Zum Friedensgebet der drei großen Religionen in Berlin

"Wir stehen gemeinsam auf der Seite aller Opfer"

Gewalt in Nahost und Antisemitismus in Deutschland: In Berlin haben Vertreter der drei monotheistischen Religionen für Frieden gebetet. Als Christ war Pfarrer Eric Haußmann von der evangelischen Kirchengemeinde St.Petri-St.Marien mit dabei. Ein domradio.de-Interview.

Friedensgebet auf dem Petriplatz (dpa)
Friedensgebet auf dem Petriplatz / ( dpa )

domradio.de: Christen, Juden und Muslime beten für den Frieden - mitten in Berlin. Wie haben die Menschen auf diese Aktion regiert?

Haußmann: Die Menschen, die zu unserem Friedensgebet gekommen sind, haben durchweg positiv reagiert, waren fast erleichtert, dass es auch ein Zeichen von Seiten der verschiedenen Religionen hier in der Stadt gab - allen voran der drei großen, monotheistischen Religionen. Es ging darum, zu zeigen, dass miteinander für Frieden gebetet werden kann, dass angesichts der Konflikte, die gerade im Nahen Osten schwelen und der Demonstrationen hier in Berlin, drei Religionen gemeinsam ein Zeichen dagegen setzen können, ohne sich auseinander dividieren zu lassen .

domradio.de: Ein Rabbiner, ein Iman und Sie als Pfarrer - wie ist es denn zu der Aktion gekommen? Wer hat den Impuls dafür gegeben?

Haußmann: Der Impuls selber kam aus einer Initiative heraus, die sich "House of One" in Berlin nennt, deshalb auch der Ort, der Petriplatz. Dort soll einmal ein Haus entstehen mit einer Kirche, einer Synagoge und einer Moschee und einem großen Raum, der alle drei verbindet. Diese Initiative hat die Ereignisse der letzten Woche zum Anlass genommen, einzuladen zu einem Friedensgebet, die beteiligten Religionen einzuladen, aber auch darüber hinaus die Mitglieder des Forums der Religionen in Berlin, wo auch andere Religionsgemeinschaften - die Bahai und Hindus und andere - mit vertreten sind, um gemeinsam ein Zeichen zusetzen gegen die schwelenden Konflikte. Die drohen ja auch in der Stadt aufzubrechen in Form von antisemitischen Äußerungen, was Religionen und Menschen trennt.

domradio.de: Sie leben als Seelsorger in Berlin. Hätten Sie solche antisemitischen Äußerungen bei einer Demonstration in einer eigentlich weltoffenen Stadt erwartet?

Haußmann: Mich persönlich hat es ein wenig bestürzt, aber angesichts der Lage mit so vielen Opfern nimmt natürlich auch hier das Potenzial zu, sich auf eine Seite zu stellen und für eine Sache zu demonstrieren. So kommt es dann zu solchen Äußerungen. Aber wir wollen uns dem entgegenstellen und sagen, wir stehen gemeinsam für Frieden und nicht für eine Seite. Wir stehen gemeinsam auf der Seite aller Opfer. Das ist in gewisser Weise so, wenn sich so ein Konflikt zuspitzt, wird es dann umso wichtiger, dass wir als Menschen zeigen, dass wir gemeinsam keine Gewalt wollen, sondern für den Frieden stehen, auf der Seite derer, die unter diesem Krieg leiden. Dafür ist das ein wichtiges Zeichen, auch gegen das, was sonst in Berlin gehört wurde.

domradio.de: Im Gazakrieg stehen sich ja vor allem Juden und Muslime gegenüber. Was kann man denn tun, damit die jeweiligen Religionen nicht als Begründung für den Krieg herhalten müssen?

Haußmann: Ich halte das grundsätzlich nicht für einen Religionskrieg zwischen zwei Religionen, sondern es ist ein politischer Konflikt, der sich natürlich über die Jahrzehnte jetzt zugespitzt hat und immer wieder in Gewalt eskaliert. Mir ist wichtig zu betonen - und das war auch für unser Gebet ein Grund - dass die Religionen jede für sich, aber auch gemeinsam, in ihrer Mitte für Frieden stehen. Wir wollen das auch zum Ausdruck zu bringen, dass selbst in so einer politischen Situation wie im Nahen Osten, Religionen friedensstiftend wirken können. Dafür haben wir uns zusammengestellt und gebetet.

domradio.de: Und etwa 150 Menschen sind gekommen, haben sich an dem Friedensgebet beteiligt. Wollen Sie eigentlich eine solche Aktion noch einmal wiederholen? Wie geht es weiter?

Haußmann: Ja, wir beten regulär als Gemeinschaft verschiedener Religionen für den Frieden. Das nächste große Gebet, das wir geplant haben, ist auf jeden Fall am 11. September. Aber wir werden sicherlich auch im nächsten Monat weitere Friedensgebete abhalten. Ein genaues Datum steht noch nicht fest, da alle Beteiligten sich wieder koordinieren müssen.

Das Gespräch führte Mathias Peter.


Quelle:
DR

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