Evangelische Kirche muss sich nach Käßmann-Rücktritt neu sortieren

Drei Männer für den Ratsvorsitz

Nach dem Rücktritt von Margot Käßmann vom Ratsvorsitz berät die Führung der Evangelischen Kirche in Deutschland im bayerischen Tutzing über das weitere Vorgehen. Geleitet werden die Beratungen vom amtierenden Ratsvorsitzenden, dem rheinischen Präses Nikolaus Schneider. Als wenig wahrscheinlich gilt, dass es bei dem turnusmäßigen Treffen bereits zu personellen Weichenstellungen kommen wird.

Autor/in:
Norbert Zonker
 (DR)

Abend und am Samstag werde das 13 Mitglieder zählende Leitungsgremium das weitere Vorgehen besprechen, sagte der bayerische Landesbischof Johannes Friedrich am Rande der Beratungen dem epd. Deshalb sei zum jetzigen Zeitpunkt eine Debatte über mögliche Nachfolgekandidaten reine Spekulation.

Dennoch: Der Rücktritt Margot Käßmanns vom Ratsvorsitz traf die Evangelische Kirche in Deutschland unvorbereitet. Entscheidend ist, mit welchem Spitzenrepräsentanten der Rat die verbleibende Strecke seiner sechsjährigen Amtszeit gestalten will. Und klar ist nur, dass eine weitere Frau nicht zur Verfügung steht.

Das Prozedere steht jedenfalls fest: Vom 7. bis 10. November 2010 findet in Hannover die nächste Tagung der EKD-Synode, des "Kirchenparlaments", statt. Dann sollte ohnehin ein 15. Ratsmitglied gewählt werden, nachdem im vergangenen Oktober in Ulm ein Posten nicht besetzt werden konnte. Nun ist außerdem ein Nachfolger für Käßmann zu bestimmen. Anschließend wird der neue Ratsvorsitzende sowohl von der Synode als auch von der Kirchenkonferenz - der Vertretung der 22 lutherischen, reformierten und unierten Landeskirchen - gewählt. Bis dahin leitet der stellvertretende Ratsvorsitzende, der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Nikolaus Schneider, kommissarisch den Rat.

Dem 62-jährigen Schneider, der die zweitgrößte evangelische Landeskirche seit 2003 leitet, wird durchaus zugetraut, die EKD in ruhigere Fahrwasser zu steuern. Der Sohn eines Stahlarbeiters gilt als bodenständig, sozial engagiert und als profilierter Theologe. Immer wieder hat er sich zu gesellschaftspolitischen und theologischen Streitfragen geäußert, so etwa zum Thema einer christlichen Judenmission. Bei der vergangenen Ratswahl in Ulm erzielte er das zweitbeste Stimmenergebnis nach Käßmann. Eine Vorentscheidung in der Frage des Ratsvorsitzes ist das alles aber nicht, zumal er im Fall einer Wahl - wie schon Bischof Wolfgang Huber und dessen Vorgänger, Präses Manfred Kock - dann über die übliche Altersgrenze von 65 Jahren hinaus amtieren würde.

Fischer oder Friedrich
Der Kreis der Konkurrenten ist allerdings klein: Nachdem die Landesbischöfe Martin Hein (Kassel), Frank Otfried July (Stuttgart) und Gerhard Ulrich (Kiel) in Ulm nicht in den Rat gewählt wurden, verblieben als Ratsmitglieder in kirchenleitender Position die Landesbischöfe Friedrich Bohl (Dresden), Ulrich Fischer (Karlsruhe) und Johannes Friedrich (München) sowie der reformierte Kirchenpräsident Jann Schmidt (Leer).

Bohl und Friedrich leiten - wie Käßmann - eine lutherische Kirche, Fischer - wie Schneider - eine unierte, was beim Austarieren der verschiedenen protestantischen Flügel durchaus eine Rolle spielt. Friedrich ist bereits Leitender Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD), einem der konfessionellen Zusammenschlüsse innerhalb der EKD, Fischer ist Präsidiumsvorsitzender der Union Evangelischer Kirchen in der EKD (UEK).

Wenn Schneider im November nicht antritt, hätten wohl Fischer oder Friedrich die besten Chancen auf den Ratsvorsitz. Da beide 61 Jahre alt sind, wären sie aber wie auch Schneider nur bis zum Ende der jetzigen Amtsperiode wählbar und stünden somit alle für eine Übergangsfrist. Die jüngere Generation weist außer Käßmann noch keine vergleichbare Führungspersönlichkeit auf.