Vor 100 Jahren starb der Komponist Gustav Mahler

"Mahler erschien mir als Genie und Dämon"

Gustav Mahler war nicht nur einer der bedeutendsten Komponisten der Spätromantik, sondern auch einer der berühmtesten Dirigenten seiner Zeit. Im domradio.de-Interview würdigt der Kölner Generalmusikdirektor Markus Stenz das Musikgenie zum 100. Todestag.

Autor/in:
Robert Mitscha-Eibl, kathpress
 (DR)

Mahler wurde als Spross einer jüdischen Familie am 7. Juli 1860 in Kalischt geboren und wuchs im nahe gelegenen Iglau (heute Jihlava) auf. Schon während seiner Schulzeit wird sein musikalisches Talent erkannt und gefördert. Nach der Ausbildung in Wien, unter anderem als Schüler Anton Bruckners, beginnt er eine Dirigentenlaufbahn, die ihn über die Stationen Bad Hall, Laibach, Olmütz, Kassel, Prag, Leipzig, Budapest und Hamburg auf den prestigeträchtigen Posten des Kapellmeisters und kurz darauf Direktors der Wiener Hofoper führte.



Mahler festigte Wiens Ruf der Welthauptstadt der Musik

Als ihr künstlerischer Leiter begann Mahler mit unermüdlicher Energie, die Hofoper szenisch und musikalisch zu erneuern. Er verjüngte das Ensemble und trieb seine Sänger unerbittlich zu musikalischen und darstellerischen Leistungen, die seiner Vision des Gesamtkunstwerks Oper nahe kamen. Mit seinem Ensemble erwarb er sich europaweiten Ruhm und festigte Wiens Ruf als Welthauptstadt der Musik.



Gegenstand von Spekulationen war immer wieder Mahlers Konversion vom Judentum zum Katholizismus, die seiner Berufung nach Wien unmittelbar vorausging. Schon in seiner Jugendzeit hatte er mit dem Christentum sympathisiert, und seine Konversion war vermutlich nicht nur ein Zugeständnis an sein Dirigentenamt in der katholisch dominierten Habsburger-Metropole. Jedenfalls wurde Mahler 1897 in der Hamburger St.-Ansgar-Kirche getauft.



Schon früh mit antisemitischen Kampagnen konfrontiert

Schon als 25-Jähriger war er als Kapellmeister in Kassel mit antisemitischen Kampagnen konfrontiert. Dort hieß es in einer Lokalzeitung, "der Jude Mahler" spiele nunmehr die erste Geige -statt besser geeigneter "deutscher" Kandidaten. Er selbst empfand seine jüdische Herkunft als Belastung. Er versteckte sie zwar nie, aber sie habe ihm, wie er einmal bekannte, auch "keine Freude gemacht". Auch seine Konversion ebnete nicht alle Wege: Mit Siegfried und Cosima Wagner seit 1883 bekannt, wurde der weltberühmte Dirigent und Interpret vieler Wagner-Opern doch niemals nach Bayreuth eingeladen. Für die deutschtümelnde Witwe und Verwalterin der Wagnerschen Erbes in Bayreuth, Cosima, blieb Jude nun einmal Jude.



Mahlers religiöse Überzeugungen lassen sich kaum auf eine schlichte Formel bringen. Seine Weltanschauung war von naturreligiösen und philosophischen Theorien geprägt. In seinem Schaffen wird jedenfalls immer wieder ein großes Interesse an religiösen Themen deutlich, etwa in der in Hamburg entstandenen "Auferstehungs-Symphonie".



Von Kaiser Franz Joseph I. zum "artistischen Direktor" des damals größten Theaters, der Wiener Hofoper, ernannt, erfüllen sich zunächst Mahlers nicht nur künstlerische Sehnsüchte nach der Realisierung eines Gesamtkunstwerkes Oper, sondern auch seine privaten. 1902 heiratet er in der Karlskirche die beträchtlich jüngere Alma Schindler, die spätere Alma Mahler-Werfel. Obwohl sie selbst Künstlerin ist und im Umfeld von Gustav Klimt aufgewachsen war, besteht Mahler darauf, dass Alma sich ihren Aufgaben als Ehefrau und Mutter der beiden Töchter Maria Anna und Anna Justine widmet.



1908 wird Mahler Dirigent an der New Yorker "Met"

1907 gibt Mahler seine Stellungen in Wien resigniert auf. Er sieht sich Intrigen und einer Pressekampagne mit zum Teil antisemitischem Hintergrund ausgesetzt. Im gleichen Jahr stirbt seine älteste Tochter; bei ihm selbst wird ein Herzfehler diagnostiziert. 1908 wird Mahler Dirigent an der New Yorker "Met", doch kehrt er 1911 - an einer Infektion schwer erkrankt - nach Wien zurück. Hier stirbt er am 18. Mai an einer Blutvergiftung.



Die Nationalsozialisten zählten Mahlers Werke zur "entarteten" Kunst und verboten jegliche Aufführungen. Erst mehr als 50 Jahre nach seinem Tod setzte eine nachhaltige Mahler-Renaissance ein.