Das Bonifatiuswerk in Riga, der Kulturhauptstadt Europas

Baltische Diaspora

Riga ist in diesem Jahr Kulturhauptstadt Europas. Die katholische Diaspora in Lettland befindet sich im Aufwind. Das Bonifatiuswerk unterstützt die Kirche im Nordosten Europas.

Kirche in Riga (Bonifatiuswerk)

"Wenn der Berg nicht zum Propheten kommt, muss der Prophet zum Berg", sagt Edvards Zakus und deutet auf eine Kirche. Inmitten einer Rigaer Wohnsiedlung, neben einem McDonalds-Schnellrestaurant steht die Dreifaltigkeitskirche. "Wie in alten Zeiten. Da standen die Kirchen mitten in der Stadt neben einem Basar und einer Taverne", sagt Edvards Zakus, Pfarrer der Gemeinde und schmunzelt.

Die Dreifaltigkeitskirche und was darin passiert, verkörpert jedoch alles andere als alte Zeiten: In dem modernistischen Bau seien sonntags fast alle Plätze besetzt, sagt der Geistliche nicht ohne Stolz. An allen fünf Sonntagsmessen.

Die katholische Diaspora in Lettland befindet sich seit dem Ende der Sowjetunion im Aufbruch: Neue Gemeinden entstehen, alte blühen auf. Allein im Erzbistum Riga wurden in den ersten 20 Jahren nach Wiedererlangung der Unabhängigkeit 1991 rund 20 Kirchen neugebaut. Die meisten mit der Unterstützung des Bonifatiuswerks. Zwar wurde Lettland schon im 12. Jahrhundert christianisiert, doch die Reformation und die fast 50 Jahre dauernde Sowjetzeit drängte die Katholiken stark zurück.

"Der Hunger nach Geistlichem ist nicht gestillt"

Heute ist nicht einmal jeder Vierte Lette katholisch, im Erzbistum ist es etwa jeder Sechste. "Der Hunger nach Geistlichem ist in Lettland nicht gestillt", sagt Erzbischof Zbignievs Stankievics dennoch optimistisch. Gerade die katholische Kirche sei eine junge, aktive und sogar wachsende Gemeinschaft, sagt der Erzbischof.

Immer wieder aber kommt es im Nordosten Europas zu Konvertierungen. Wie bei Sanita Saksa: Ihre Eltern wurden nach der Erlangung der Unabhängigkeit und der damit einhergehenden Religionsfreiheit katholisch. Sie ließen damals die vierjährige Sanita taufen. Heute ist die 29-jährige verheiratet. Eine Seltenheit in Lettland. Statistisch kommen auf 1.000 Einwohner gerade 4,2 Eheschließungen jährlich – und damit weniger als der EU-Schnitt.

Das erste kontemplative Kloster in Lettland

Vor ihrer Hochzeit besuchte Sanita mit ihrem Mann einen Ehevorbereitungskurs. "Da wurde uns erklärt, dass die Ehe für das ganze Leben sei. Mir war das klar,  aber  meinem Mann  nicht",  erinnert sich die zweifache Mutter. Wie selbstverständlich geht das Paar heute gemeinsam mit Sohn und Tochter sonntags zum Gottesdienst.

Nicht nur am Sonntag, sondern täglich ist Schwester Benedikta in der Kirche zu finden. Die 36-jährige ist Ordensfrau im Karmel "Maria Mutter des Erlösers" in Ikskile, vor den Toren Rigas. Es ist das erste kontemplative Kloster in Lettland. "Unser Auftrag ist das Gebet", sagt  Schwester Benedikta. "Ora et Labora. Arbeiten und Beten. Aber zuerst kommt das Ora", sagt sie und schmunzelt.

Sozialer Touch der Kirche

Ein karitatives Apostolat haben dagegen die Dominikanerinnen von Bethanien. In einem Wohngebiet haben sie unauffällig eine ehemalige Villa zu einem Kloster samt kleiner Kirche umgebaut. An drei Tagen in der Woche öffnen die Dominikanerinnen die Tür zu der Kleiderkammer. Immer wieder beobachtet Schwester Diana dann eine Menschenschlange. "Wenn man das sieht, erkennt man erst, wie wichtig unsere Arbeit ist", sagt die Dominikanerin.

Menschen, wie der Pensionär Fred, holen Kleidung, Bettwäsche und Schuhe. "Wir sind auf die Kammer angewiesen. Sonst müssten wir schauen, ob wir uns was zu essen leisten können", sagt der 67-Jährige. Er ist froh, das kirchliche Hilfsprojekt in seiner Nähe zu haben. Wenn der Berg nicht zum Propheten kommt, muss der Prophet zum Berg. Oder eben die Kirche zu den Menschen.

Markus Nowak


Riga - Europäische Kulturhauptstadt 2014 (dpa)
Riga - Europäische Kulturhauptstadt 2014 / ( dpa )
Quelle: