Erster Frauenverein im Vatikan gegründet

Weibliches Hilfsnetzwerk beim Papst

20 Prozent der Mitarbeiter von Papst Franziskus sind weiblich und arbeiten im Vatikan. Ein Teil von ihnen hat jetzt die Frauenvereinigung "Donne in Vaticano" (D.VA) gegründet. Gudrun Sailer von Radio Vatikan ist Gründungsmitglied der Vereinigung.

Gudrun Sailer / © privat
Gudrun Sailer / © privat

domradio.de: Ein Frauenverein im Vatikan – das hat es seit Gründung des Vatikanstaates noch nicht gegeben. Das klingt wie eine kleine Revolution in den Palastmauern, oder?

Gudrun Sailer (Radio Vatikan): Nein, es ist kein Umsturz. Es ist auch kein Versuch eines Umsturzes. Es ist einfach ein Zusammenschluss von Frauen, die alle den selben Chef haben – den Papst; die alle katholisch sind und die alle aufeinander neugierig sind. Es ist selbst bei den Vatikan-Frauen nicht bekannt, dass wir gar nicht so wenige sind. Mehr als 750 Frauen arbeiten für den Papst in allen Einheiten im Vatikan.

domradio.de: Der Verein heißt "Donne in Vaticano D.VA" – sprich: Frauen im Vatikan. Was ist das Ziel des Vereins?

Sailer: Wir wollen uns kennenlernen. Wir wollen ein Hilfsnetzwerk untereinander und miteinander gründen. Außerdem wollen wir Fortbildungen anbieten und uns kulturell und karitativ betätigen. Vor einigen Monaten, als unser Verein eigentlich noch gar nicht gegründet war, haben wir zum Beispiel eine kleine Wallfahrt mit dem Durchschreiten der Heiligen Pforte unternommen. Im Petersdom haben wir dann noch eine sehr interessante Führung zu den Frauengrabmählern dort bekommen. Vier Frauen sind nämlich im Petersdom begraben. Auch das Schweißtuch der Veronika haben wir uns aus der Nähe gemeinsam ansehen können. Das ist sonst nur ausgewählten Staatsgästen vorbehalten. Neben diesen kulturellen Sachen wollen wir auch einige solidarische Aktionen durchführen. Das wird sich aber alles noch im Laufe der Zeit entwickeln.

domradio.de: Schon in der "normalen" Arbeitswelt haben es Frauen schwer, sich zu behaupten. Wie sieht das denn im Vatikan aus – also in einer Welt, bei der die Führungsriege komplett von Männern dominiert wird?

Sailer: Das hängt von den einzelnen Büros, von der Mikroumgebung, ab und dort hauptsächlich von den einzelnen Vorgesetzten. Es gibt immer noch einzelne Kurienbehörden, in denen nicht eine einzige Frau arbeitet und auch keine externe Konsultorin sitzt. In anderen hingegen ist es ein gutes und fruchtbares Miteinander. Dabei ist zu betonen, dass der Vatikan gleichen Lohn für gleiche Arbeit zahlt. Das heißt, Frauen und Männer werden im Vatikan exakt gleich entlohnt. So ist also eine uralter Forderung der Frauenbewegung, die zum Beispiel in Deutschland noch lange nicht erfüllt ist, im Vatikan bereits mit großer Selbstverständlichkeit erfüllt.

domradio.de: Wie war denn die Reaktion insgesamt auf die Gründung des Frauenvereins?

Sailer: Ermutigend. Wir haben alle Kurienchefs einzeln von der Gründung unseres Vereins informiert. Wenn Rückmeldungen kamen, waren sie sehr positiv. Auch erfahren wir viel Interesse von außerhalb.

domradio.de: Rund 20 Prozent der Mitarbeiter des Papstes sind weiblich. Da drängt sich die Frage auf, war es nicht schon viel früher notwendig, solch einen Verein zu gründen, beziehungsweise wie schwer war das?

Sailer: Pläne gab es schon länger, aber es brauchte auch viel Durchhaltevermögen. Dieses brachte die Präsidentin des Vereins, Tracy McClure. Sie lud uns immer zu den regelmäßigen Treffen ein. Auch war allerlei Bürokratie zu stemmen, denn im Vatikan ist so etwas wie ein Verein eigentlich gar nicht vorgesehen. Wir sind aber auch nicht der allererste Verein im Vatikan. Sonst hätten wir es wahrscheinlich noch viel schwerer gehabt.

domradio.de: Was genau machen Frauen eigentlich im Vatikan für Jobs?

Sailer: Sie sind Archivarinnen, Büroleiterinnen, qualifizierte Beamtinnen, Restaurateurinnen. Es gibt auch Verkäuferinnen. Überwiegend sind es jedoch Jobs auf der mittleren bis höheren Ebene, die von den Frauen im Vatikan gemacht werden. 40 Prozent der weiblichen Angestellten bei der Kurie sind Akademikerinnen. Was Frauen im Vatikan nicht machen, sollte man auch sagen: sie sind keine Gendarminnen, sie sind keine Schweizer Gardistinnen oder Museumswärterinnen. Auch werden alle höchsten Leitungsebenen von Kardinälen besetzt. Das wird auch so bleiben. Wir erwarten aber Ernennungen von Frauen im Vatikan in Positionen mit Verantwortung. Die hat auch Papst Franziskus in Aussicht gestellt. Wir werden solche Ernennungen mit großem Interesse verfolgen.

Das Interview führte Tommy Millhome.


Quelle:
DR