Generalvikar Theo Paul für Hilfe aus Deutschland

"Der Klimawandel ist Realität"

Die Folgen des Klimawandels für die Menschen der Philippinen sind Thema der Misereor-Fastenaktion, die am Sonntag in Osnabrück eröffnet wurde. Der Verwaltungsratsvorsitzende Theo Paul fordert im Interview mit der KNA konkrete Hilfe aus Deutschland.

Autor/in:
Inga Kilian
Taifun trifft auf die Philippinen (dpa)
Taifun trifft auf die Philippinen / ( dpa )

Unter dem Motto "Neu denken! Veränderung wagen" ruft das katholische Hilfswerk Misereor zu einem Kurswechsel in Sachen Klimaschutz auf. Bei einem Besuch auf den Philippinen - unter anderem in Tacloban, der Stadt, die im November 2013 vom Taifun Haiyan fast völlig zerstört wurde - hat sich der Misereor-Verwaltungsratsvorsitzende und Osnabrücker Generalvikar Theo Paul ein Bild von der Situation gemacht.

KNA: Herr Generalvikar, Misereor fordert ein Umdenken in Sachen Klimawandel - vor diesem Hintergrund haben Sie Ende Januar die Philippinen besucht. Was haben Sie dort erlebt?

Theo Paul (Misereor-Verwaltungsratsvorsitzender und Osnabrücker Generalvikar): Für mich hat sich deutlich gezeigt, dass Klimawandel nicht nur eine theoretische Diskussion oder Spekulation ist, sondern Realität. Schon hier und heute leiden Menschen unter dem Klimawandel. Das hat Auswirkungen auf ihre Ernährung, auf ihre Lebensmöglichkeiten, auf ihre beruflichen und familiären Perspektiven. Wir leben auf einer einzigen Erde, und das, was die Menschen in den Philippinen durchleben müssen, wird für uns genauso Realität werden. Vielleicht noch nicht in unserer Generation, aber in künftigen Generationen. Wir können uns dieser Herausforderung des Klimawandels nur gemeinsam stellen.

KNA: Was bedeutet das für uns in Deutschland?

Theo Paul (Misereor): Eine große Schwierigkeit ist, dass bei uns viele Menschen das Thema Klimawandel für sehr abstrakt halten und die Erfahrungen der Krise und der Beeinträchtigungen für viele noch nicht greifbar sind. Auf den Philippinen dagegen sind die Veränderungen bereits spürbar; hier hat es schon schlimme Ereignisse aufgrund des Klimawandels gegeben. Wir sprechen also über etwas als sehr theoretisch Empfundenes, und andernorts ist das schon eine harte Realität. Wir müssen deutlich machen: Mensch nochmal, wir haben jetzt noch Zeit, Schlimmeres zu verhindern - nutzen wir sie!

KNA: Was fordern Sie konkret?

Theo Paul (Misereor): Wir haben in Deutschland eine ganze Reihe von Vorteilen. Wir stehen längst nicht unter diesem Druck und den konkreten Auswirkungen des Klimawandels. Das bringt uns in die große Verantwortung, mit unseren Möglichkeiten zu helfen und entsprechende Programme auf den Weg zu bringen. Ich denke, dass die Diskussionen um Emissionen endlich zu einem konkreten ökologischen Ziel führen müssen. Was wir einbringen können, ist unsere hohe technologische Kompetenz im Bereich regenerativer Energie. Wir sind bei diesem Thema sehr weit und können der Weltgemeinschaft gute Dienste leisten. Wir sollten meiner Meinung nach auch darüber nachdenken, wie wir uns in unserem Ernährungs- und Freizeitverhalten ökologischer positionieren können.

KNA: Was tun Sie persönlich?

Theo Paul (Misereor): Ich fahre sehr viel Fahrrad, und wenn ich eben kann, nutze ich öffentliche Verkehrsmittel. Was das angeht, haben wir hier in der Bundesrepublik viele Möglichkeiten. Ich versuche, einfach zu leben, und habe, was den Konsum angeht, meine klaren Regeln und Grenzen. Ich kaufe zum Beispiel regionale Produkte von den Bauern aus unserer Region, die eine nachhaltige Landwirtschaftspolitik forcieren.

KNA: Welche Rolle kann die katholische Kirche im Kampf gegen den Klimawandel spielen?

Theo Paul (Misereor): Auf den Philippinen versuchen die unterschiedlichsten Kräfte, gemeinsam einen Weg zu finden, wie sie sich dem Klimawandel stellen können, wie sie Gefahren eingrenzen und abbauen können. Sie werden den Klimawandel nicht mehr verhindern können - aber sie versuchen, rechtzeitig mit den zunehmenden Bedrohungen umzugehen, um ihre Existenz zu sichern. Dabei kann auch die Kirche eine wichtige Rolle spielen. Auf den Philippinen ist der Glaube eine große, lebendige Kraft. Es liegt an den unterschiedlichsten Kräften in der Kirche, diese Chance gemeinsam mit den Menschen zu nutzen. Ich denke, dass wir aus unseren Traditionen heraus konstruktiv etwas dazu beitragen können; zum Beispiel das Verständnis, dass diese Erde nicht nur ein Gebrauchsgegenstand ist. Ich hoffe sehr, dass die für den Sommer angekündigte Ökologie-Enzyklika des Papstes noch mal entsprechenden Input liefern wird.


Quelle:
KNA