren Personalien. Der Prozess ist auf 54 Verhandlungstage anberaumt. (AZ: OLG Düsseldorf, III - 5 StS 1/14).

Ziel der fundamentalistisch eingestellten Angeklagten war es laut Bundesanwaltschaft, eine größere Zahl von rechtsextremen Funktionären in NRW zu töten. Dazu hätten sie sich zwei Schusswaffen und Munition besorgt und Schalldämpfer gebaut. Am Tag des geplanten und vorbereiteten Attentats am 13. März 2013 auf den Parteivorsitzenden von "Pro NRW", Markus Beisicht, in Leverkusen konnte die Polizei das Quartett wenige hundert Meter vom Wohnhaus des Politikers überwältigen und den Anschlag verhindern.

Einer der vier Männer, Marco. G. (27), muss sich zudem wegen des missglückten Bombenanschlags am Bonner Hauptbahnhof am 10. Dezember 2012 verantworten. Der aus Oldenburg stammende Konvertit hatte laut Salzmann geplant, "heimtückisch und aus niederen Beweggründen" eine unbestimmte Anzahl von Menschen auf dem Bahnsteig des Bahnhofs zu töten und schwer zu verletzen.

Dafür hatte G. in seiner Wohnung ein mit 115 Gramm Explosiv-Sprengstoff gefülltes Metallrohr, vier Gaskartuschen, drei Batterien und einen Wecker zu einer Bombe zusammengebaut und diese in einer blauen Sporttasche am Gleis 1 abgestellt. "Die Bombe sollte spätestens um 13.30 Uhr explodieren", führte Bundesanwalt Salzmann aus. Nur einem Konstruktionsfehler sei es zu verdanken gewesen, dass es in der Vorweihnachtszeit 2012 am Bonner Hauptbahnhof nicht zu einem Blutbad mit einer unbestimmten Anzahl von Opfern gekommen sei.

Erst durch die Festnahme kurz vor dem geplanten Attentat auf den Politiker der rechtsextremen Partei fanden die Ermittler den Bonner Bombenbauer, der sich "als geistiger Urheber" mit den übrigen drei Angeklagten Enea B. (44), Koray D. (25) und Tayfun S. (24) zu einer inländischen terroristischen Vereinigung zusammengeschlossen hatte.

Eingeschworen hatte sich das Quartett laut Bundesanwaltschaft auf das Ziel "Tod der Pro NRW".

Über ein ganzes Jahr hinweg habe sich die Gruppe konspirativ auf die Taten vorbereitet, eine Namensliste von 28 Personen angelegt und neun davon als potenzielle Opfer ausgewählt. Dabei ging die Gruppe laut Salzmann "arbeitsteilig" vor. Einige spähten mögliche Opfer aus, andere legten mögliche Fluchtwege fest und besorgten gestohlene Autokennzeichen für die Flucht.

Der älteste der vier Angeklagten, Enea B., sollte am 13. März vergangenen Jahres in Leverkusen die tödlichen Schüsse auf den Landesvorsitzenden der rechtsextremen Partei abfeuern. Laut Bundesanwalt lernte der 44-Jährige den Umgang mit Schusswaffen als Mitglied einer Elite-Einheit der albanischen Polizei.

Marco G. muss bei einer Verurteilung mit einer lebenslangen Haftstrafe rechnen. Den übrigen drei Angeklagten drohen jeweils bis zu 15 Jahre Gefängnis. Der Prozess ist bis zum 21. April kommenden Jahres terminiert.


Quelle:
epd , dpa