Uraufführung des "Kölner Domspiels"

Eine Liebeserklärung

Wegen ihrer Größe und Platzierung sind sie fast zur Unauffälligkeit verdammt: Die Wasserspeier am Kölner Dom, die mit bestialischem Antlitz Dämonen abwehren sollten und mit Hilfe einer eingebauten Rinne das Regenwasser von der sensiblen Domfassade wegleiten. Ganz anders an diesem Mittwochabend. Da standen sie für 90 Minuten im Zentrum eines aufwendigen Schauspiels. Die spektakuläre Kulisse zu diesem "Kölner Domspiel" bildet das Südportal der Kathedrale.

Autor/in:
Cornelia van Schewick
 (DR)

«Ich schreibe Ihnen etwas Neues», hatte Autor Michael Batz vor Jahren dem Kölner Oberbürgermeister Fritz Schramma versprochen.
Dieser hatte in Hamburg den «Jedermann» gesehen und wünschte sich daraufhin so etwas auch für Köln. Doch Batz wollte etwas Einzigartiges, «etwas Unverwechselbares, das nur in Köln so wirklich seinen Ort findet». Das Vorhaben, etwas Originelles zu schaffen, ist dem Hamburger Theatermacher und Illuminationskünstler geglückt. Mit ausgefeilter Lichtgestaltung, Musik aller Genres, Tanz und Schauspiel inszeniert er eine einzige Liebeserklärung an Köln und seinen Dom. Regie führte der Darsteller des «Hamburger Jedermann», Robin Brosch. Der Komponist Markus Voigt schrieb die Musik.

In der Geschichte erweckt ein Steinmetz kurzerhand sechs Wasserspeier zum Leben. Diese sollen ihm Inspiration für einen neuen Wasserspeier liefern, der zeitgemäß und dennoch passend sein soll. Hierzu müssen die repräsentativen Charaktere aus sechs Jahrhunderten kölnischer Geschichte Menschen finden, die sie so lieben, dass sie an ihrer Stelle zu Stein werden würden. Kurz bevor die Zeit hierfür abläuft, stellen die Figuren enttäuscht fest: «Jeder hier will das absolute Leben. Aber niemand will das Absolute geben.» Doch da kommt der Lehrling des Steinmetz freudig lachend auf die Bühne. Das inspiriert eine Stimme aus dem Off. Sie schlägt vor, dass der neue Wasserspeier von innen her lachen soll. Denn: «Das Lachen lässt den Himmel ahnen.»

In dem Schauspiel finden historische Ereignisse um den Kölner Dom ihren Niederschlag: Der Anfang des Doms, mit dessen Bau «einer allein niemals begonnen hätte», napoleonische Kanonenkugeln, die über das unvollendete Gotteshaus jagen, oder die Anheftung des Beuys'schen Spiegels an das Südportal... Dabei lebt das Theatermärchen von seinem kölschen Charakter, obgleich durchweg Hochdeutsch gesprochen wird. Die neu belebten Dämonen, darunter ein Schneider aus dem Biedermeier, ein Ratsherr aus der Gaffel-Zeit und eine Marktfrau aus dem 20. Jahrhundert, führen mit den Chimären eine Art Gardetanz auf. Die Karnevalisten im Publikum fühlen sich zu Hause.

Wenig später schwärmt ein französischer Grenadier vom traumhaften Kölner Leben und formuliert mit dem Satz «Was uns liebt, das lieben wir!» urkölsche Mentalität. Dazu passen die Bekenntnisse zu Blutwurst, Freiheit und Lust, zweckgebundener Ehrlichkeit und zielorientierter Gerechtigkeit. Im Zusammenhang mit dem Beuys'schen Spiegel findet die Lebensweisheit «Kenne mer nit, bruche mer nit, fott domet!» Anwendung. Mit der Losung «Das Lachen lässt den Himmel ahnen» geht dem Kölner noch einmal das Herz auf.

Das von der Stiftung «Lebendige Stadt» organisierte «Kölner Domspiel» ist ein Stück, das nach dem Verhältnis von Stadt und Zeit, Handeln und Entscheiden, Wert und Liebe fragt. Es schlägt eine Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart Kölns. Eindrucksvoll wird dabei der Dom durch Beleuchtungstechnik zur lebendigen Kulisse. Hier wird eine Hommage auf das Wahrzeichen inszeniert, frei nach dem Motto «Du bess die Stadt, op die mer all he stonn».