Das Wort der Kirche hat in Honduras' Staatskrise Gewicht - und alle warten darauf

Kardinal in der Zwickmühle

Im Ausland sind die Proteste laut und deutlich. So hat die Organisation Amerikanischer Staaten hat der Putschregierung in Honduras ein Ultimatum gesetzt. Im Land selber warten alle auf ein Wort - der Kirche. Doch die in schweigt weiterhin.

Autor/in:
Tobias Käufer
 (DR)

Seit Sonntag ist das mittelamerikanische Land noch tiefer gespalten, als es ohnehin schon war. Je nach politischer Lesart handelt es sich bei den Vorgängen vom Wochenende um einen Regierungswechsel auf Basis der gültigen Verfassung - oder eben um einen illegalen Militärputsch. Während sich die internationale Staatengemeinschaft klar hinter den gewählten Präsidenten Manuel Zelaya stellt, hat sich der international hoch angesehene Erzbischof von Tegucigalpa, Kardinal Oscar Andres Rodriguez Maradiaga, bislang nicht zu einer Stellungnahme entschließen können.

Für den Ausgang der Staatskrise könnte die Positionierung des Kardinals von entscheidender Bedeutung sein. Der Analyst Olban Valladares, selbst früher in der Politik aktiv, sagte der Tageszeitung "La Tribuna": "Rodriguez genießt vor allem in Europa höchste Wertschätzung. Seine Meinung hat internationales Gewicht." Doch der Kardinal steckt in einem Dilemma: Im Gegensatz zur internationalen Wahrnehmung steht in Honduras ein nicht unerheblicher Teil der Bevölkerung hinter dem Staatsstreich. Zelaya wird vorgeworfen, er habe die verfassungsgebenden Organe bei der Durchsetzung eines von ihm initiierten Referendums missachtet. Die Volksabstimmung soll helfen, Zelayas Amtszeit zu verlängern.

Auch die Kirche hatte sich bereits im Vorfeld gegen das Referendum ausgesprochen. Zudem hat sich der neu vereidigte Präsident Roberto Micheletti in seiner Antrittsrede nun ausdrücklich bei der katholischen Kirche bedankt. Das weckte Argwohn im Zelaya-Lager. Wenige Stunden, nachdem der Ex-Präsident von einer Spezialeinheit der Armee nach Costa Rica ausgeflogen worden war, hatte der Entmachtete schon die Drahtzieher des Putsches ausgemacht. Die USA und die katholische Kirche steckten dahinter, vermutete der aufgebrachte Zelaya und forderte: "Ich würde jetzt gerne die Stimme von Kardinal Rodriguez hören."

Doch die USA stellten sich überraschend schnell auf die Seite Zelayas. Das alte Feindbild dient offenbar unter dem neuen Präsidenten Barack Obama auch in Lateinamerika nicht mehr. Nun warten in Honduras nicht nur die Katholiken auf eine Stellungnahme des prominenten Kirchenvertreters, während hinter den Kulissen die diplomatischen Drähte glühen. Vielleicht gibt es aus der Zwickmühle des Kardinals nun einen Ausweg: Am Dienstag (Ortszeit) schlug die linke Parlamentarierin Doris Gutierrez vor, Rodriguez solle doch eine Rolle als Vermittler in dem Konflikt übernehmen. Eine Brücke zu bauen - das könnte auch für ihn selbst zur Brücke werden.