"Frau Jesus"-Papyrus ist eine Fälschung

Doch kein Hinweis auf Ehe Jesu

Das sogenannte "Frau Jesus-Papyrus", in dem Jesus "seine Frau" vorstellt, ist nach neuesten Forschungen eine Fälschung. Das will der 37-jährige Neutestamentler und Gastforscher an der Universität Münster, Christian Askeland, nun nachgewiesen haben.

 (DR)

Das sogenannte "Frau Jesus"-Papyrus ist nach neuesten Erkenntnissen gefälscht. Das hat der Koptologe und Gastforscher an der Universität Münster, Christian Askeland, nachgewiesen, wie die Hochschule am Freitag in Münster mitteilte. In dem Fragment heißt es in koptischer Sprache: "Jesus sagte zu ihnen: Meine Frau". Dies hatte Spekulationen angeheizt, Jesus sei verheiratet gewesen.

Das vier mal 7,5 Zentimeter große Bruchstück war 2012 von der US-amerikanischen Religionshistorikerin Karen Leigh King vorgestellt worden. Es soll nach Radiokarbontests aus dem 7. bis 9. Jahrhundert stammen. Der Urtext gehe auf die Zeit zwischen dem 2. und 7. Jahrhundert zurück, erklärte die Wissenschaftlerin von der Harvard-Universität seinerzeit bei der Präsentation in Rom. Sie habe das Fragment von einem privaten Sammler erhalten, der anonym bleiben wolle.

Das antike Papyrusstück sei "eine unglaubliche Fälschung", sagte Askeland. Der 37-Jährige widmet sich in Münster der Textforschung mit Schwerpunkt auf koptische Bibeltexte. Er hat über die koptische Übersetzung des Johannesevangeliums promoviert. Laut Askeland und seinem Münsteraner Fachkollegen Stephen Emmel ist das Fragment vermutlich tatsächlich antik, jedoch erst in den vergangenen zehn Jahren beschrieben worden. "Ich halte die Beweise für absolut sicher", sagte Emmel.

Askeland stellte fest, dass ein zweites Fragment aus Kings Forschungsmaterialien ähnlich wie das "Frau Jesus"-Papyrus aufgebaut ist sowie mit dem gleichen Schreibgerät und derselben Tinte geschrieben wurde. Das Fragment aus einer koptischen Übersetzung des Johannesevangeliums sei offensichtlich eine Fälschung, die buchstabengetreu aus echten Vorlagen des 4. Jahrhunderts kopiert sei. Dann aber müsse notwendigerweise auch das "Frau Jesu"-Fragment falsch sein.

Nach Erkenntnissen der Forscher wurde das Textstück, das einen verheirateten Jesus nahelegen soll, aus Passagen des 2002 im Internet veröffentlichten Thomasevangeliums zusammengestückelt. Das erkläre auch, warum der angebliche Papyrusfund erst vor zwei Jahren aufgetaucht sei, unterstrich Emmel. Kings Messungen seien vermutlich korrekt. Niemand habe bezweifelt, dass der Papyrus selbst echt sei, sagte Emmel. "Echte Papyrusstücke kann man heute auch über ebay bekommen."

Alternative Evangelien

Über die Motive für eine solche Fälschung könne man nur spekulieren, erklärte der Wissenschaftler. Vielleicht habe der Fälscher gehofft, mit den Stücken einen hohen Preis zu erzielen. "Möglich ist auch, dass jemand die These eines verheirateten Jesus auf diese Weise stärken wollte." Auch dass der anonyme Fälscher einfach nur die Fachwelt narren wollte, will der Münsteraner Koptologe nicht ausschließen.

King hatte den Fund als echt eingestuft. Radiocarbontests sollen den Ursprung des Papyrus auf eine Zeit zwischen 659 und 859 datiert haben. Die Vorlage des Textes ist lautet der Historikerin älter, er stamme wohl aus dem zweiten bis vierten Jahrhundert. Die Herkunft des Fundes in EC-Karten-Größe blieb jedoch bisher unklar. Laut King stammt das Papyrus-Stück von einem privaten Sammler, der anonym bleiben wolle.

Seit mehr als 60 Jahren tauchen immer wieder alternative Evangelien auf, wie etwa das "Judasevangelium", das "Thomasevangelium" oder das "Petrusevangelium". Mehrere Schriften stammen aus Schriftenfunden, die 1945 im ägyptischen Nag Hammadi oder wenige Jahre später am Nordwestufer des Toten Meeres bei Qumran geborgen wurden.

Die zunächst sensationell erscheinenden Schriften, nach denen mal Maria Magdalena, mal Judas die Lieblingsjünger Jesu waren, wurden meistens sogenannten gnostischen Bewegungen zugeschrieben, einer im frühen Christentum verbreiteten esoterischen Strömung. Gnosis ist griechisch und steht für "Erkenntnis". Die religiöse Erlösungsbewegung der Spätantike zeichnet sich unter anderem durch die Vermittlung von Geheimwissen aus. Erlösung führt dort über geheimes Wissen, das nur Auserwählten weitergegeben wird.

Mehrere der frühchristlichen Texten, der sogenannten Apokryphen (griechisch für "verborgen"), wurden aus inhaltlichen oder religionspolitischen Gründen nicht in den biblischen Kanon aufgenommen. Der Metropolit Athanasius von Alexandria bestimmte 367 nach Christus aus den bis dahin in den Gemeinden kursierenden zahlreichen Schriften 27 Bücher des heutigen Neuen Testaments zur verbindlichen Glaubenslehre. Die Texte der Gnostiker wurden als Ketzerlehren verfemt und ihre Anhänger verfolgt. Seitdem sorgen die "verborgenen Evangelien" immer wieder für neue Spekulationen. Viele der vermeintlich neuen Erkenntnisse sind jedoch seit Jahren widerlegt.